Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite
Winter-Gedanken.
Seht, wie auch zur Winter-Zeit,
Selbst wenns frieret, reift und schneit,
Auf der hell-bestrahlten Welt
Manche Lust und Lieblichkeit
Unsern Blicken vorgestellt!
Ja es kann der Schmuck der Erden,
Wenn man mit Vernunft ihn spührt,
Und er Blick und Herze rührt,
Unsrer Andacht Vorwurf werden.
Auch vom Schnee die kleinsten Blitze,
Wenn auf sie die Sonne strahlt,
Und mit Glanz und Gluht sie mahlt,
Sind uns zur Erbauung nütze.
Denn da von der Sonnen Schein
Sie nur kleine Spiegel seyn;
Deucht mich, daß ihr reines Licht
Durch sein Glänzen gleichsam spricht:
Da ich dir die Sonne zeige;
So ergetz dich. Aber steige,
Mit dadurch gerührtem Sinn,
Von mir zu dem Urbild hin,
Und laß seinen Strahl dich rühren.
Dann wird dich desselben Zier,
So wie dich zu ihm von mir,
Auch von ihm, zum Schöpfer führen,
Und
Q q 5
Winter-Gedanken.
Seht, wie auch zur Winter-Zeit,
Selbſt wenns frieret, reift und ſchneit,
Auf der hell-beſtrahlten Welt
Manche Luſt und Lieblichkeit
Unſern Blicken vorgeſtellt!
Ja es kann der Schmuck der Erden,
Wenn man mit Vernunft ihn ſpuͤhrt,
Und er Blick und Herze ruͤhrt,
Unſrer Andacht Vorwurf werden.
Auch vom Schnee die kleinſten Blitze,
Wenn auf ſie die Sonne ſtrahlt,
Und mit Glanz und Gluht ſie mahlt,
Sind uns zur Erbauung nuͤtze.
Denn da von der Sonnen Schein
Sie nur kleine Spiegel ſeyn;
Deucht mich, daß ihr reines Licht
Durch ſein Glaͤnzen gleichſam ſpricht:
Da ich dir die Sonne zeige;
So ergetz dich. Aber ſteige,
Mit dadurch geruͤhrtem Sinn,
Von mir zu dem Urbild hin,
Und laß ſeinen Strahl dich ruͤhren.
Dann wird dich deſſelben Zier,
So wie dich zu ihm von mir,
Auch von ihm, zum Schoͤpfer fuͤhren,
Und
Q q 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0635" n="617"/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Winter-Gedanken.</hi> </head><lb/>
            <lg type="poem">
              <lg n="1">
                <l><hi rendition="#in">S</hi>eht, wie auch zur Winter-Zeit,</l><lb/>
                <l>Selb&#x017F;t wenns frieret, reift und &#x017F;chneit,</l><lb/>
                <l>Auf der hell-be&#x017F;trahlten Welt</l><lb/>
                <l>Manche Lu&#x017F;t und Lieblichkeit</l><lb/>
                <l>Un&#x017F;ern Blicken vorge&#x017F;tellt!</l><lb/>
                <l>Ja es kann der Schmuck der Erden,</l><lb/>
                <l>Wenn man mit Vernunft ihn &#x017F;pu&#x0364;hrt,</l><lb/>
                <l>Und er Blick und Herze ru&#x0364;hrt,</l><lb/>
                <l>Un&#x017F;rer Andacht Vorwurf werden.</l><lb/>
                <l>Auch vom Schnee die klein&#x017F;ten Blitze,</l><lb/>
                <l>Wenn auf &#x017F;ie die Sonne &#x017F;trahlt,</l><lb/>
                <l>Und mit Glanz und Gluht &#x017F;ie mahlt,</l><lb/>
                <l>Sind uns zur Erbauung nu&#x0364;tze.</l><lb/>
                <l>Denn da von der Sonnen Schein</l><lb/>
                <l>Sie nur kleine Spiegel &#x017F;eyn;</l><lb/>
                <l>Deucht mich, daß ihr reines Licht</l><lb/>
                <l>Durch &#x017F;ein Gla&#x0364;nzen gleich&#x017F;am &#x017F;pricht:</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="2">
                <l>Da ich dir die Sonne zeige;</l><lb/>
                <l>So ergetz dich. Aber &#x017F;teige,</l><lb/>
                <l>Mit dadurch geru&#x0364;hrtem Sinn,</l><lb/>
                <l>Von mir zu dem Urbild hin,</l><lb/>
                <l>Und laß &#x017F;einen Strahl dich ru&#x0364;hren.</l><lb/>
                <l>Dann wird dich de&#x017F;&#x017F;elben Zier,</l><lb/>
                <l>So wie dich zu ihm von mir,</l><lb/>
                <l>Auch von ihm, zum Scho&#x0364;pfer fu&#x0364;hren,</l>
              </lg><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig">Q q 5</fw>
              <fw place="bottom" type="catch">Und</fw><lb/>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[617/0635] Winter-Gedanken. Seht, wie auch zur Winter-Zeit, Selbſt wenns frieret, reift und ſchneit, Auf der hell-beſtrahlten Welt Manche Luſt und Lieblichkeit Unſern Blicken vorgeſtellt! Ja es kann der Schmuck der Erden, Wenn man mit Vernunft ihn ſpuͤhrt, Und er Blick und Herze ruͤhrt, Unſrer Andacht Vorwurf werden. Auch vom Schnee die kleinſten Blitze, Wenn auf ſie die Sonne ſtrahlt, Und mit Glanz und Gluht ſie mahlt, Sind uns zur Erbauung nuͤtze. Denn da von der Sonnen Schein Sie nur kleine Spiegel ſeyn; Deucht mich, daß ihr reines Licht Durch ſein Glaͤnzen gleichſam ſpricht: Da ich dir die Sonne zeige; So ergetz dich. Aber ſteige, Mit dadurch geruͤhrtem Sinn, Von mir zu dem Urbild hin, Und laß ſeinen Strahl dich ruͤhren. Dann wird dich deſſelben Zier, So wie dich zu ihm von mir, Auch von ihm, zum Schoͤpfer fuͤhren, Und Q q 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/635
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 617. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/635>, abgerufen am 03.12.2024.