So bald ihr Bündniß nun gestiftet, sucht jedes Paar den dicken Wald, So, wie die Phantasey, die Nahrung und Lust sie reizt, zum Aufenthalt, Damit der grosse Zweck, die Absicht und das Gesetze der Natur Erfüllet werd', als welche ihnen so liebliche Empfindlich- keiten Nicht bloß umsonst verliehen hat. Verschiedne suchen auf der Flur, Verschiedne auf der Bäume Wipfeln, ihr künstlich Nestgen zu bereiten; Verschiedne sieht man ihre Zucht des rauen Dornstrauchs starren Klauen Zu ihrer Sicherheit vertrauen. Geborstne Stämme dienen oft zu ihrer Jungen Sicherheit. Der meisten Nahrung sind Jnsecten; aus Mooß ist meist ihr Nest bereit't. Verschiedne finden ihre Wohnung auf kleinen abgelegnen Hügeln; An Bächen, welche, durch ihr Murmeln, ihr Ohr vergnügen Tag und Nacht; An klaren Seen, worinn sich die Büsch' und ihrer Blätter Pracht, Jm holden Wiederschein, bespiegeln. Verschiedne wissen ihre Nester aus Haar, aus Mooß und andern Sachen An drey verbundnen Hälmchen Schilf besonders künstlich fest zu machen. Jtzt sieht man überall von ihnen ein fröhliches und emsigs Eilen, Und, von fast ungezählten Flügeln, an jedem Ort die Luft zertheilen.
Die
C 5
Fruͤhlings-Gedicht.
So bald ihr Buͤndniß nun geſtiftet, ſucht jedes Paar den dicken Wald, So, wie die Phantaſey, die Nahrung und Luſt ſie reizt, zum Aufenthalt, Damit der groſſe Zweck, die Abſicht und das Geſetze der Natur Erfuͤllet werd’, als welche ihnen ſo liebliche Empfindlich- keiten Nicht bloß umſonſt verliehen hat. Verſchiedne ſuchen auf der Flur, Verſchiedne auf der Baͤume Wipfeln, ihr kuͤnſtlich Neſtgen zu bereiten; Verſchiedne ſieht man ihre Zucht des rauen Dornſtrauchs ſtarren Klauen Zu ihrer Sicherheit vertrauen. Geborſtne Staͤmme dienen oft zu ihrer Jungen Sicherheit. Der meiſten Nahrung ſind Jnſecten; aus Mooß iſt meiſt ihr Neſt bereit’t. Verſchiedne finden ihre Wohnung auf kleinen abgelegnen Huͤgeln; An Baͤchen, welche, durch ihr Murmeln, ihr Ohr vergnuͤgen Tag und Nacht; An klaren Seen, worinn ſich die Buͤſch’ und ihrer Blaͤtter Pracht, Jm holden Wiederſchein, beſpiegeln. Verſchiedne wiſſen ihre Neſter aus Haar, aus Mooß und andern Sachen An drey verbundnen Haͤlmchen Schilf beſonders kuͤnſtlich feſt zu machen. Jtzt ſieht man uͤberall von ihnen ein froͤhliches und emſigs Eilen, Und, von faſt ungezaͤhlten Fluͤgeln, an jedem Ort die Luft zertheilen.
Die
C 5
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><lgtype="poem"><pbfacs="#f0059"n="41"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Fruͤhlings-Gedicht.</hi></fw><lb/><lgn="14"><l>So bald ihr Buͤndniß nun geſtiftet, ſucht jedes Paar den</l><lb/><l><hirendition="#et">dicken Wald,</hi></l><lb/><l>So, wie die Phantaſey, die Nahrung und Luſt ſie reizt, zum</l><lb/><l><hirendition="#et">Aufenthalt,</hi></l><lb/><l>Damit der groſſe Zweck, die Abſicht und das Geſetze der Natur</l><lb/><l>Erfuͤllet werd’, als welche ihnen ſo liebliche Empfindlich-</l><lb/><l><hirendition="#et">keiten</hi></l><lb/><l>Nicht bloß umſonſt verliehen hat. Verſchiedne ſuchen auf</l><lb/><l><hirendition="#et">der Flur,</hi></l><lb/><l>Verſchiedne auf der Baͤume Wipfeln, ihr kuͤnſtlich Neſtgen</l><lb/><l><hirendition="#et">zu bereiten;</hi></l><lb/><l>Verſchiedne ſieht man ihre Zucht des rauen Dornſtrauchs</l><lb/><l><hirendition="#et">ſtarren Klauen</hi></l><lb/><l>Zu ihrer Sicherheit vertrauen.</l><lb/><l>Geborſtne Staͤmme dienen oft zu ihrer Jungen Sicherheit.</l><lb/><l>Der meiſten Nahrung ſind Jnſecten; aus Mooß iſt meiſt ihr</l><lb/><l><hirendition="#et">Neſt bereit’t.</hi></l><lb/><l>Verſchiedne finden ihre Wohnung auf kleinen abgelegnen</l><lb/><l><hirendition="#et">Huͤgeln;</hi></l><lb/><l>An Baͤchen, welche, durch ihr Murmeln, ihr Ohr vergnuͤgen</l><lb/><l><hirendition="#et">Tag und Nacht;</hi></l><lb/><l>An klaren Seen, worinn ſich die Buͤſch’ und ihrer Blaͤtter</l><lb/><l><hirendition="#et">Pracht,</hi></l><lb/><l>Jm holden Wiederſchein, beſpiegeln.</l><lb/><l>Verſchiedne wiſſen ihre Neſter aus Haar, aus Mooß und</l><lb/><l><hirendition="#et">andern Sachen</hi></l><lb/><l>An drey verbundnen Haͤlmchen Schilf beſonders kuͤnſtlich</l><lb/><l><hirendition="#et">feſt zu machen.</hi></l><lb/><l>Jtzt ſieht man uͤberall von ihnen ein froͤhliches und emſigs</l><lb/><l><hirendition="#et">Eilen,</hi></l><lb/><l>Und, von faſt ungezaͤhlten Fluͤgeln, an jedem Ort die Luft</l><lb/><l><hirendition="#et">zertheilen.</hi></l></lg><lb/><fwplace="bottom"type="sig">C 5</fw><fwplace="bottom"type="catch">Die</fw><lb/></lg></div></div></div></body></text></TEI>
[41/0059]
Fruͤhlings-Gedicht.
So bald ihr Buͤndniß nun geſtiftet, ſucht jedes Paar den
dicken Wald,
So, wie die Phantaſey, die Nahrung und Luſt ſie reizt, zum
Aufenthalt,
Damit der groſſe Zweck, die Abſicht und das Geſetze der Natur
Erfuͤllet werd’, als welche ihnen ſo liebliche Empfindlich-
keiten
Nicht bloß umſonſt verliehen hat. Verſchiedne ſuchen auf
der Flur,
Verſchiedne auf der Baͤume Wipfeln, ihr kuͤnſtlich Neſtgen
zu bereiten;
Verſchiedne ſieht man ihre Zucht des rauen Dornſtrauchs
ſtarren Klauen
Zu ihrer Sicherheit vertrauen.
Geborſtne Staͤmme dienen oft zu ihrer Jungen Sicherheit.
Der meiſten Nahrung ſind Jnſecten; aus Mooß iſt meiſt ihr
Neſt bereit’t.
Verſchiedne finden ihre Wohnung auf kleinen abgelegnen
Huͤgeln;
An Baͤchen, welche, durch ihr Murmeln, ihr Ohr vergnuͤgen
Tag und Nacht;
An klaren Seen, worinn ſich die Buͤſch’ und ihrer Blaͤtter
Pracht,
Jm holden Wiederſchein, beſpiegeln.
Verſchiedne wiſſen ihre Neſter aus Haar, aus Mooß und
andern Sachen
An drey verbundnen Haͤlmchen Schilf beſonders kuͤnſtlich
feſt zu machen.
Jtzt ſieht man uͤberall von ihnen ein froͤhliches und emſigs
Eilen,
Und, von faſt ungezaͤhlten Fluͤgeln, an jedem Ort die Luft
zertheilen.
Die
C 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/59>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.