"Kein Menschen-Finger hat die Pracht "Formiert; es muß was Göttlichs seyn, das ihren Wunder-Bau gemacht.
Er sah von einer auf die andre; zog aber den begier- gen Blick Schnell wieder von der andern ab, und auf die erstere zurück, Um ihren Schmuck nicht zu verlieren. Es überlief sein Augen-Strahl, Verwirrt, bald die, bald jene Bluhme, bald alle Bluh- men auf einmal.
Um sie nun besser zu betrachten, bracht' er sie nah an sein Gesicht. Allein, welch eine neue Wollust durchdrunge seine Seele nicht, Als sein Geruch den Balsam spührte, der aus den schö- nen Blättern quillt, Und, mit noch nie gespührter Anmuth, ihm schnell sein ganz Gehirn erfüllt! Er stutzt' und er verstummt' aufs neu. Sein Othem ging schnell aus und ein; Er roch, er schnauft', er schloß die Augen, und schien, für Lust, entzückt zu seyn.
"Dem Wesen, welches diese Wesen, so wunderbar, zu bilden weiß, "Und meinen Geist durch sie ergetzt, sey ewig Ehre, Lob und Preis! Rief er, für Wollust ausser sich. Ach! daß wir, wie Tirsander, dächten, Und, bey den wunderschönen Bluhmen, GOTT, unsre Lust, zum Opfer, brächten.
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Tirſander.
“Kein Menſchen-Finger hat die Pracht “Formiert; es muß was Goͤttlichs ſeyn, das ihren Wunder-Bau gemacht.
Er ſah von einer auf die andre; zog aber den begier- gen Blick Schnell wieder von der andern ab, und auf die erſtere zuruͤck, Um ihren Schmuck nicht zu verlieren. Es uͤberlief ſein Augen-Strahl, Verwirrt, bald die, bald jene Bluhme, bald alle Bluh- men auf einmal.
Um ſie nun beſſer zu betrachten, bracht’ er ſie nah an ſein Geſicht. Allein, welch eine neue Wolluſt durchdrunge ſeine Seele nicht, Als ſein Geruch den Balſam ſpuͤhrte, der aus den ſchoͤ- nen Blaͤttern quillt, Und, mit noch nie geſpuͤhrter Anmuth, ihm ſchnell ſein ganz Gehirn erfuͤllt! Er ſtutzt’ und er verſtummt’ aufs neu. Sein Othem ging ſchnell aus und ein; Er roch, er ſchnauft’, er ſchloß die Augen, und ſchien, fuͤr Luſt, entzuͤckt zu ſeyn.
“Dem Weſen, welches dieſe Weſen, ſo wunderbar, zu bilden weiß, “Und meinen Geiſt durch ſie ergetzt, ſey ewig Ehre, Lob und Preis! Rief er, fuͤr Wolluſt auſſer ſich. Ach! daß wir, wie Tirſander, daͤchten, Und, bey den wunderſchoͤnen Bluhmen, GOTT, unſre Luſt, zum Opfer, braͤchten.
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Tirſander.
“Kein Menſchen-Finger hat die Pracht
“Formiert; es muß was Goͤttlichs ſeyn, das ihren
Wunder-Bau gemacht.
Er ſah von einer auf die andre; zog aber den begier-
gen Blick
Schnell wieder von der andern ab, und auf die erſtere
zuruͤck,
Um ihren Schmuck nicht zu verlieren. Es uͤberlief ſein
Augen-Strahl,
Verwirrt, bald die, bald jene Bluhme, bald alle Bluh-
men auf einmal.
Um ſie nun beſſer zu betrachten, bracht’ er ſie nah
an ſein Geſicht.
Allein, welch eine neue Wolluſt durchdrunge ſeine Seele
nicht,
Als ſein Geruch den Balſam ſpuͤhrte, der aus den ſchoͤ-
nen Blaͤttern quillt,
Und, mit noch nie geſpuͤhrter Anmuth, ihm ſchnell ſein
ganz Gehirn erfuͤllt!
Er ſtutzt’ und er verſtummt’ aufs neu. Sein Othem
ging ſchnell aus und ein;
Er roch, er ſchnauft’, er ſchloß die Augen, und ſchien,
fuͤr Luſt, entzuͤckt zu ſeyn.
“Dem Weſen, welches dieſe Weſen, ſo wunderbar,
zu bilden weiß,
“Und meinen Geiſt durch ſie ergetzt, ſey ewig Ehre,
Lob und Preis!
Rief er, fuͤr Wolluſt auſſer ſich. Ach! daß wir, wie
Tirſander, daͤchten,
Und, bey den wunderſchoͤnen Bluhmen, GOTT,
unſre Luſt, zum Opfer, braͤchten.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/177>, abgerufen am 16.07.2024.
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