Jch fühle, durch der Welt anjetzo neue Zier Gerühret, einen Trieb in mir, Der Welt Gestalt im Herbst, von neuem, zu beschreiben.
Der feuchte Dunst beschwitzter Fenster-Scheiben, Mit der, den ganzen Kreis der Luft Erfüllenden, noch dünnen Nebel Duft, Verändern jetzt der Vorwürf' äußre Flächen. Der Körper Umriß scheint sich überall zu schwächen; Was man erblickt, ist ungewiß. Ein sichtbar Grau, womit die Luft erfüllet, Beziehet alles, und verhüllet, Mit einer lichten Finsterniß, Was man sonst deutlicher, bey klarer Luft, gesehn.
Doch ist, was man erblickt, auch jetzt noch schön, Zumal bey einem stillen Wetter. Die gelblichten, mit Grün vermischten, Blätter, Die sich, in trüber Luft, mit sanften Farben, mischen, Vergnügen unsern Blick, auf bunten Büschen, Jn einer allgemein- und sanften Harmonie.
Selbst unser Geist, der überall gebrochner Farben Schönheit spühret, Wird, durch den, dort und hie, Und überall, gedämpften Schein, Der bunten Welt, nicht nur allein Auf eine neue Art, gerühret;
Er
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Gedanken im Herbſt, wenn es truͤbe.
Jch fuͤhle, durch der Welt anjetzo neue Zier Geruͤhret, einen Trieb in mir, Der Welt Geſtalt im Herbſt, von neuem, zu beſchreiben.
Der feuchte Dunſt beſchwitzter Fenſter-Scheiben, Mit der, den ganzen Kreis der Luft Erfuͤllenden, noch duͤnnen Nebel Duft, Veraͤndern jetzt der Vorwuͤrf’ aͤußre Flaͤchen. Der Koͤrper Umriß ſcheint ſich uͤberall zu ſchwaͤchen; Was man erblickt, iſt ungewiß. Ein ſichtbar Grau, womit die Luft erfuͤllet, Beziehet alles, und verhuͤllet, Mit einer lichten Finſterniß, Was man ſonſt deutlicher, bey klarer Luft, geſehn.
Doch iſt, was man erblickt, auch jetzt noch ſchoͤn, Zumal bey einem ſtillen Wetter. Die gelblichten, mit Gruͤn vermiſchten, Blaͤtter, Die ſich, in truͤber Luft, mit ſanften Farben, miſchen, Vergnuͤgen unſern Blick, auf bunten Buͤſchen, Jn einer allgemein- und ſanften Harmonie.
Selbſt unſer Geiſt, der uͤberall gebrochner Farben Schoͤnheit ſpuͤhret, Wird, durch den, dort und hie, Und uͤberall, gedaͤmpften Schein, Der bunten Welt, nicht nur allein Auf eine neue Art, geruͤhret;
Er
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Gedanken im Herbſt, wenn es
truͤbe.
Jch fuͤhle, durch der Welt anjetzo neue Zier
Geruͤhret, einen Trieb in mir,
Der Welt Geſtalt im Herbſt, von neuem, zu beſchreiben.
Der feuchte Dunſt beſchwitzter Fenſter-Scheiben,
Mit der, den ganzen Kreis der Luft
Erfuͤllenden, noch duͤnnen Nebel Duft,
Veraͤndern jetzt der Vorwuͤrf’ aͤußre Flaͤchen.
Der Koͤrper Umriß ſcheint ſich uͤberall zu ſchwaͤchen;
Was man erblickt, iſt ungewiß.
Ein ſichtbar Grau, womit die Luft erfuͤllet,
Beziehet alles, und verhuͤllet,
Mit einer lichten Finſterniß,
Was man ſonſt deutlicher, bey klarer Luft, geſehn.
Doch iſt, was man erblickt, auch jetzt noch ſchoͤn,
Zumal bey einem ſtillen Wetter.
Die gelblichten, mit Gruͤn vermiſchten, Blaͤtter,
Die ſich, in truͤber Luft, mit ſanften Farben, miſchen,
Vergnuͤgen unſern Blick, auf bunten Buͤſchen,
Jn einer allgemein- und ſanften Harmonie.
Selbſt unſer Geiſt, der uͤberall gebrochner Farben
Schoͤnheit ſpuͤhret,
Wird, durch den, dort und hie,
Und uͤberall, gedaͤmpften Schein,
Der bunten Welt, nicht nur allein
Auf eine neue Art, geruͤhret;
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/241>, abgerufen am 16.02.2025.
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