Die Mannigfaltigkeit von so verschied'nen Zügen, Jn meiner Phantasey zu trennen und zu fügen, Giebt mir in Einsamkeit oft ein Vergnügen. Oft dienet ihrer Flüchtigkeit, Fast von den meisten ird'schen Dingen Mir ein Erwegen beyzubringen. Oft denk' ich selbst dabey an meine flücht'ge Zeit. Oft dient es mir, von meinem Leben Ein Bildniß selber abzugeben. Wie bald Wird, denk ich, (wie die Gluht) Das rege Feur in meinem Blut Erloschen, stille seyn und kalt! Wie bald werd' ich zu Staub und Erden, So, wie das Feur zu Asche, werden! Doch fühl' ich dadurch keinen Schrecken, Gott Lob! in mir erwecken. Jch nehme von den regen Flammen Vielmehr, Zu meinem Troste, diese Lehr: Wie sie, da sie von oben stammen, Auch wieder in die Höhe steigen, Und, ob sie gleich sich hier nicht zeigen, Sie, ihrem Wesen nach, doch nicht vergehn; Daß meine Seel', auf gleiche Weise, Nach ihrem Ausfluß, der von oben, Zu ihres grossen Ursprungs Preise, Auch, wie die rege Gluht, erhoben, Auf gleiche Weise sich erhöhn, Und nicht bedeckt von Asch und Erde, Verschlungen und vernichtigt werde.
Helle-
7 Theil. P p
des Feuers im Winter.
Die Mannigfaltigkeit von ſo verſchied’nen Zuͤgen, Jn meiner Phantaſey zu trennen und zu fuͤgen, Giebt mir in Einſamkeit oft ein Vergnuͤgen. Oft dienet ihrer Fluͤchtigkeit, Faſt von den meiſten ird’ſchen Dingen Mir ein Erwegen beyzubringen. Oft denk’ ich ſelbſt dabey an meine fluͤcht’ge Zeit. Oft dient es mir, von meinem Leben Ein Bildniß ſelber abzugeben. Wie bald Wird, denk ich, (wie die Gluht) Das rege Feur in meinem Blut Erloſchen, ſtille ſeyn und kalt! Wie bald werd’ ich zu Staub und Erden, So, wie das Feur zu Aſche, werden! Doch fuͤhl’ ich dadurch keinen Schrecken, Gott Lob! in mir erwecken. Jch nehme von den regen Flammen Vielmehr, Zu meinem Troſte, dieſe Lehr: Wie ſie, da ſie von oben ſtammen, Auch wieder in die Hoͤhe ſteigen, Und, ob ſie gleich ſich hier nicht zeigen, Sie, ihrem Weſen nach, doch nicht vergehn; Daß meine Seel’, auf gleiche Weiſe, Nach ihrem Ausfluß, der von oben, Zu ihres groſſen Urſprungs Preiſe, Auch, wie die rege Gluht, erhoben, Auf gleiche Weiſe ſich erhoͤhn, Und nicht bedeckt von Aſch und Erde, Verſchlungen und vernichtigt werde.
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[593/0611]
des Feuers im Winter.
Die Mannigfaltigkeit von ſo verſchied’nen Zuͤgen,
Jn meiner Phantaſey zu trennen und zu fuͤgen,
Giebt mir in Einſamkeit oft ein Vergnuͤgen.
Oft dienet ihrer Fluͤchtigkeit,
Faſt von den meiſten ird’ſchen Dingen
Mir ein Erwegen beyzubringen.
Oft denk’ ich ſelbſt dabey an meine fluͤcht’ge Zeit.
Oft dient es mir, von meinem Leben
Ein Bildniß ſelber abzugeben.
Wie bald
Wird, denk ich, (wie die Gluht)
Das rege Feur in meinem Blut
Erloſchen, ſtille ſeyn und kalt!
Wie bald werd’ ich zu Staub und Erden,
So, wie das Feur zu Aſche, werden!
Doch fuͤhl’ ich dadurch keinen Schrecken,
Gott Lob! in mir erwecken.
Jch nehme von den regen Flammen
Vielmehr,
Zu meinem Troſte, dieſe Lehr:
Wie ſie, da ſie von oben ſtammen,
Auch wieder in die Hoͤhe ſteigen,
Und, ob ſie gleich ſich hier nicht zeigen,
Sie, ihrem Weſen nach, doch nicht vergehn;
Daß meine Seel’, auf gleiche Weiſe,
Nach ihrem Ausfluß, der von oben,
Zu ihres groſſen Urſprungs Preiſe,
Auch, wie die rege Gluht, erhoben,
Auf gleiche Weiſe ſich erhoͤhn,
Und nicht bedeckt von Aſch und Erde,
Verſchlungen und vernichtigt werde.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 593. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/611>, abgerufen am 22.11.2024.
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