Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite
Frühlings-Gedicht.
Ein Weiser, welcher um sich her des Geistes forschend
Auge schicket,
Sieht allenthalben Sein Regieren, sieht Wunder überall
geschehn.
Zumahlen zeiget Seine Lieb' und Huld der gute GOtt
in dir
Und deinen Scenen, holder Frühling! da Wasser, Erd
und Luft uns hier
Von Seiner Güte Zeugniß geben, die einen Trieb voll
Süßigkeit,
Zu einer fest bestimmten Zeit,
Jn alle Thiere flößt und präget, und jährlich ihr nicht witzig
Herz,
Jn eine sanfte Fülle schmelzt von Zärtlichkeit, für Lust und
Scherz.
Lob sey Dir, allgemeine Seele des Himmels und der Erde!
Wesen,
Das mächtig und allgegenwärtig, nur Dir sey Ehre, Lob
und Preis!
Dir beug ich meine Knie, Dich hab' ich mir zum Gegenwurf
erlesen,
Wohin mein Denken geht und steigt. Nur bloß Dein Mei-
ster-Finger weiß
Dieß grosse Ganze zu formiren in solcher Vollenkommen-
heit.
Durch Dich ziehn alle Zweig' und Kräuter, gehüllet in ein
Blätter-Kleid,
Bedeckt von löcheriger Haut, die Himmels-Luft, und trinken
Thau.
Durch Dich stehn, als in Hochzeit-Betten, die Pflanzen in
der Erden Bau.
Es
7 Theil. D
Fruͤhlings-Gedicht.
Ein Weiſer, welcher um ſich her des Geiſtes forſchend
Auge ſchicket,
Sieht allenthalben Sein Regieren, ſieht Wunder uͤberall
geſchehn.
Zumahlen zeiget Seine Lieb’ und Huld der gute GOtt
in dir
Und deinen Scenen, holder Fruͤhling! da Waſſer, Erd
und Luft uns hier
Von Seiner Guͤte Zeugniß geben, die einen Trieb voll
Suͤßigkeit,
Zu einer feſt beſtimmten Zeit,
Jn alle Thiere floͤßt und praͤget, und jaͤhrlich ihr nicht witzig
Herz,
Jn eine ſanfte Fuͤlle ſchmelzt von Zaͤrtlichkeit, fuͤr Luſt und
Scherz.
Lob ſey Dir, allgemeine Seele des Himmels und der Erde!
Weſen,
Das maͤchtig und allgegenwaͤrtig, nur Dir ſey Ehre, Lob
und Preis!
Dir beug ich meine Knie, Dich hab’ ich mir zum Gegenwurf
erleſen,
Wohin mein Denken geht und ſteigt. Nur bloß Dein Mei-
ſter-Finger weiß
Dieß groſſe Ganze zu formiren in ſolcher Vollenkommen-
heit.
Durch Dich ziehn alle Zweig’ und Kraͤuter, gehuͤllet in ein
Blaͤtter-Kleid,
Bedeckt von loͤcheriger Haut, die Himmels-Luft, und trinken
Thau.
Durch Dich ſtehn, als in Hochzeit-Betten, die Pflanzen in
der Erden Bau.
Es
7 Theil. D
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0067" n="49"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Fru&#x0364;hlings-Gedicht.</hi> </fw><lb/>
              <lg n="29">
                <l>Ein Wei&#x017F;er, welcher um &#x017F;ich her des Gei&#x017F;tes for&#x017F;chend</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Auge &#x017F;chicket,</hi> </l><lb/>
                <l>Sieht allenthalben Sein Regieren, &#x017F;ieht Wunder u&#x0364;berall</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">ge&#x017F;chehn.</hi> </l><lb/>
                <l>Zumahlen zeiget Seine Lieb&#x2019; und Huld der gute GOtt</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">in dir</hi> </l><lb/>
                <l>Und deinen Scenen, <hi rendition="#fr">holder Fru&#x0364;hling!</hi> da Wa&#x017F;&#x017F;er, Erd</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">und Luft uns hier</hi> </l><lb/>
                <l>Von Seiner Gu&#x0364;te Zeugniß geben, die einen Trieb voll</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Su&#x0364;ßigkeit,</hi> </l><lb/>
                <l>Zu einer fe&#x017F;t be&#x017F;timmten Zeit,</l><lb/>
                <l>Jn alle Thiere flo&#x0364;ßt und pra&#x0364;get, und ja&#x0364;hrlich ihr nicht witzig</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Herz,</hi> </l><lb/>
                <l>Jn eine &#x017F;anfte Fu&#x0364;lle &#x017F;chmelzt von Za&#x0364;rtlichkeit, fu&#x0364;r Lu&#x017F;t und</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Scherz.</hi> </l>
              </lg><lb/>
              <lg n="30">
                <l>Lob &#x017F;ey Dir, allgemeine Seele des Himmels und der Erde!</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">We&#x017F;en,</hi> </l><lb/>
                <l>Das ma&#x0364;chtig und allgegenwa&#x0364;rtig, nur Dir &#x017F;ey Ehre, Lob</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">und Preis!</hi> </l><lb/>
                <l>Dir beug ich meine Knie, Dich hab&#x2019; ich mir zum Gegenwurf</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">erle&#x017F;en,</hi> </l><lb/>
                <l>Wohin mein Denken geht und &#x017F;teigt. Nur bloß Dein Mei-</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">&#x017F;ter-Finger weiß</hi> </l><lb/>
                <l>Dieß gro&#x017F;&#x017F;e Ganze zu formiren in &#x017F;olcher Vollenkommen-</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">heit.</hi> </l><lb/>
                <l>Durch Dich ziehn alle Zweig&#x2019; und Kra&#x0364;uter, gehu&#x0364;llet in ein</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Bla&#x0364;tter-Kleid,</hi> </l><lb/>
                <l>Bedeckt von lo&#x0364;cheriger Haut, die Himmels-Luft, und trinken</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Thau.</hi> </l><lb/>
                <l>Durch Dich &#x017F;tehn, als in Hochzeit-Betten, die Pflanzen in</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">der Erden Bau.</hi> </l>
              </lg><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig">7 <hi rendition="#fr">Theil.</hi> D</fw>
              <fw place="bottom" type="catch">Es</fw><lb/>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[49/0067] Fruͤhlings-Gedicht. Ein Weiſer, welcher um ſich her des Geiſtes forſchend Auge ſchicket, Sieht allenthalben Sein Regieren, ſieht Wunder uͤberall geſchehn. Zumahlen zeiget Seine Lieb’ und Huld der gute GOtt in dir Und deinen Scenen, holder Fruͤhling! da Waſſer, Erd und Luft uns hier Von Seiner Guͤte Zeugniß geben, die einen Trieb voll Suͤßigkeit, Zu einer feſt beſtimmten Zeit, Jn alle Thiere floͤßt und praͤget, und jaͤhrlich ihr nicht witzig Herz, Jn eine ſanfte Fuͤlle ſchmelzt von Zaͤrtlichkeit, fuͤr Luſt und Scherz. Lob ſey Dir, allgemeine Seele des Himmels und der Erde! Weſen, Das maͤchtig und allgegenwaͤrtig, nur Dir ſey Ehre, Lob und Preis! Dir beug ich meine Knie, Dich hab’ ich mir zum Gegenwurf erleſen, Wohin mein Denken geht und ſteigt. Nur bloß Dein Mei- ſter-Finger weiß Dieß groſſe Ganze zu formiren in ſolcher Vollenkommen- heit. Durch Dich ziehn alle Zweig’ und Kraͤuter, gehuͤllet in ein Blaͤtter-Kleid, Bedeckt von loͤcheriger Haut, die Himmels-Luft, und trinken Thau. Durch Dich ſtehn, als in Hochzeit-Betten, die Pflanzen in der Erden Bau. Es 7 Theil. D

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/67
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/67>, abgerufen am 22.11.2024.