Jch kam mir selber hier, Auf dieser meiner Augen Reise, Als wie ein Centrum für, Von einem großen halben Kreise: Auf dessen äußrer Ründe Jch nichts, als Luft und Wasser, finde.
Mein Thürmchen schien, um mir, Als um dem Mittelpunct, ein Zirkel, welcher klein; Der Fenster Oeffnungen, zehn Radii zu seyn, Die, divergirend, sich bis an den Umkreis streckten, Und das so schöne Stück der Land- und Wasser-Welt, Jn ihren Linien verschrenkt, entdeckten, Das mir, im Mittelpunct verkleint, ins Auge fällt.
Mir fiel, aufs neu, das Wunder ein, Wodurch sich eine solche Größ', in etwas, das so winzig klein, So sehr verengen kann, so sehr verschrenkt, Und, wunderbar verkleint, sich uns ins Auge senkt, Ja tiefer dringt, und sich, noch mehr verkleint, Jn einen Punct, der unbegreiflich zart, Auf eine uns verborgne Art, Mit unsrer Seel', im Hirn, vereint.
Die Kleinheit scheinet mir so klein, Daß Ort, und Raum, und Zeit, in ihr verschwunden seyn.
Es
Zum Thuͤrmchen in Ritzebuͤttel.
Jch kam mir ſelber hier, Auf dieſer meiner Augen Reiſe, Als wie ein Centrum fuͤr, Von einem großen halben Kreiſe: Auf deſſen aͤußrer Ruͤnde Jch nichts, als Luft und Waſſer, finde.
Mein Thuͤrmchen ſchien, um mir, Als um dem Mittelpunct, ein Zirkel, welcher klein; Der Fenſter Oeffnungen, zehn Radii zu ſeyn, Die, divergirend, ſich bis an den Umkreis ſtreckten, Und das ſo ſchoͤne Stuͤck der Land- und Waſſer-Welt, Jn ihren Linien verſchrenkt, entdeckten, Das mir, im Mittelpunct verkleint, ins Auge faͤllt.
Mir fiel, aufs neu, das Wunder ein, Wodurch ſich eine ſolche Groͤß’, in etwas, das ſo winzig klein, So ſehr verengen kann, ſo ſehr verſchrenkt, Und, wunderbar verkleint, ſich uns ins Auge ſenkt, Ja tiefer dringt, und ſich, noch mehr verkleint, Jn einen Punct, der unbegreiflich zart, Auf eine uns verborgne Art, Mit unſrer Seel’, im Hirn, vereint.
Die Kleinheit ſcheinet mir ſo klein, Daß Ort, und Raum, und Zeit, in ihr verſchwunden ſeyn.
Es
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0162"n="148"/><divn="3"><head><hirendition="#b">Zum Thuͤrmchen in Ritzebuͤttel.</hi></head><lb/><lgtype="poem"><lgn="1"><l><hirendition="#in">J</hi>ch kam mir ſelber hier,</l><lb/><l>Auf dieſer meiner Augen Reiſe,</l><lb/><l>Als wie ein Centrum fuͤr,</l><lb/><l>Von einem großen halben Kreiſe:</l><lb/><l>Auf deſſen aͤußrer Ruͤnde</l><lb/><l>Jch nichts, als Luft und Waſſer, finde.</l></lg><lb/><lgn="2"><l>Mein Thuͤrmchen ſchien, um mir,</l><lb/><l>Als um dem Mittelpunct, ein Zirkel, welcher klein;</l><lb/><l>Der Fenſter Oeffnungen, zehn Radii zu ſeyn,</l><lb/><l>Die, divergirend, ſich bis an den Umkreis ſtreckten,</l><lb/><l>Und das ſo ſchoͤne Stuͤck der Land- und Waſſer-Welt,</l><lb/><l>Jn ihren Linien verſchrenkt, entdeckten,</l><lb/><l>Das mir, im Mittelpunct verkleint, ins Auge faͤllt.</l></lg><lb/><lgn="3"><l>Mir fiel, aufs neu, das Wunder ein,</l><lb/><l>Wodurch ſich eine ſolche Groͤß’, in etwas, das ſo winzig<lb/><hirendition="#et">klein,</hi></l><lb/><l>So ſehr verengen kann, ſo ſehr verſchrenkt,</l><lb/><l>Und, wunderbar verkleint, ſich uns ins Auge ſenkt,</l><lb/><l>Ja tiefer dringt, und ſich, noch mehr verkleint,</l><lb/><l>Jn einen Punct, der unbegreiflich zart,</l><lb/><l>Auf eine uns verborgne Art,</l><lb/><l>Mit unſrer Seel’, im Hirn, vereint.</l></lg><lb/><lgn="4"><l>Die Kleinheit ſcheinet mir ſo klein,</l><lb/><l>Daß Ort, und Raum, und Zeit, in ihr verſchwunden<lb/><hirendition="#et">ſeyn.</hi></l><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Es</fw><lb/></lg></lg></div></div></div></body></text></TEI>
[148/0162]
Zum Thuͤrmchen in Ritzebuͤttel.
Jch kam mir ſelber hier,
Auf dieſer meiner Augen Reiſe,
Als wie ein Centrum fuͤr,
Von einem großen halben Kreiſe:
Auf deſſen aͤußrer Ruͤnde
Jch nichts, als Luft und Waſſer, finde.
Mein Thuͤrmchen ſchien, um mir,
Als um dem Mittelpunct, ein Zirkel, welcher klein;
Der Fenſter Oeffnungen, zehn Radii zu ſeyn,
Die, divergirend, ſich bis an den Umkreis ſtreckten,
Und das ſo ſchoͤne Stuͤck der Land- und Waſſer-Welt,
Jn ihren Linien verſchrenkt, entdeckten,
Das mir, im Mittelpunct verkleint, ins Auge faͤllt.
Mir fiel, aufs neu, das Wunder ein,
Wodurch ſich eine ſolche Groͤß’, in etwas, das ſo winzig
klein,
So ſehr verengen kann, ſo ſehr verſchrenkt,
Und, wunderbar verkleint, ſich uns ins Auge ſenkt,
Ja tiefer dringt, und ſich, noch mehr verkleint,
Jn einen Punct, der unbegreiflich zart,
Auf eine uns verborgne Art,
Mit unſrer Seel’, im Hirn, vereint.
Die Kleinheit ſcheinet mir ſo klein,
Daß Ort, und Raum, und Zeit, in ihr verſchwunden
ſeyn.
Es
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/162>, abgerufen am 18.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.