Doch, laßt uns nach der Ordnung gehn, und nicht nur von der schlimmen Seiten, Das Allernöth- und nützlichste der Welt, die Arbeit, an zu sehn. Sie hat den Grund in Gottes Ordnung. Den Satz wird niemand leicht bestreiten, Wer, wie wir oben angefangen, erwegt, daß eben, was uns noth, Und das wir nicht entbehren können, das Allernöthigste, das Brodt, Sich ohne Müh nicht bauen läßt. Dieß zeigt ein wei- ses Ueberlegen; Dieß zeigt, obgleich in harten Schaalen, den schönsten Kern, den reichsten Segen.
Was würde doch mit allen Menschen, auf diesem unserm Bau der Erden, So wie wir uns darauf befinden, für ein betrübter Zu- stand werden, Wenn keiner etwas wirken müßte, von Arbeit keiner etwas wüßte, Wenn nicht ein jeglicher, aus Noth, zur Arbeit sich bequemen müßte.
Jch will vom allgemeinen Nutzen, der andern aus der Arbeit sprießt, Da immer einer von des andern Bemühung etwas Guts genießt, Wie nöthig es, nicht einmal sprechen. Wir wollen nur allein erwegen, Wie jeder, der jetzt, durch die Arbeit, sein Brodt erwirbt, und Gutes thut, Wenn er beständig müßig ginge, als wie ein Wasser, das stets ruht, Verfault, auch fast verfaulen dürfte: Entweder würd' er sich kaum regen;
Wo
8 Theil. U
in einem Neu-Jahrs-Gedichte.
Doch, laßt uns nach der Ordnung gehn, und nicht nur von der ſchlimmen Seiten, Das Allernoͤth- und nuͤtzlichſte der Welt, die Arbeit, an zu ſehn. Sie hat den Grund in Gottes Ordnung. Den Satz wird niemand leicht beſtreiten, Wer, wie wir oben angefangen, erwegt, daß eben, was uns noth, Und das wir nicht entbehren koͤnnen, das Allernoͤthigſte, das Brodt, Sich ohne Muͤh nicht bauen laͤßt. Dieß zeigt ein wei- ſes Ueberlegen; Dieß zeigt, obgleich in harten Schaalen, den ſchoͤnſten Kern, den reichſten Segen.
Was wuͤrde doch mit allen Menſchen, auf dieſem unſerm Bau der Erden, So wie wir uns darauf befinden, fuͤr ein betruͤbter Zu- ſtand werden, Wenn keiner etwas wirken muͤßte, von Arbeit keiner etwas wuͤßte, Wenn nicht ein jeglicher, aus Noth, zur Arbeit ſich bequemen muͤßte.
Jch will vom allgemeinen Nutzen, der andern aus der Arbeit ſprießt, Da immer einer von des andern Bemuͤhung etwas Guts genießt, Wie noͤthig es, nicht einmal ſprechen. Wir wollen nur allein erwegen, Wie jeder, der jetzt, durch die Arbeit, ſein Brodt erwirbt, und Gutes thut, Wenn er beſtaͤndig muͤßig ginge, als wie ein Waſſer, das ſtets ruht, Verfault, auch faſt verfaulen duͤrfte: Entweder wuͤrd’ er ſich kaum regen;
Wo
8 Theil. U
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in einem Neu-Jahrs-Gedichte.
Doch, laßt uns nach der Ordnung gehn, und nicht
nur von der ſchlimmen Seiten,
Das Allernoͤth- und nuͤtzlichſte der Welt, die Arbeit, an zu ſehn.
Sie hat den Grund in Gottes Ordnung. Den Satz
wird niemand leicht beſtreiten,
Wer, wie wir oben angefangen, erwegt, daß eben, was
uns noth,
Und das wir nicht entbehren koͤnnen, das Allernoͤthigſte,
das Brodt,
Sich ohne Muͤh nicht bauen laͤßt. Dieß zeigt ein wei-
ſes Ueberlegen;
Dieß zeigt, obgleich in harten Schaalen, den ſchoͤnſten
Kern, den reichſten Segen.
Was wuͤrde doch mit allen Menſchen, auf dieſem
unſerm Bau der Erden,
So wie wir uns darauf befinden, fuͤr ein betruͤbter Zu-
ſtand werden,
Wenn keiner etwas wirken muͤßte, von Arbeit keiner
etwas wuͤßte,
Wenn nicht ein jeglicher, aus Noth, zur Arbeit ſich
bequemen muͤßte.
Jch will vom allgemeinen Nutzen, der andern aus
der Arbeit ſprießt,
Da immer einer von des andern Bemuͤhung etwas Guts
genießt,
Wie noͤthig es, nicht einmal ſprechen. Wir wollen nur
allein erwegen,
Wie jeder, der jetzt, durch die Arbeit, ſein Brodt erwirbt,
und Gutes thut,
Wenn er beſtaͤndig muͤßig ginge, als wie ein Waſſer, das
ſtets ruht,
Verfault, auch faſt verfaulen duͤrfte: Entweder wuͤrd’ er
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/319>, abgerufen am 17.07.2024.
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