Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746.Beschreibung seines wieder erblickten Gartens. Und was ich von der schönen Höh Für schöne Vorwürf' überseh; Die, da ich sie, mit neuen Augen, So, durch Gewohnheit, noch nicht blind, Wie meist geschicht, geworden sind, Beschau; mich so zu rühren, taugen, Daß ich, gezwungen, still zu stehn, Und stumm, für Anmuth und Behagen, Fast nichts, als dieß, vermag zu sagen: Ach Gott, wie ist die Welt so schön! Es weiß mein ungewiß Gemüthe, Da alle Stellen Wunder-voll, Nicht, ob ich Bluhmen oder Blühte, Zuerst, zum Vorwurf wählen soll. Wend' ich die frohen Augen hier Auf eine bunt gefärbte Zier Von Bluhmen; reißt ein andrer Ort, Der schöner noch, sie mit sich fort. Kaum schau ich den; so zieht von neuen, Um mehr annoch mich zu erfreuen, Ein mehr geschmückter dritter, dort, Den ganz darob erstaunten Sinn Auf Blüht' und junge Blätter hin. Ach! seufzt dann die gerührte Seele, Jch weiß nicht, was ich erst erwähle; Herr, Deiner Wunder sind zu viel! Es hat in dem, was uns vergnüget, Und uns hier vor den Augen lieget, Dein' Allmacht weder Maaß noch Ziel. Jnzwi- F 5
Beſchreibung ſeines wieder erblickten Gartens. Und was ich von der ſchoͤnen Hoͤh Fuͤr ſchoͤne Vorwuͤrf’ uͤberſeh; Die, da ich ſie, mit neuen Augen, So, durch Gewohnheit, noch nicht blind, Wie meiſt geſchicht, geworden ſind, Beſchau; mich ſo zu ruͤhren, taugen, Daß ich, gezwungen, ſtill zu ſtehn, Und ſtumm, fuͤr Anmuth und Behagen, Faſt nichts, als dieß, vermag zu ſagen: Ach Gott, wie iſt die Welt ſo ſchoͤn! Es weiß mein ungewiß Gemuͤthe, Da alle Stellen Wunder-voll, Nicht, ob ich Bluhmen oder Bluͤhte, Zuerſt, zum Vorwurf waͤhlen ſoll. Wend’ ich die frohen Augen hier Auf eine bunt gefaͤrbte Zier Von Bluhmen; reißt ein andrer Ort, Der ſchoͤner noch, ſie mit ſich fort. Kaum ſchau ich den; ſo zieht von neuen, Um mehr annoch mich zu erfreuen, Ein mehr geſchmuͤckter dritter, dort, Den ganz darob erſtaunten Sinn Auf Bluͤht’ und junge Blaͤtter hin. Ach! ſeufzt dann die geruͤhrte Seele, Jch weiß nicht, was ich erſt erwaͤhle; Herr, Deiner Wunder ſind zu viel! Es hat in dem, was uns vergnuͤget, Und uns hier vor den Augen lieget, Dein’ Allmacht weder Maaß noch Ziel. Jnzwi- F 5
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Beſchreibung ſeines wieder erblickten Gartens.
Und was ich von der ſchoͤnen Hoͤh
Fuͤr ſchoͤne Vorwuͤrf’ uͤberſeh;
Die, da ich ſie, mit neuen Augen,
So, durch Gewohnheit, noch nicht blind,
Wie meiſt geſchicht, geworden ſind,
Beſchau; mich ſo zu ruͤhren, taugen,
Daß ich, gezwungen, ſtill zu ſtehn,
Und ſtumm, fuͤr Anmuth und Behagen,
Faſt nichts, als dieß, vermag zu ſagen:
Ach Gott, wie iſt die Welt ſo ſchoͤn!
Es weiß mein ungewiß Gemuͤthe,
Da alle Stellen Wunder-voll,
Nicht, ob ich Bluhmen oder Bluͤhte,
Zuerſt, zum Vorwurf waͤhlen ſoll.
Wend’ ich die frohen Augen hier
Auf eine bunt gefaͤrbte Zier
Von Bluhmen; reißt ein andrer Ort,
Der ſchoͤner noch, ſie mit ſich fort.
Kaum ſchau ich den; ſo zieht von neuen,
Um mehr annoch mich zu erfreuen,
Ein mehr geſchmuͤckter dritter, dort,
Den ganz darob erſtaunten Sinn
Auf Bluͤht’ und junge Blaͤtter hin.
Ach! ſeufzt dann die geruͤhrte Seele,
Jch weiß nicht, was ich erſt erwaͤhle;
Herr, Deiner Wunder ſind zu viel!
Es hat in dem, was uns vergnuͤget,
Und uns hier vor den Augen lieget,
Dein’ Allmacht weder Maaß noch Ziel.
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