Zu viele und zu wenige Bestrafung einiger vermeynten und anderer nicht dafür gehaltener Laster.
Wie ich schon oftermahls erwogen, Daß auch von ganz gleichgült'gen Sachen Wir, leider! öfters Laster machen, Und daß oft gar zur Sünde wird gezogen, Was niemahls Sünde war; So find ich dieß hingegen, Daß wir das, welches offenbar Zur Sünden-Liste hinzurechnen, meist ganz zu übergehen pflegen. Zum Beyspiel: wenn man Thiere quälet, Mit vielen Martern sie entseelet, Sie, ohne Nutz, zum Zeit-Vertreibe plagt, Und sie beschwehrt mit Schmerz und Pein, Da doch die Schrift uns nicht nur deutlich sagt Vom Seufzen der Geschöpf, da die Vernunft so gar [U]ns überzeuglich lehrt, und zeigt uns Sonnen-klar, Daß sie sowohl, als wir, Geschöpfe GOttes seyn, Daß man in ihnen auch den Schöpfer ehrt, Daß sie, Betrachtungs-wehrte Gaben, Die unserer Bewundrung wehrt, Von GOtt, in reicher Maaß, empfangen haben, Daß, ob sie uns gleich unterworfen worden [z]um Nutzen, zur Bequemlichkeit,
Wir
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Zu viele und zu wenige Beſtrafung einiger vermeynten und anderer nicht dafuͤr gehaltener Laſter.
Wie ich ſchon oftermahls erwogen, Daß auch von ganz gleichguͤlt’gen Sachen Wir, leider! oͤfters Laſter machen, Und daß oft gar zur Suͤnde wird gezogen, Was niemahls Suͤnde war; So find ich dieß hingegen, Daß wir das, welches offenbar Zur Suͤnden-Liſte hinzurechnen, meiſt ganz zu uͤbergehen pflegen. Zum Beyſpiel: wenn man Thiere quaͤlet, Mit vielen Martern ſie entſeelet, Sie, ohne Nutz, zum Zeit-Vertreibe plagt, Und ſie beſchwehrt mit Schmerz und Pein, Da doch die Schrift uns nicht nur deutlich ſagt Vom Seufzen der Geſchoͤpf, da die Vernunft ſo gar [U]ns uͤberzeuglich lehrt, und zeigt uns Sonnen-klar, Daß ſie ſowohl, als wir, Geſchoͤpfe GOttes ſeyn, Daß man in ihnen auch den Schoͤpfer ehrt, Daß ſie, Betrachtungs-wehrte Gaben, Die unſerer Bewundrung wehrt, Von GOtt, in reicher Maaß, empfangen haben, Daß, ob ſie uns gleich unterworfen worden [z]um Nutzen, zur Bequemlichkeit,
Wir
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[691/0709]
Zu viele und zu wenige
Beſtrafung
einiger vermeynten und anderer nicht
dafuͤr gehaltener Laſter.
Wie ich ſchon oftermahls erwogen,
Daß auch von ganz gleichguͤlt’gen Sachen
Wir, leider! oͤfters Laſter machen,
Und daß oft gar zur Suͤnde wird gezogen,
Was niemahls Suͤnde war;
So find ich dieß hingegen,
Daß wir das, welches offenbar
Zur Suͤnden-Liſte hinzurechnen, meiſt ganz zu uͤbergehen
pflegen.
Zum Beyſpiel: wenn man Thiere quaͤlet,
Mit vielen Martern ſie entſeelet,
Sie, ohne Nutz, zum Zeit-Vertreibe plagt,
Und ſie beſchwehrt mit Schmerz und Pein,
Da doch die Schrift uns nicht nur deutlich ſagt
Vom Seufzen der Geſchoͤpf, da die Vernunft ſo gar
Uns uͤberzeuglich lehrt, und zeigt uns Sonnen-klar,
Daß ſie ſowohl, als wir, Geſchoͤpfe GOttes ſeyn,
Daß man in ihnen auch den Schoͤpfer ehrt,
Daß ſie, Betrachtungs-wehrte Gaben,
Die unſerer Bewundrung wehrt,
Von GOtt, in reicher Maaß, empfangen haben,
Daß, ob ſie uns gleich unterworfen worden
zum Nutzen, zur Bequemlichkeit,
Wir
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 691. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/709>, abgerufen am 03.12.2024.
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