Wie ist doch der betrübte Winter von einer gar zu langen Dauer, Kein Laub, kein Blättgen zeiget sich, kein Kraut, kein Gräs- gen bricht herfür! Wo ist das schöne grüne Feld? Wo der beblühmten Gärten Zier? Bleibt unsre Mutter heuer denn in unveränderlicher Trauer? Verändert sich denn die Natur? Führt uns der Winter nicht zum Lenzen? Kömmt keine Wärme nach dem Frost? Der sonst beblühmte Monat May Hat keine Bluhmen, kennt kein Grün, und ist dennoch schon halb vorbey. Des alten Grases welker Wust deckt, wie ein schmutzigs blasses Heu, Die sonst so lieblichen Gefilde, wo Bluhmen, Klee und Kräuter glänzen.
Jst gleich das Wasser aufgethaut, so scheint die Luft an- noch gefroren, Sie füllt ein Heer von kalten Theilen, das uns mit stren- ger Schärfe preßt, Und fast kein Kraut aus harter Erde, kein Blatt aus seiner Knospe läßt. Ein lauer Regen sprüet nirgend, früh wird für uns kein Thau gebohren,
Das
S s 5
Klaͤgliche Folgen des ſtrengen Winters 1740.
Wie iſt doch der betruͤbte Winter von einer gar zu langen Dauer, Kein Laub, kein Blaͤttgen zeiget ſich, kein Kraut, kein Graͤs- gen bricht herfuͤr! Wo iſt das ſchoͤne gruͤne Feld? Wo der bebluͤhmten Gaͤrten Zier? Bleibt unſre Mutter heuer denn in unveraͤnderlicher Trauer? Veraͤndert ſich denn die Natur? Fuͤhrt uns der Winter nicht zum Lenzen? Koͤmmt keine Waͤrme nach dem Froſt? Der ſonſt bebluͤhmte Monat May Hat keine Bluhmen, kennt kein Gruͤn, und iſt dennoch ſchon halb vorbey. Des alten Graſes welker Wuſt deckt, wie ein ſchmutzigs blaſſes Heu, Die ſonſt ſo lieblichen Gefilde, wo Bluhmen, Klee und Kraͤuter glaͤnzen.
Jſt gleich das Waſſer aufgethaut, ſo ſcheint die Luft an- noch gefroren, Sie fuͤllt ein Heer von kalten Theilen, das uns mit ſtren- ger Schaͤrfe preßt, Und faſt kein Kraut aus harter Erde, kein Blatt aus ſeiner Knospe laͤßt. Ein lauer Regen ſpruͤet nirgend, fruͤh wird fuͤr uns kein Thau gebohren,
Das
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Klaͤgliche Folgen des ſtrengen
Winters 1740.
Wie iſt doch der betruͤbte Winter von einer gar zu langen
Dauer,
Kein Laub, kein Blaͤttgen zeiget ſich, kein Kraut, kein Graͤs-
gen bricht herfuͤr!
Wo iſt das ſchoͤne gruͤne Feld? Wo der bebluͤhmten Gaͤrten
Zier?
Bleibt unſre Mutter heuer denn in unveraͤnderlicher
Trauer?
Veraͤndert ſich denn die Natur? Fuͤhrt uns der Winter
nicht zum Lenzen?
Koͤmmt keine Waͤrme nach dem Froſt? Der ſonſt bebluͤhmte
Monat May
Hat keine Bluhmen, kennt kein Gruͤn, und iſt dennoch ſchon
halb vorbey.
Des alten Graſes welker Wuſt deckt, wie ein ſchmutzigs
blaſſes Heu,
Die ſonſt ſo lieblichen Gefilde, wo Bluhmen, Klee und
Kraͤuter glaͤnzen.
Jſt gleich das Waſſer aufgethaut, ſo ſcheint die Luft an-
noch gefroren,
Sie fuͤllt ein Heer von kalten Theilen, das uns mit ſtren-
ger Schaͤrfe preßt,
Und faſt kein Kraut aus harter Erde, kein Blatt aus ſeiner
Knospe laͤßt.
Ein lauer Regen ſpruͤet nirgend, fruͤh wird fuͤr uns
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 649. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/667>, abgerufen am 22.11.2024.
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