Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746.Die Schönheit der Welt, zur Sommers-Zeit. Jch sah das blaue Firmament, und seine Tiefe sonder Gränzen, Gleich einem funkelnden Sapphir, mit hellem Licht erfül- let, glänzen. Jch ward, durch dieser Schönheit Größe, die sonder Grund und ohne Schranken, Zur tiefen Ehrfurcht angetrieben. Es breiteten sich die Gedanken Weit kräftiger, als sonsten, aus. Erst senkte sich mein Geist hinein Jns tiefe Meer der dünnen Luft, erwog das Licht, und Dessen Schein, Der solche ungeheure Tiefen, weit über unserm Luft-Kreis, füllet, Und der sich, ohne Luft und Vorwurf, wie licht er gleich, dem Blick verhüllet, Und keinem Auge sichtbar ist. Nichts ist so groß, nichts ist so klein, Als wie des Lichts beträchtlichs Wesen. Ob es aus unsrer Sonne quillet, Wie oder nur von ihr beweget und wirkbar wird, ist ungewiß; Wie alles fast, was auf der Welt, in einer lichten Fin- sterniß Und Schatten-reicher Dämmrung stecket: So aber weiter keinen Gram in mein belehrt Gemüth erwecket; Jndem ich einmal überführet, daß unsre Pflicht, in diesem Leben, Nicht auf ein gründliches Begreifen, nur aufs Bewun- dern, sich erstreckt: Wobey J 3
Die Schoͤnheit der Welt, zur Sommers-Zeit. Jch ſah das blaue Firmament, und ſeine Tiefe ſonder Graͤnzen, Gleich einem funkelnden Sapphir, mit hellem Licht erfuͤl- let, glaͤnzen. Jch ward, durch dieſer Schoͤnheit Groͤße, die ſonder Grund und ohne Schranken, Zur tiefen Ehrfurcht angetrieben. Es breiteten ſich die Gedanken Weit kraͤftiger, als ſonſten, aus. Erſt ſenkte ſich mein Geiſt hinein Jns tiefe Meer der duͤnnen Luft, erwog das Licht, und Deſſen Schein, Der ſolche ungeheure Tiefen, weit uͤber unſerm Luft-Kreis, fuͤllet, Und der ſich, ohne Luft und Vorwurf, wie licht er gleich, dem Blick verhuͤllet, Und keinem Auge ſichtbar iſt. Nichts iſt ſo groß, nichts iſt ſo klein, Als wie des Lichts betraͤchtlichs Weſen. Ob es aus unſrer Sonne quillet, Wie oder nur von ihr beweget und wirkbar wird, iſt ungewiß; Wie alles faſt, was auf der Welt, in einer lichten Fin- ſterniß Und Schatten-reicher Daͤmmrung ſtecket: So aber weiter keinen Gram in mein belehrt Gemuͤth erwecket; Jndem ich einmal uͤberfuͤhret, daß unſre Pflicht, in dieſem Leben, Nicht auf ein gruͤndliches Begreifen, nur aufs Bewun- dern, ſich erſtreckt: Wobey J 3
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Die Schoͤnheit der Welt, zur Sommers-Zeit.
Jch ſah das blaue Firmament, und ſeine Tiefe ſonder
Graͤnzen,
Gleich einem funkelnden Sapphir, mit hellem Licht erfuͤl-
let, glaͤnzen.
Jch ward, durch dieſer Schoͤnheit Groͤße, die ſonder Grund
und ohne Schranken,
Zur tiefen Ehrfurcht angetrieben. Es breiteten ſich
die Gedanken
Weit kraͤftiger, als ſonſten, aus. Erſt ſenkte ſich mein
Geiſt hinein
Jns tiefe Meer der duͤnnen Luft, erwog das Licht,
und Deſſen Schein,
Der ſolche ungeheure Tiefen, weit uͤber unſerm Luft-Kreis,
fuͤllet,
Und der ſich, ohne Luft und Vorwurf, wie licht er gleich,
dem Blick verhuͤllet,
Und keinem Auge ſichtbar iſt. Nichts iſt ſo groß, nichts
iſt ſo klein,
Als wie des Lichts betraͤchtlichs Weſen. Ob es aus
unſrer Sonne quillet,
Wie oder nur von ihr beweget und wirkbar wird, iſt
ungewiß;
Wie alles faſt, was auf der Welt, in einer lichten Fin-
ſterniß
Und Schatten-reicher Daͤmmrung ſtecket:
So aber weiter keinen Gram in mein belehrt Gemuͤth
erwecket;
Jndem ich einmal uͤberfuͤhret, daß unſre Pflicht, in
dieſem Leben,
Nicht auf ein gruͤndliches Begreifen, nur aufs Bewun-
dern, ſich erſtreckt:
Wobey
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