Allein, ich hab' ein neu Vergnügen, an dieser Bluh- men Pracht, empfunden, So ich bisher noch nicht beacht. Jch sah u. ich bemerkte sie, Von ungefehr, wie ich erwacht, noch eins, des andern Morgens, früh, Noch ehe sich des Tages Licht, in vollem Schimmer, eingefunden. Man sahe solches, ungewiß, bey noch vorhandner Dämm- rung Gränzen, Zwar ziemlich klar, doch aber noch in einem schwachen Grade, glänzen. Was nun der sanft gebrochne Schein, für eine süße Harmonie, Auf meinem Bluhmen-Topf, erweckte, Und welchen Schmuck er mir entdeckte; Beschreib' ich dir, geliebter Leser, zwar gern, jedoch nicht ohne Müh. Es schien der Rest verschwundner Schatten, Mit dem erst neugebohrnen Licht, und jungen Farben, sich zu gatten. Man konnte fast den sanften Kampf der Schatten und des Lichts bemerken: Die sah man, sich allmählich schwächen; und diese, sich fast sichtlich stärken. Man siehet zierliche Figuren, aus einem leeren Dunklen, steigen, Und, wie aus einem Chaos, sich, sonst nicht gesehne Farben, zeigen.
Die bunten Lieblichkeiten waren zwar nicht so stark, so brennend nicht, Als wie der volle Tag sie zeigt; dennoch war das ge- brochne Licht
So
Der Bluhmen-Topf.
Allein, ich hab’ ein neu Vergnuͤgen, an dieſer Bluh- men Pracht, empfunden, So ich bisher noch nicht beacht. Jch ſah u. ich bemerkte ſie, Von ungefehr, wie ich erwacht, noch eins, des andern Morgens, fruͤh, Noch ehe ſich des Tages Licht, in vollem Schimmer, eingefunden. Man ſahe ſolches, ungewiß, bey noch vorhandner Daͤmm- rung Graͤnzen, Zwar ziemlich klar, doch aber noch in einem ſchwachen Grade, glaͤnzen. Was nun der ſanft gebrochne Schein, fuͤr eine ſuͤße Harmonie, Auf meinem Bluhmen-Topf, erweckte, Und welchen Schmuck er mir entdeckte; Beſchreib’ ich dir, geliebter Leſer, zwar gern, jedoch nicht ohne Muͤh. Es ſchien der Reſt verſchwundner Schatten, Mit dem erſt neugebohrnen Licht, und jungen Farben, ſich zu gatten. Man konnte faſt den ſanften Kampf der Schatten und des Lichts bemerken: Die ſah man, ſich allmaͤhlich ſchwaͤchen; und dieſe, ſich faſt ſichtlich ſtaͤrken. Man ſiehet zierliche Figuren, aus einem leeren Dunklen, ſteigen, Und, wie aus einem Chaos, ſich, ſonſt nicht geſehne Farben, zeigen.
Die bunten Lieblichkeiten waren zwar nicht ſo ſtark, ſo brennend nicht, Als wie der volle Tag ſie zeigt; dennoch war das ge- brochne Licht
So
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Der Bluhmen-Topf.
Allein, ich hab’ ein neu Vergnuͤgen, an dieſer Bluh-
men Pracht, empfunden,
So ich bisher noch nicht beacht. Jch ſah u. ich bemerkte ſie,
Von ungefehr, wie ich erwacht, noch eins, des andern
Morgens, fruͤh,
Noch ehe ſich des Tages Licht, in vollem Schimmer,
eingefunden.
Man ſahe ſolches, ungewiß, bey noch vorhandner Daͤmm-
rung Graͤnzen,
Zwar ziemlich klar, doch aber noch in einem ſchwachen
Grade, glaͤnzen.
Was nun der ſanft gebrochne Schein, fuͤr eine ſuͤße
Harmonie,
Auf meinem Bluhmen-Topf, erweckte,
Und welchen Schmuck er mir entdeckte;
Beſchreib’ ich dir, geliebter Leſer, zwar gern, jedoch nicht
ohne Muͤh.
Es ſchien der Reſt verſchwundner Schatten,
Mit dem erſt neugebohrnen Licht, und jungen Farben,
ſich zu gatten.
Man konnte faſt den ſanften Kampf der Schatten und
des Lichts bemerken:
Die ſah man, ſich allmaͤhlich ſchwaͤchen; und dieſe, ſich
faſt ſichtlich ſtaͤrken.
Man ſiehet zierliche Figuren, aus einem leeren Dunklen,
ſteigen,
Und, wie aus einem Chaos, ſich, ſonſt nicht geſehne
Farben, zeigen.
Die bunten Lieblichkeiten waren zwar nicht ſo ſtark,
ſo brennend nicht,
Als wie der volle Tag ſie zeigt; dennoch war das ge-
brochne Licht
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/292>, abgerufen am 16.07.2024.
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