Und da von dunkel-blauer Fluht Ein reger Strich, der nimmer ruht, Jm Durchbruch weisser Berge, schauen.
Hier ströhmten rege Felsen fort, Der Erden Fläche schien zu fliessen, Erhabne schroffe Berge liessen, Als sünken sie von ihrem Ort. Durchsicht'ge Hügel von Krystallen Sah man sanft hin und wieder wallen, Und wenn darauf die Sonne schien, Sah man dieselbe blitzen, glühn, Jm bunt- gefärbten Feur glimmen, Und, zu des Blicks Erstaunen, schwimmen. Es war das Bruch- und Schiefer-Eis So glänzend-hell, so rein, so weiß, Daß es dem schönsten Silber gliche. Wodurch es denn nicht anders ließ, Als wenn das, was vorüber schliche, Uns lauter fliessend Silber wies.
Dort sieht man ungeheure Schollen, Jn Wirbeln und in Strudeln, rollen, Wo sie, mit krachendem Getön, Hier sinken und sich dort erhöhn. Ein recht gewaltig-schwehrer Drang Preßt hier den sanft- und strengen Gang. Ein ernstes majestätisch Regen Schien alles, was man fern und nah, Theils angenehm, theils greßlich, sah, Jm stillen Zuge, zu bewegen.
Es schwamm mein reger Blick, und glitt Jn diesem strengen Zuge mit.
Jn-
Der Strand der Elbe im Winter 1740.
Und da von dunkel-blauer Fluht Ein reger Strich, der nimmer ruht, Jm Durchbruch weiſſer Berge, ſchauen.
Hier ſtroͤhmten rege Felſen fort, Der Erden Flaͤche ſchien zu flieſſen, Erhabne ſchroffe Berge lieſſen, Als ſuͤnken ſie von ihrem Ort. Durchſicht’ge Huͤgel von Kryſtallen Sah man ſanft hin und wieder wallen, Und wenn darauf die Sonne ſchien, Sah man dieſelbe blitzen, gluͤhn, Jm bunt- gefaͤrbten Feur glimmen, Und, zu des Blicks Erſtaunen, ſchwimmen. Es war das Bruch- und Schiefer-Eis So glaͤnzend-hell, ſo rein, ſo weiß, Daß es dem ſchoͤnſten Silber gliche. Wodurch es denn nicht anders ließ, Als wenn das, was voruͤber ſchliche, Uns lauter flieſſend Silber wies.
Dort ſieht man ungeheure Schollen, Jn Wirbeln und in Strudeln, rollen, Wo ſie, mit krachendem Getoͤn, Hier ſinken und ſich dort erhoͤhn. Ein recht gewaltig-ſchwehrer Drang Preßt hier den ſanft- und ſtrengen Gang. Ein ernſtes majeſtaͤtiſch Regen Schien alles, was man fern und nah, Theils angenehm, theils greßlich, ſah, Jm ſtillen Zuge, zu bewegen.
Es ſchwamm mein reger Blick, und glitt Jn dieſem ſtrengen Zuge mit.
Jn-
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Der Strand der Elbe im Winter 1740.
Und da von dunkel-blauer Fluht
Ein reger Strich, der nimmer ruht,
Jm Durchbruch weiſſer Berge, ſchauen.
Hier ſtroͤhmten rege Felſen fort,
Der Erden Flaͤche ſchien zu flieſſen,
Erhabne ſchroffe Berge lieſſen,
Als ſuͤnken ſie von ihrem Ort.
Durchſicht’ge Huͤgel von Kryſtallen
Sah man ſanft hin und wieder wallen,
Und wenn darauf die Sonne ſchien,
Sah man dieſelbe blitzen, gluͤhn,
Jm bunt- gefaͤrbten Feur glimmen,
Und, zu des Blicks Erſtaunen, ſchwimmen.
Es war das Bruch- und Schiefer-Eis
So glaͤnzend-hell, ſo rein, ſo weiß,
Daß es dem ſchoͤnſten Silber gliche.
Wodurch es denn nicht anders ließ,
Als wenn das, was voruͤber ſchliche,
Uns lauter flieſſend Silber wies.
Dort ſieht man ungeheure Schollen,
Jn Wirbeln und in Strudeln, rollen,
Wo ſie, mit krachendem Getoͤn,
Hier ſinken und ſich dort erhoͤhn.
Ein recht gewaltig-ſchwehrer Drang
Preßt hier den ſanft- und ſtrengen Gang.
Ein ernſtes majeſtaͤtiſch Regen
Schien alles, was man fern und nah,
Theils angenehm, theils greßlich, ſah,
Jm ſtillen Zuge, zu bewegen.
Es ſchwamm mein reger Blick, und glitt
Jn dieſem ſtrengen Zuge mit.
Jn-
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 605. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/623>, abgerufen am 22.11.2024.
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