Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746.Ueber die Veränderung der Raupen. So wie eure Raupen-Haut, eures jetzgen Körpers Pracht Lebend Futteral gewesen, sah ihn gleich kein Augen- Strahl; Kann auch, unsers Körpers Bau, leicht ein lebend Futteral Eines unsichtbaren Körpers, ohne Widerspruch, ja seyn. Ja, mit dieser Lehre träffe gar die grosse Wahrheit ein: Daß die Seelen, nach dem Scheiden, von dem körper- lichen Wesen, Womit sie, zu ihrem Nutzen, bis daher vereint gewesen, Das Subtileste behielten, und die zarten Stamina, Die vergänglich nicht, nicht sichtbar, bey denselben blei- ben werden: Weil sie sonst von aller Schönheit der von Gott erschaff- nen Erden, Ohne Sinnen, nichts mehr merken; des so schönen Sonnen-Lichts, Jn Ermanglung des Gesichts, Nicht geniessen könnt- und würden, wär' es ihnen noch so nah. Ja, es finden die Gedanken Darinn einen Widerspruch, daß ein Wesen, ohne Schranken, (Welches doch umschränkt) bestünde, seine Dauer noch verlängte, Wo es sich nicht, als ein Tropfen, in ein Geister-Meer vermengte: Aber, wenn auch dieß geschähe; blieb es nicht für sich allein. Wirft
Ueber die Veraͤnderung der Raupen. So wie eure Raupen-Haut, eures jetzgen Koͤrpers Pracht Lebend Futteral geweſen, ſah ihn gleich kein Augen- Strahl; Kann auch, unſers Koͤrpers Bau, leicht ein lebend Futteral Eines unſichtbaren Koͤrpers, ohne Widerſpruch, ja ſeyn. Ja, mit dieſer Lehre traͤffe gar die groſſe Wahrheit ein: Daß die Seelen, nach dem Scheiden, von dem koͤrper- lichen Weſen, Womit ſie, zu ihrem Nutzen, bis daher vereint geweſen, Das Subtileſte behielten, und die zarten Stamina, Die vergaͤnglich nicht, nicht ſichtbar, bey denſelben blei- ben werden: Weil ſie ſonſt von aller Schoͤnheit der von Gott erſchaff- nen Erden, Ohne Sinnen, nichts mehr merken; des ſo ſchoͤnen Sonnen-Lichts, Jn Ermanglung des Geſichts, Nicht genieſſen koͤnnt- und wuͤrden, waͤr’ es ihnen noch ſo nah. Ja, es finden die Gedanken Darinn einen Widerſpruch, daß ein Weſen, ohne Schranken, (Welches doch umſchraͤnkt) beſtuͤnde, ſeine Dauer noch verlaͤngte, Wo es ſich nicht, als ein Tropfen, in ein Geiſter-Meer vermengte: Aber, wenn auch dieß geſchaͤhe; blieb es nicht fuͤr ſich allein. Wirft
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0190" n="176"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Ueber die Veraͤnderung der Raupen.</hi> </fw><lb/> <lg n="7"> <l>So wie eure Raupen-Haut, eures jetzgen Koͤrpers<lb/><hi rendition="#et">Pracht</hi></l><lb/> <l>Lebend Futteral geweſen, ſah ihn gleich kein Augen-<lb/><hi rendition="#et">Strahl;</hi></l><lb/> <l>Kann auch, unſers Koͤrpers Bau, leicht ein lebend<lb/><hi rendition="#et">Futteral</hi></l><lb/> <l>Eines unſichtbaren Koͤrpers, ohne Widerſpruch, ja ſeyn.</l> </lg><lb/> <lg n="8"> <l>Ja, mit dieſer Lehre traͤffe gar die groſſe Wahrheit<lb/><hi rendition="#et">ein:</hi></l><lb/> <l>Daß die Seelen, nach dem Scheiden, von dem koͤrper-<lb/><hi rendition="#et">lichen Weſen,</hi></l><lb/> <l>Womit ſie, zu ihrem Nutzen, bis daher vereint geweſen,</l><lb/> <l>Das Subtileſte behielten, und die zarten Stamina,</l><lb/> <l>Die vergaͤnglich nicht, nicht ſichtbar, bey denſelben blei-<lb/><hi rendition="#et">ben werden:</hi></l><lb/> <l>Weil ſie ſonſt von aller Schoͤnheit der von Gott erſchaff-<lb/><hi rendition="#et">nen Erden,</hi></l><lb/> <l>Ohne Sinnen, nichts mehr merken; des ſo ſchoͤnen<lb/><hi rendition="#et">Sonnen-Lichts,</hi></l><lb/> <l>Jn Ermanglung des Geſichts,</l><lb/> <l>Nicht genieſſen koͤnnt- und wuͤrden, waͤr’ es ihnen noch<lb/><hi rendition="#et">ſo nah.</hi></l><lb/> <l>Ja, es finden die Gedanken</l><lb/> <l>Darinn einen Widerſpruch, daß ein Weſen, ohne<lb/><hi rendition="#et">Schranken,</hi></l><lb/> <l>(Welches doch umſchraͤnkt) beſtuͤnde, ſeine Dauer noch<lb/><hi rendition="#et">verlaͤngte,</hi></l><lb/> <l>Wo es ſich nicht, als ein Tropfen, in ein Geiſter-Meer<lb/><hi rendition="#et">vermengte:</hi></l><lb/> <l>Aber, wenn auch dieß geſchaͤhe; blieb es nicht fuͤr ſich<lb/><hi rendition="#et">allein.</hi></l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Wirft</fw><lb/> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [176/0190]
Ueber die Veraͤnderung der Raupen.
So wie eure Raupen-Haut, eures jetzgen Koͤrpers
Pracht
Lebend Futteral geweſen, ſah ihn gleich kein Augen-
Strahl;
Kann auch, unſers Koͤrpers Bau, leicht ein lebend
Futteral
Eines unſichtbaren Koͤrpers, ohne Widerſpruch, ja ſeyn.
Ja, mit dieſer Lehre traͤffe gar die groſſe Wahrheit
ein:
Daß die Seelen, nach dem Scheiden, von dem koͤrper-
lichen Weſen,
Womit ſie, zu ihrem Nutzen, bis daher vereint geweſen,
Das Subtileſte behielten, und die zarten Stamina,
Die vergaͤnglich nicht, nicht ſichtbar, bey denſelben blei-
ben werden:
Weil ſie ſonſt von aller Schoͤnheit der von Gott erſchaff-
nen Erden,
Ohne Sinnen, nichts mehr merken; des ſo ſchoͤnen
Sonnen-Lichts,
Jn Ermanglung des Geſichts,
Nicht genieſſen koͤnnt- und wuͤrden, waͤr’ es ihnen noch
ſo nah.
Ja, es finden die Gedanken
Darinn einen Widerſpruch, daß ein Weſen, ohne
Schranken,
(Welches doch umſchraͤnkt) beſtuͤnde, ſeine Dauer noch
verlaͤngte,
Wo es ſich nicht, als ein Tropfen, in ein Geiſter-Meer
vermengte:
Aber, wenn auch dieß geſchaͤhe; blieb es nicht fuͤr ſich
allein.
Wirft
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |