Nicht hier auf Erden nöhtig sey, mit einigem Bedacht ergründen, Es mögte sich vielleicht für dich ein Trost in deiner Armuht finden. (Silv.) "Daß auf der Welt, nach ihrem Zustand, ein Unter- scheid wohl nöhtig sey, "Das weiß ich ja sowohl, als du. Von dem Beweisthum bist du frey. Allein dieß Wissen sättigt nicht. (Mirand.) Doch macht es auch nicht hungriger, Und da, bey deiner Dürftigkeit und deinem Leiden, GOtt der HErr Dir dennoch den Verstand gelassen, der ja von allen an- dern Gaben, Die wir von unsers Schöpfers Güte auf dieser Welt er- halten haben, Unstreitig ja die allerbeste; so wend' ihn denn auch dazu an, Daß er dir auch zum Besten diene, so wie er es wahr- haftig kann.
Komm, laß uns sehn, wie weit sie geht, und wo wir ihre Grenzen finden, So müssen wir das Licht des Glaubens in Demuht suchen anzuzünden. Erwege, da du selbst erkennest, daß Arm' und Reiche auf der Erden, Nach einer vor versehnen Ordnung, so nöhtig sind und müssen werden, Sie auch sich hier befinden müssen. Sprich nicht: Wenn ich es nur nicht wär. Denn jeder würde ja so sagen. Wo nehmest du doch einen her,
Der
Nuͤtzliche Betrachtung
Nicht hier auf Erden noͤhtig ſey, mit einigem Bedacht ergruͤnden, Es moͤgte ſich vielleicht fuͤr dich ein Troſt in deiner Armuht finden. (Silv.) “Daß auf der Welt, nach ihrem Zuſtand, ein Unter- ſcheid wohl noͤhtig ſey, „Das weiß ich ja ſowohl, als du. Von dem Beweisthum biſt du frey. Allein dieß Wiſſen ſaͤttigt nicht. (Mirand.) Doch macht es auch nicht hungriger, Und da, bey deiner Duͤrftigkeit und deinem Leiden, GOtt der HErr Dir dennoch den Verſtand gelaſſen, der ja von allen an- dern Gaben, Die wir von unſers Schoͤpfers Guͤte auf dieſer Welt er- halten haben, Unſtreitig ja die allerbeſte; ſo wend’ ihn denn auch dazu an, Daß er dir auch zum Beſten diene, ſo wie er es wahr- haftig kann.
Komm, laß uns ſehn, wie weit ſie geht, und wo wir ihre Grenzen finden, So muͤſſen wir das Licht des Glaubens in Demuht ſuchen anzuzuͤnden. Erwege, da du ſelbſt erkenneſt, daß Arm’ und Reiche auf der Erden, Nach einer vor verſehnen Ordnung, ſo noͤhtig ſind und muͤſſen werden, Sie auch ſich hier befinden muͤſſen. Sprich nicht: Wenn ich es nur nicht waͤr. Denn jeder wuͤrde ja ſo ſagen. Wo nehmeſt du doch einen her,
Der
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Nuͤtzliche Betrachtung
Nicht hier auf Erden noͤhtig ſey, mit einigem Bedacht
ergruͤnden,
Es moͤgte ſich vielleicht fuͤr dich ein Troſt in deiner Armuht
finden.
(Silv.) “Daß auf der Welt, nach ihrem Zuſtand, ein Unter-
ſcheid wohl noͤhtig ſey,
„Das weiß ich ja ſowohl, als du. Von dem Beweisthum
biſt du frey.
Allein dieß Wiſſen ſaͤttigt nicht. (Mirand.) Doch macht
es auch nicht hungriger,
Und da, bey deiner Duͤrftigkeit und deinem Leiden, GOtt
der HErr
Dir dennoch den Verſtand gelaſſen, der ja von allen an-
dern Gaben,
Die wir von unſers Schoͤpfers Guͤte auf dieſer Welt er-
halten haben,
Unſtreitig ja die allerbeſte; ſo wend’ ihn denn auch dazu
an,
Daß er dir auch zum Beſten diene, ſo wie er es wahr-
haftig kann.
Komm, laß uns ſehn, wie weit ſie geht, und wo wir
ihre Grenzen finden,
So muͤſſen wir das Licht des Glaubens in Demuht ſuchen
anzuzuͤnden.
Erwege, da du ſelbſt erkenneſt, daß Arm’ und Reiche auf
der Erden,
Nach einer vor verſehnen Ordnung, ſo noͤhtig ſind und
muͤſſen werden,
Sie auch ſich hier befinden muͤſſen. Sprich nicht: Wenn
ich es nur nicht waͤr.
Denn jeder wuͤrde ja ſo ſagen. Wo nehmeſt du doch einen
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 712. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/730>, abgerufen am 22.11.2024.
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