Die beyde, durch den Gegensatz, ein holdes Licht und Schat- ten-Spiel Dem eingeschränkten Auge machten, das jedem, der es sah, gefiel.
Die Lage dieses Orts vergnügte mich so sehr, Und zwar daher um destomehr, Als ich, da rings herum das ganze Land Sonst lauter Moor, ich doch auf einer nahen Stelle Die schönste, reinste, klarste Quelle Des allerschönsten Wassers fand, Die ich denn ins gevierte fassen Und ordentlich zum Brunnen machen lassen, So denn, ohn an die Huld des Schöpfers zu gedenken, Der überall die Erde weiß zu tränken, Und Seinen Namen zu erhöhn, Gott Lob! doch nicht geschehn. Wie ich, nach rein gemacht- und ausgeschöpfter Quelle, Dieselbige sich nun mit Sprudeln wieder zeigen, Schnell in die Höhe sichtlich steigen, Den ihr gemachten Kasten füllen, Aus der ihr angewies'nen Oeffnung quillen, Sich, wie sie voll, aus ihrer Rinn' ergiessen, Und sie zum erstenmahl sah' überfliessen; So fehlet' es nicht viel, ich hätt' auch ein paar Zähren Aus meiner Augen schon damit erfüllten Röhren Zugleich, vor Lust, mit überfliessen lassen. Jch fing den neuen Lauf des Wassers an Mit diesem Wunsche zu begleiten: "Rinn', angenehmer Bach, für Jedermann, "Der deiner braucht, bis in die späte Zeiten!
"Ach
E 4
Der neue Wald.
Die beyde, durch den Gegenſatz, ein holdes Licht und Schat- ten-Spiel Dem eingeſchraͤnkten Auge machten, das jedem, der es ſah, gefiel.
Die Lage dieſes Orts vergnuͤgte mich ſo ſehr, Und zwar daher um deſtomehr, Als ich, da rings herum das ganze Land Sonſt lauter Moor, ich doch auf einer nahen Stelle Die ſchoͤnſte, reinſte, klarſte Quelle Des allerſchoͤnſten Waſſers fand, Die ich denn ins gevierte faſſen Und ordentlich zum Brunnen machen laſſen, So denn, ohn an die Huld des Schoͤpfers zu gedenken, Der uͤberall die Erde weiß zu traͤnken, Und Seinen Namen zu erhoͤhn, Gott Lob! doch nicht geſchehn. Wie ich, nach rein gemacht- und ausgeſchoͤpfter Quelle, Dieſelbige ſich nun mit Sprudeln wieder zeigen, Schnell in die Hoͤhe ſichtlich ſteigen, Den ihr gemachten Kaſten fuͤllen, Aus der ihr angewieſ’nen Oeffnung quillen, Sich, wie ſie voll, aus ihrer Rinn’ ergieſſen, Und ſie zum erſtenmahl ſah’ uͤberflieſſen; So fehlet’ es nicht viel, ich haͤtt’ auch ein paar Zaͤhren Aus meiner Augen ſchon damit erfuͤllten Roͤhren Zugleich, vor Luſt, mit uͤberflieſſen laſſen. Jch fing den neuen Lauf des Waſſers an Mit dieſem Wunſche zu begleiten: „Rinn’, angenehmer Bach, fuͤr Jedermann, „Der deiner braucht, bis in die ſpaͤte Zeiten!
„Ach
E 4
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><lgtype="poem"><pbfacs="#f0089"n="71"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Der neue Wald.</hi></fw><lb/><lgn="9"><l>Die beyde, durch den Gegenſatz, ein holdes Licht und Schat-</l><lb/><l><hirendition="#et">ten-Spiel</hi></l><lb/><l>Dem eingeſchraͤnkten Auge machten, das jedem, der es ſah,</l><lb/><l><hirendition="#et">gefiel.</hi></l></lg><lb/><lgn="10"><l>Die Lage dieſes Orts vergnuͤgte mich ſo ſehr,</l><lb/><l>Und zwar daher um deſtomehr,</l><lb/><l>Als ich, da rings herum das ganze Land</l><lb/><l>Sonſt lauter Moor, ich doch auf einer nahen Stelle</l><lb/><l>Die ſchoͤnſte, reinſte, klarſte Quelle</l><lb/><l>Des allerſchoͤnſten Waſſers fand,</l><lb/><l>Die ich denn ins gevierte faſſen</l><lb/><l>Und ordentlich zum Brunnen machen laſſen,</l><lb/><l>So denn, ohn an die Huld des Schoͤpfers zu gedenken,</l><lb/><l>Der uͤberall die Erde weiß zu traͤnken,</l><lb/><l>Und Seinen Namen zu erhoͤhn,</l><lb/><l>Gott Lob! doch nicht geſchehn.</l><lb/><l>Wie ich, nach rein gemacht- und ausgeſchoͤpfter Quelle,</l><lb/><l>Dieſelbige ſich nun mit Sprudeln wieder zeigen,</l><lb/><l>Schnell in die Hoͤhe ſichtlich ſteigen,</l><lb/><l>Den ihr gemachten Kaſten fuͤllen,</l><lb/><l>Aus der ihr angewieſ’nen Oeffnung quillen,</l><lb/><l>Sich, wie ſie voll, aus ihrer Rinn’ ergieſſen,</l><lb/><l>Und ſie zum erſtenmahl ſah’ uͤberflieſſen;</l><lb/><l>So fehlet’ es nicht viel, ich haͤtt’ auch ein paar Zaͤhren</l><lb/><l>Aus meiner Augen ſchon damit erfuͤllten Roͤhren</l><lb/><l>Zugleich, vor Luſt, mit uͤberflieſſen laſſen.</l><lb/><l>Jch fing den neuen Lauf des Waſſers an</l><lb/><l>Mit dieſem Wunſche zu begleiten:</l><lb/><l>„Rinn’, angenehmer Bach, fuͤr Jedermann,</l><lb/><l>„Der deiner braucht, bis in die ſpaͤte Zeiten!</l></lg><lb/><fwplace="bottom"type="sig">E 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">„Ach</fw><lb/></lg></div></div></div></body></text></TEI>
[71/0089]
Der neue Wald.
Die beyde, durch den Gegenſatz, ein holdes Licht und Schat-
ten-Spiel
Dem eingeſchraͤnkten Auge machten, das jedem, der es ſah,
gefiel.
Die Lage dieſes Orts vergnuͤgte mich ſo ſehr,
Und zwar daher um deſtomehr,
Als ich, da rings herum das ganze Land
Sonſt lauter Moor, ich doch auf einer nahen Stelle
Die ſchoͤnſte, reinſte, klarſte Quelle
Des allerſchoͤnſten Waſſers fand,
Die ich denn ins gevierte faſſen
Und ordentlich zum Brunnen machen laſſen,
So denn, ohn an die Huld des Schoͤpfers zu gedenken,
Der uͤberall die Erde weiß zu traͤnken,
Und Seinen Namen zu erhoͤhn,
Gott Lob! doch nicht geſchehn.
Wie ich, nach rein gemacht- und ausgeſchoͤpfter Quelle,
Dieſelbige ſich nun mit Sprudeln wieder zeigen,
Schnell in die Hoͤhe ſichtlich ſteigen,
Den ihr gemachten Kaſten fuͤllen,
Aus der ihr angewieſ’nen Oeffnung quillen,
Sich, wie ſie voll, aus ihrer Rinn’ ergieſſen,
Und ſie zum erſtenmahl ſah’ uͤberflieſſen;
So fehlet’ es nicht viel, ich haͤtt’ auch ein paar Zaͤhren
Aus meiner Augen ſchon damit erfuͤllten Roͤhren
Zugleich, vor Luſt, mit uͤberflieſſen laſſen.
Jch fing den neuen Lauf des Waſſers an
Mit dieſem Wunſche zu begleiten:
„Rinn’, angenehmer Bach, fuͤr Jedermann,
„Der deiner braucht, bis in die ſpaͤte Zeiten!
„Ach
E 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/89>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.