Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite
nebst der Beantwortung.
Aus Gram, aus Jammer, Plag' und Quaal, die sein ver-
dunkelt Feur belebet.
Da denn die Larven Schaar zwar andre, doch ihn am aller-
meisten kränkt.
Besinne dich, geliebter N. erkenne, daß du krank, und
schliesse:
Daß ein Gelbsüchtiger von Farben zu sprechen sich enthalten
müsse.
Du bist entweder würklich krank, wo nicht, so ist es alle
Welt,
Als deren Meynung sich gerade der deinigen entgegen stellt.
Du melancholisches Geschöpfe sprichst selber deinem
Schöpfer Hohn,
Der dir sowohl, als allen, hie Sich Selbst in Seinen Wer-
ken wiese.
Du hast von deiner bittern Mühe doch einen gar betrüb-
ten Lohn.
Du baust, mit arbeitsamer Hand, recht sinnreich in dem
Paradiese
Dir selber eine eigne Hölle. Denn wenn mans nur erwegt;
so ließ
Des Schöpfers Huld uns auf der Erde annoch ein würklichs
Paradies.
Denn alle Dinge, die uns dort von Edens Lust-Revier
beschrieben,
Sind auf der Erden noch befindlich. Gras, Kraut und
Bluhmen sind geblieben,
Wir haben Frucht- und andre Bäume, wir haben Gärten,
fette Felder,
Bewachsne Berge, kühle Thäler, Fisch-reiche Flüsse, Büsch'
und Wälder,
Uns
nebſt der Beantwortung.
Aus Gram, aus Jammer, Plag’ und Quaal, die ſein ver-
dunkelt Feur belebet.
Da denn die Larven Schaar zwar andre, doch ihn am aller-
meiſten kraͤnkt.
Beſinne dich, geliebter N. erkenne, daß du krank, und
ſchlieſſe:
Daß ein Gelbſuͤchtiger von Farben zu ſprechen ſich enthalten
muͤſſe.
Du biſt entweder wuͤrklich krank, wo nicht, ſo iſt es alle
Welt,
Als deren Meynung ſich gerade der deinigen entgegen ſtellt.
Du melancholiſches Geſchoͤpfe ſprichſt ſelber deinem
Schoͤpfer Hohn,
Der dir ſowohl, als allen, hie Sich Selbſt in Seinen Wer-
ken wieſe.
Du haſt von deiner bittern Muͤhe doch einen gar betruͤb-
ten Lohn.
Du bauſt, mit arbeitſamer Hand, recht ſinnreich in dem
Paradieſe
Dir ſelber eine eigne Hoͤlle. Denn wenn mans nur erwegt;
ſo ließ
Des Schoͤpfers Huld uns auf der Erde annoch ein wuͤrklichs
Paradies.
Denn alle Dinge, die uns dort von Edens Luſt-Revier
beſchrieben,
Sind auf der Erden noch befindlich. Gras, Kraut und
Bluhmen ſind geblieben,
Wir haben Frucht- und andre Baͤume, wir haben Gaͤrten,
fette Felder,
Bewachſne Berge, kuͤhle Thaͤler, Fiſch-reiche Fluͤſſe, Buͤſch’
und Waͤlder,
Uns
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <lg type="poem">
                <pb facs="#f0753" n="735"/>
                <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">neb&#x017F;t der Beantwortung.</hi> </fw><lb/>
                <lg n="8">
                  <l>Aus Gram, aus Jammer, Plag&#x2019; und Quaal, die &#x017F;ein ver-</l><lb/>
                  <l> <hi rendition="#et">dunkelt Feur belebet.</hi> </l><lb/>
                  <l>Da denn die Larven Schaar zwar andre, doch ihn am aller-</l><lb/>
                  <l> <hi rendition="#et">mei&#x017F;ten kra&#x0364;nkt.</hi> </l><lb/>
                  <l>Be&#x017F;inne dich, geliebter <hi rendition="#aq">N.</hi> erkenne, daß du krank, und</l><lb/>
                  <l> <hi rendition="#et">&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;e:</hi> </l><lb/>
                  <l>Daß ein Gelb&#x017F;u&#x0364;chtiger von Farben zu &#x017F;prechen &#x017F;ich enthalten</l><lb/>
                  <l> <hi rendition="#et">mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e.</hi> </l><lb/>
                  <l>Du bi&#x017F;t entweder wu&#x0364;rklich krank, wo nicht, &#x017F;o i&#x017F;t es alle</l><lb/>
                  <l> <hi rendition="#et">Welt,</hi> </l><lb/>
                  <l>Als deren Meynung &#x017F;ich gerade der deinigen entgegen &#x017F;tellt.</l>
                </lg><lb/>
                <lg n="9">
                  <l>Du melancholi&#x017F;ches Ge&#x017F;cho&#x0364;pfe &#x017F;prich&#x017F;t &#x017F;elber deinem</l><lb/>
                  <l> <hi rendition="#et">Scho&#x0364;pfer Hohn,</hi> </l><lb/>
                  <l>Der dir &#x017F;owohl, als allen, hie Sich Selb&#x017F;t in Seinen Wer-</l><lb/>
                  <l> <hi rendition="#et">ken wie&#x017F;e.</hi> </l><lb/>
                  <l>Du ha&#x017F;t von deiner bittern Mu&#x0364;he doch einen gar betru&#x0364;b-</l><lb/>
                  <l> <hi rendition="#et">ten Lohn.</hi> </l><lb/>
                  <l>Du bau&#x017F;t, mit arbeit&#x017F;amer Hand, recht &#x017F;innreich in dem</l><lb/>
                  <l> <hi rendition="#et">Paradie&#x017F;e</hi> </l><lb/>
                  <l>Dir &#x017F;elber eine eigne Ho&#x0364;lle. Denn wenn mans nur erwegt;</l><lb/>
                  <l> <hi rendition="#et">&#x017F;o ließ</hi> </l><lb/>
                  <l>Des Scho&#x0364;pfers Huld uns auf der Erde annoch ein wu&#x0364;rklichs</l><lb/>
                  <l> <hi rendition="#et">Paradies.</hi> </l><lb/>
                  <l>Denn alle Dinge, die uns dort von Edens Lu&#x017F;t-Revier</l><lb/>
                  <l> <hi rendition="#et">be&#x017F;chrieben,</hi> </l><lb/>
                  <l>Sind auf der Erden noch befindlich. Gras, Kraut und</l><lb/>
                  <l> <hi rendition="#et">Bluhmen &#x017F;ind geblieben,</hi> </l><lb/>
                  <l>Wir haben Frucht- und andre Ba&#x0364;ume, wir haben Ga&#x0364;rten,</l><lb/>
                  <l> <hi rendition="#et">fette Felder,</hi> </l><lb/>
                  <l>Bewach&#x017F;ne Berge, ku&#x0364;hle Tha&#x0364;ler, Fi&#x017F;ch-reiche Flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, Bu&#x0364;&#x017F;ch&#x2019;</l><lb/>
                  <l> <hi rendition="#et">und Wa&#x0364;lder,</hi> </l>
                </lg><lb/>
                <fw place="bottom" type="catch">Uns</fw><lb/>
              </lg>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[735/0753] nebſt der Beantwortung. Aus Gram, aus Jammer, Plag’ und Quaal, die ſein ver- dunkelt Feur belebet. Da denn die Larven Schaar zwar andre, doch ihn am aller- meiſten kraͤnkt. Beſinne dich, geliebter N. erkenne, daß du krank, und ſchlieſſe: Daß ein Gelbſuͤchtiger von Farben zu ſprechen ſich enthalten muͤſſe. Du biſt entweder wuͤrklich krank, wo nicht, ſo iſt es alle Welt, Als deren Meynung ſich gerade der deinigen entgegen ſtellt. Du melancholiſches Geſchoͤpfe ſprichſt ſelber deinem Schoͤpfer Hohn, Der dir ſowohl, als allen, hie Sich Selbſt in Seinen Wer- ken wieſe. Du haſt von deiner bittern Muͤhe doch einen gar betruͤb- ten Lohn. Du bauſt, mit arbeitſamer Hand, recht ſinnreich in dem Paradieſe Dir ſelber eine eigne Hoͤlle. Denn wenn mans nur erwegt; ſo ließ Des Schoͤpfers Huld uns auf der Erde annoch ein wuͤrklichs Paradies. Denn alle Dinge, die uns dort von Edens Luſt-Revier beſchrieben, Sind auf der Erden noch befindlich. Gras, Kraut und Bluhmen ſind geblieben, Wir haben Frucht- und andre Baͤume, wir haben Gaͤrten, fette Felder, Bewachſne Berge, kuͤhle Thaͤler, Fiſch-reiche Fluͤſſe, Buͤſch’ und Waͤlder, Uns

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/753
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 735. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/753>, abgerufen am 25.11.2024.