Bald lacht ihn freundlich an Das wankelhafte Glück; Bald gibt es unverhoft Jhm lauter saure Blick.
So bet' ich billig GOttes Ordnung, in dieser fremden Ordnung, an, Und denke, mit gedämpftem Witz: Was GOtt thut, das ist wohl gethan. Doch fällt mir ein betrübt Betragen der Menschen, bey dem Zustand, bey, Worüber, wie so unvernünftig der größte Theil der Mensch- heit sey, Ein Mensch, der es mit Ernst erwegt, sich nimmer gnug verwundern kann. Da er in seiner Lebens-Zeit sich hier auf einer Welt befindet, Worauf, wie es unwidersprechlich, oft Glück mit Unglück sich verbindet, Und er, durch Denken bloß allein, die Dinge sich zu eigen macht; So ist er doch fast nimmermehr aufs Gute, das er hat, bedacht. Er denket tausend mahl so viel auf das, so ihn betrübt und kränkt, Als er an das so vieles Gute, was er besitzet, nie gedenkt. So lang er etwas Gutes sucht, verlangt und wünscht, als Geld und Ehr', So hat ers nicht. Erlangt er es; so hat er es so gleich nicht mehr, Weil er sich nicht bequehmen will, sein ihm allein gehörigs Denken, Auf das von ihm beseßne Gut, sein zu geniessen, hinzulenken.
Er
Ungluͤckſelige Folge der Unachtſamkeit.
Bald lacht ihn freundlich an Das wankelhafte Gluͤck; Bald gibt es unverhoft Jhm lauter ſaure Blick.
So bet’ ich billig GOttes Ordnung, in dieſer fremden Ordnung, an, Und denke, mit gedaͤmpftem Witz: Was GOtt thut, das iſt wohl gethan. Doch faͤllt mir ein betruͤbt Betragen der Menſchen, bey dem Zuſtand, bey, Woruͤber, wie ſo unvernuͤnftig der groͤßte Theil der Menſch- heit ſey, Ein Menſch, der es mit Ernſt erwegt, ſich nimmer gnug verwundern kann. Da er in ſeiner Lebens-Zeit ſich hier auf einer Welt befindet, Worauf, wie es unwiderſprechlich, oft Gluͤck mit Ungluͤck ſich verbindet, Und er, durch Denken bloß allein, die Dinge ſich zu eigen macht; So iſt er doch faſt nimmermehr aufs Gute, das er hat, bedacht. Er denket tauſend mahl ſo viel auf das, ſo ihn betruͤbt und kraͤnkt, Als er an das ſo vieles Gute, was er beſitzet, nie gedenkt. So lang er etwas Gutes ſucht, verlangt und wuͤnſcht, als Geld und Ehr’, So hat ers nicht. Erlangt er es; ſo hat er es ſo gleich nicht mehr, Weil er ſich nicht bequehmen will, ſein ihm allein gehoͤrigs Denken, Auf das von ihm beſeßne Gut, ſein zu genieſſen, hinzulenken.
Er
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Ungluͤckſelige Folge der Unachtſamkeit.
Bald lacht ihn freundlich an
Das wankelhafte Gluͤck;
Bald gibt es unverhoft
Jhm lauter ſaure Blick.
So bet’ ich billig GOttes Ordnung, in dieſer fremden
Ordnung, an,
Und denke, mit gedaͤmpftem Witz: Was GOtt thut, das
iſt wohl gethan.
Doch faͤllt mir ein betruͤbt Betragen der Menſchen, bey
dem Zuſtand, bey,
Woruͤber, wie ſo unvernuͤnftig der groͤßte Theil der Menſch-
heit ſey,
Ein Menſch, der es mit Ernſt erwegt, ſich nimmer gnug
verwundern kann.
Da er in ſeiner Lebens-Zeit ſich hier auf einer Welt befindet,
Worauf, wie es unwiderſprechlich, oft Gluͤck mit Ungluͤck
ſich verbindet,
Und er, durch Denken bloß allein, die Dinge ſich zu eigen
macht;
So iſt er doch faſt nimmermehr aufs Gute, das er hat,
bedacht.
Er denket tauſend mahl ſo viel auf das, ſo ihn betruͤbt
und kraͤnkt,
Als er an das ſo vieles Gute, was er beſitzet, nie gedenkt.
So lang er etwas Gutes ſucht, verlangt und wuͤnſcht,
als Geld und Ehr’,
So hat ers nicht. Erlangt er es; ſo hat er es ſo gleich nicht
mehr,
Weil er ſich nicht bequehmen will, ſein ihm allein gehoͤrigs
Denken,
Auf das von ihm beſeßne Gut, ſein zu genieſſen, hinzulenken.
Er
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 669. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/687>, abgerufen am 22.11.2024.
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