Da fünf und siebzig Saamen-Körner, ein jedes mit fünf starren Spitzen, Ein jeglichs im besondern Kelch, bewundernswerth ge- ordnet, sitzen. Wenn man auf die besagten Spitzen ein solches Saamen- Kelchlein setzt, Bleibt es, als auf fünf Beinen, stehn; und durch die länglichte Figur, Von einem kleinen Zucker-Huth, wird ein betrachtend Aug' ergetzt. Das Laub, an dieser Honig-Bluhme, gleicht völlig einer Helleparten.
Bewundre doch, vernünftger Mensch! die viele Millionen Arten, Wodurch die bildende Natur Die Weisheit ihres Schöpfers zeiget, Die allen menschlichen Begriff und Witz unend- lich übersteiget! Durch ein so dich vergnügendes, als ehrerbietiges, Bemühn, Bist du geschickt, aus Honig-Bluhmen der Andacht Honigseim zu ziehn.
Die
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Die Honig-Bluhme.
Da fuͤnf und ſiebzig Saamen-Koͤrner, ein jedes mit fuͤnf ſtarren Spitzen, Ein jeglichs im beſondern Kelch, bewundernswerth ge- ordnet, ſitzen. Wenn man auf die beſagten Spitzen ein ſolches Saamen- Kelchlein ſetzt, Bleibt es, als auf fuͤnf Beinen, ſtehn; und durch die laͤnglichte Figur, Von einem kleinen Zucker-Huth, wird ein betrachtend Aug’ ergetzt. Das Laub, an dieſer Honig-Bluhme, gleicht voͤllig einer Helleparten.
Bewundre doch, vernuͤnftger Menſch! die viele Millionen Arten, Wodurch die bildende Natur Die Weisheit ihres Schoͤpfers zeiget, Die allen menſchlichen Begriff und Witz unend- lich uͤberſteiget! Durch ein ſo dich vergnuͤgendes, als ehrerbietiges, Bemuͤhn, Biſt du geſchickt, aus Honig-Bluhmen der Andacht Honigſeim zu ziehn.
Die
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Die Honig-Bluhme.
Da fuͤnf und ſiebzig Saamen-Koͤrner, ein jedes mit fuͤnf
ſtarren Spitzen,
Ein jeglichs im beſondern Kelch, bewundernswerth ge-
ordnet, ſitzen.
Wenn man auf die beſagten Spitzen ein ſolches Saamen-
Kelchlein ſetzt,
Bleibt es, als auf fuͤnf Beinen, ſtehn; und durch die
laͤnglichte Figur,
Von einem kleinen Zucker-Huth, wird ein betrachtend
Aug’ ergetzt.
Das Laub, an dieſer Honig-Bluhme, gleicht voͤllig
einer Helleparten.
Bewundre doch, vernuͤnftger Menſch! die viele
Millionen Arten,
Wodurch die bildende Natur
Die Weisheit ihres Schoͤpfers zeiget,
Die allen menſchlichen Begriff und Witz unend-
lich uͤberſteiget!
Durch ein ſo dich vergnuͤgendes, als ehrerbietiges,
Bemuͤhn,
Biſt du geſchickt, aus Honig-Bluhmen der Andacht
Honigſeim zu ziehn.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/259>, abgerufen am 25.11.2024.
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