Des Meeres innrer Zustand ist zwar unsern Augen unent- decket; Allein, wir können, wenn wir wollen, aus mancherley Er- fahrung sehen, Wie es in seinen tiefen Gründen doch ungefehr wol müsse stehen, Und wie die hohle Schooß der See voll ungemeiner Wunder stecket. Auf! laßt uns in Gedanken denn einst in des Meeres Abgrund steigen, Um die daselbst verborgne Werke, Dem, Der sie wirkt, zum Ruhm, zu zeigen.
So senk |ich| denn, in GOttes Namen, zu GOttes Ehren, meinen Geist Hier in des Meeres dunkle Tiefe. Doch halt! werd ich auch ohne Grauen, Was mir des Abgrunds hohler Schlund für einen fremden Zustand weist, Die ungeheure Wasser-Last, des Meeres wilde Wunder schauen? Hier hangen ausgehöhlte Lasten von Felsen, die den Augen- blick Von oben abzustürzen drohn. Ein Meilen lang- und dickes Stück, Ja, welches wegen seiner Grösse sich gar nicht übersehen läßt, Jst öfters gleichsam sonder Stützen, und scheinet offen, gar nicht vest. Ja, ja, ich sink! itzt bin ich da. Mein GOtt! was hör und seh ich hier!
Mich
7 Theil. F
Betrachtung der Meeres-Tiefe.
Des Meeres innrer Zuſtand iſt zwar unſern Augen unent- decket; Allein, wir koͤnnen, wenn wir wollen, aus mancherley Er- fahrung ſehen, Wie es in ſeinen tiefen Gruͤnden doch ungefehr wol muͤſſe ſtehen, Und wie die hohle Schooß der See voll ungemeiner Wunder ſtecket. Auf! laßt uns in Gedanken denn einſt in des Meeres Abgrund ſteigen, Um die daſelbſt verborgne Werke, Dem, Der ſie wirkt, zum Ruhm, zu zeigen.
So ſenk |ich| denn, in GOttes Namen, zu GOttes Ehren, meinen Geiſt Hier in des Meeres dunkle Tiefe. Doch halt! werd ich auch ohne Grauen, Was mir des Abgrunds hohler Schlund fuͤr einen fremden Zuſtand weiſt, Die ungeheure Waſſer-Laſt, des Meeres wilde Wunder ſchauen? Hier hangen ausgehoͤhlte Laſten von Felſen, die den Augen- blick Von oben abzuſtuͤrzen drohn. Ein Meilen lang- und dickes Stuͤck, Ja, welches wegen ſeiner Groͤſſe ſich gar nicht uͤberſehen laͤßt, Jſt oͤfters gleichſam ſonder Stuͤtzen, und ſcheinet offen, gar nicht veſt. Ja, ja, ich ſink! itzt bin ich da. Mein GOtt! was hoͤr und ſeh ich hier!
Mich
7 Theil. F
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Betrachtung der Meeres-Tiefe.
Des Meeres innrer Zuſtand iſt zwar unſern Augen unent-
decket;
Allein, wir koͤnnen, wenn wir wollen, aus mancherley Er-
fahrung ſehen,
Wie es in ſeinen tiefen Gruͤnden doch ungefehr wol muͤſſe
ſtehen,
Und wie die hohle Schooß der See voll ungemeiner Wunder
ſtecket.
Auf! laßt uns in Gedanken denn einſt in des Meeres
Abgrund ſteigen,
Um die daſelbſt verborgne Werke, Dem, Der ſie wirkt, zum
Ruhm, zu zeigen.
So ſenk |ich| denn, in GOttes Namen, zu GOttes Ehren,
meinen Geiſt
Hier in des Meeres dunkle Tiefe. Doch halt! werd ich auch
ohne Grauen,
Was mir des Abgrunds hohler Schlund fuͤr einen fremden
Zuſtand weiſt,
Die ungeheure Waſſer-Laſt, des Meeres wilde Wunder
ſchauen?
Hier hangen ausgehoͤhlte Laſten von Felſen, die den Augen-
blick
Von oben abzuſtuͤrzen drohn. Ein Meilen lang- und dickes
Stuͤck,
Ja, welches wegen ſeiner Groͤſſe ſich gar nicht uͤberſehen laͤßt,
Jſt oͤfters gleichſam ſonder Stuͤtzen, und ſcheinet offen, gar
nicht veſt.
Ja, ja, ich ſink! itzt bin ich da. Mein GOtt! was hoͤr und
ſeh ich hier!
Mich
7 Theil. F
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/99>, abgerufen am 28.11.2024.
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