Erwege dann, auch selbst im Mangel, was er für Wunder an uns thut, Da er allein, uns, alle Stände, den geistlichen nicht ausgenommen, Zum künft- und gegenwärtgen Nutzen, gewähret! was er für ein Gut! Und was wir, durch die Dürftigkeit, für große Güter überkommen!
Erwege ferner, Gott zum Preise, was Er, die Absicht zu erhalten, Für ein geringes Mittel braucht; wie Sein Anbetung- würdigs Walten, Auch hierinn, zu verehren sey: da Er, daß wir, auf dieser Erden, Uns, Jhm zum Ruhm, beschäfftigen, und dadurch erst recht Menschen werden, Ein Wunderwerk uns anerschaffen, ein solches Glied in uns gelegt, Das immer mehr noch zu bewundern, je weniger man es erwegt.
Wir finden all', in unsern Körpern, ein ganz beson- ders Theil gesenket, Das, ob mans gleich kaum glauben wird, fast aller Men- schen Handlung lenket; Das, wenn man es genau erwegt, fast selber den Ver- stand uns schenket; Das gleichsam aller Wissenschaften, und aller Künste, die man kennt, Erfinder, Meister und Besorger; das Triebwerk ist und Jnstrument.*
Dieß
*Artium largitor venter.
T 5
in einem Neu-Jahrs-Gedichte.
Erwege dann, auch ſelbſt im Mangel, was er fuͤr Wunder an uns thut, Da er allein, uns, alle Staͤnde, den geiſtlichen nicht ausgenommen, Zum kuͤnft- und gegenwaͤrtgen Nutzen, gewaͤhret! was er fuͤr ein Gut! Und was wir, durch die Duͤrftigkeit, fuͤr große Guͤter uͤberkommen!
Erwege ferner, Gott zum Preiſe, was Er, die Abſicht zu erhalten, Fuͤr ein geringes Mittel braucht; wie Sein Anbetung- wuͤrdigs Walten, Auch hierinn, zu verehren ſey: da Er, daß wir, auf dieſer Erden, Uns, Jhm zum Ruhm, beſchaͤfftigen, und dadurch erſt recht Menſchen werden, Ein Wunderwerk uns anerſchaffen, ein ſolches Glied in uns gelegt, Das immer mehr noch zu bewundern, je weniger man es erwegt.
Wir finden all’, in unſern Koͤrpern, ein ganz beſon- ders Theil geſenket, Das, ob mans gleich kaum glauben wird, faſt aller Men- ſchen Handlung lenket; Das, wenn man es genau erwegt, faſt ſelber den Ver- ſtand uns ſchenket; Das gleichſam aller Wiſſenſchaften, und aller Kuͤnſte, die man kennt, Erfinder, Meiſter und Beſorger; das Triebwerk iſt und Jnſtrument.*
Dieß
*Artium largitor venter.
T 5
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in einem Neu-Jahrs-Gedichte.
Erwege dann, auch ſelbſt im Mangel, was er fuͤr
Wunder an uns thut,
Da er allein, uns, alle Staͤnde, den geiſtlichen nicht
ausgenommen,
Zum kuͤnft- und gegenwaͤrtgen Nutzen, gewaͤhret! was
er fuͤr ein Gut!
Und was wir, durch die Duͤrftigkeit, fuͤr große Guͤter
uͤberkommen!
Erwege ferner, Gott zum Preiſe, was Er, die Abſicht
zu erhalten,
Fuͤr ein geringes Mittel braucht; wie Sein Anbetung-
wuͤrdigs Walten,
Auch hierinn, zu verehren ſey: da Er, daß wir, auf
dieſer Erden,
Uns, Jhm zum Ruhm, beſchaͤfftigen, und dadurch erſt
recht Menſchen werden,
Ein Wunderwerk uns anerſchaffen, ein ſolches Glied in
uns gelegt,
Das immer mehr noch zu bewundern, je weniger man
es erwegt.
Wir finden all’, in unſern Koͤrpern, ein ganz beſon-
ders Theil geſenket,
Das, ob mans gleich kaum glauben wird, faſt aller Men-
ſchen Handlung lenket;
Das, wenn man es genau erwegt, faſt ſelber den Ver-
ſtand uns ſchenket;
Das gleichſam aller Wiſſenſchaften, und aller Kuͤnſte,
die man kennt,
Erfinder, Meiſter und Beſorger; das Triebwerk iſt und
Jnſtrument. *
Dieß
* Artium largitor venter.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/311>, abgerufen am 16.08.2024.
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