Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite

Winter-Witterung in Ritzebüttel.
So wär er schöner noch zu nennen. Die Luft war
ausserordentlich
Gereiniget, und nicht nur lau, sie war fast warm. Man
konnte sich
Jm Sonnen-Strahl recht wirklich wärmen, indem sich
gar kein Lüftgen rührte.
Wie ich nun, durch die Pracht gereizt, auf das schon grüne
Feld spatzierte,
Ergetzt' ich mich recht inniglich, und dankte, mit gerühr-
ter Brust,
Dem grossen Geber alles Guten, dem Ursprung aller
Freud' und Lust,
Dem weis- und mächtigen Regierer, dem Born und
Urquell aller Kraft,
Der alles das, was Er erschaffen, im stetigen Erhalten
schafft,
Daß er auch Creaturen schuff, die der Geschöpfe Pracht
erkennen,
Und in denselben Dessen Macht, Der sie geschaffen,
fühlen
preisen
können.

So schön nun dieser ganze Tag, so schön war auch die
Abend-Zeit;
Auch die nicht minder schöne Nacht. Recht prächtig war
die Herrlichkeit
Der lieblich untergehnden Sonne. Recht unvergleich-
lich war der Glanz
Des sich erhöhnden Monden-Lichts, deß Silber-Cirkel
eben ganz
Jn einer reinen Klarheit war. Man sahe seine stille
Reise,
Jn einem doppeln Glanz und Schein, im reinen Spie-
gel-glatten Eise,

Mit

Winter-Witterung in Ritzebuͤttel.
So waͤr er ſchoͤner noch zu nennen. Die Luft war
auſſerordentlich
Gereiniget, und nicht nur lau, ſie war faſt warm. Man
konnte ſich
Jm Sonnen-Strahl recht wirklich waͤrmen, indem ſich
gar kein Luͤftgen ruͤhrte.
Wie ich nun, durch die Pracht gereizt, auf das ſchon gruͤne
Feld ſpatzierte,
Ergetzt’ ich mich recht inniglich, und dankte, mit geruͤhr-
ter Bruſt,
Dem groſſen Geber alles Guten, dem Urſprung aller
Freud’ und Luſt,
Dem weiſ- und maͤchtigen Regierer, dem Born und
Urquell aller Kraft,
Der alles das, was Er erſchaffen, im ſtetigen Erhalten
ſchafft,
Daß er auch Creaturen ſchuff, die der Geſchoͤpfe Pracht
erkennen,
Und in denſelben Deſſen Macht, Der ſie geſchaffen,
fuͤhlen
preiſen
koͤnnen.

So ſchoͤn nun dieſer ganze Tag, ſo ſchoͤn war auch die
Abend-Zeit;
Auch die nicht minder ſchoͤne Nacht. Recht praͤchtig war
die Herrlichkeit
Der lieblich untergehnden Sonne. Recht unvergleich-
lich war der Glanz
Des ſich erhoͤhnden Monden-Lichts, deß Silber-Cirkel
eben ganz
Jn einer reinen Klarheit war. Man ſahe ſeine ſtille
Reiſe,
Jn einem doppeln Glanz und Schein, im reinen Spie-
gel-glatten Eiſe,

Mit
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <lg n="27">
                <pb facs="#f0575" n="557"/>
                <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Winter-Witterung in Ritzebu&#x0364;ttel.</hi> </fw><lb/>
                <l>So wa&#x0364;r er &#x017F;cho&#x0364;ner noch zu nennen. Die Luft war</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">au&#x017F;&#x017F;erordentlich</hi> </l><lb/>
                <l>Gereiniget, und nicht nur lau, &#x017F;ie war fa&#x017F;t warm. Man</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">konnte &#x017F;ich</hi> </l><lb/>
                <l>Jm Sonnen-Strahl recht wirklich wa&#x0364;rmen, indem &#x017F;ich</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">gar kein Lu&#x0364;ftgen ru&#x0364;hrte.</hi> </l><lb/>
                <l>Wie ich nun, durch die Pracht gereizt, auf das &#x017F;chon gru&#x0364;ne</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Feld &#x017F;patzierte,</hi> </l><lb/>
                <l>Ergetzt&#x2019; ich mich recht inniglich, und dankte, mit geru&#x0364;hr-</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">ter Bru&#x017F;t,</hi> </l><lb/>
                <l>Dem gro&#x017F;&#x017F;en Geber alles Guten, dem Ur&#x017F;prung aller</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Freud&#x2019; und Lu&#x017F;t,</hi> </l><lb/>
                <l>Dem wei&#x017F;- und ma&#x0364;chtigen Regierer, dem Born und</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Urquell aller Kraft,</hi> </l><lb/>
                <l>Der alles das, was Er er&#x017F;chaffen, im &#x017F;tetigen Erhalten</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">&#x017F;chafft,</hi> </l><lb/>
                <l>Daß er auch Creaturen &#x017F;chuff, die der Ge&#x017F;cho&#x0364;pfe Pracht</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">erkennen,</hi> </l><lb/>
                <l>Und in den&#x017F;elben De&#x017F;&#x017F;en Macht, Der &#x017F;ie ge&#x017F;chaffen,</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et"><list rendition="#rightBraced #leftBraced"><item>fu&#x0364;hlen</item><item>prei&#x017F;en</item></list> ko&#x0364;nnen.</hi> </l><lb/>
                <l>So &#x017F;cho&#x0364;n nun die&#x017F;er ganze Tag, &#x017F;o &#x017F;cho&#x0364;n war auch die</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Abend-Zeit;</hi> </l><lb/>
                <l>Auch die nicht minder &#x017F;cho&#x0364;ne Nacht. Recht pra&#x0364;chtig war</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">die Herrlichkeit</hi> </l><lb/>
                <l>Der lieblich untergehnden Sonne. Recht unvergleich-</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">lich war der Glanz</hi> </l><lb/>
                <l>Des &#x017F;ich erho&#x0364;hnden Monden-Lichts, deß Silber-Cirkel</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">eben ganz</hi> </l><lb/>
                <l>Jn einer reinen Klarheit war. Man &#x017F;ahe &#x017F;eine &#x017F;tille</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Rei&#x017F;e,</hi> </l><lb/>
                <l>Jn einem doppeln Glanz und Schein, im reinen Spie-</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">gel-glatten Ei&#x017F;e,</hi> </l><lb/>
                <fw place="bottom" type="catch">Mit</fw><lb/>
              </lg>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[557/0575] Winter-Witterung in Ritzebuͤttel. So waͤr er ſchoͤner noch zu nennen. Die Luft war auſſerordentlich Gereiniget, und nicht nur lau, ſie war faſt warm. Man konnte ſich Jm Sonnen-Strahl recht wirklich waͤrmen, indem ſich gar kein Luͤftgen ruͤhrte. Wie ich nun, durch die Pracht gereizt, auf das ſchon gruͤne Feld ſpatzierte, Ergetzt’ ich mich recht inniglich, und dankte, mit geruͤhr- ter Bruſt, Dem groſſen Geber alles Guten, dem Urſprung aller Freud’ und Luſt, Dem weiſ- und maͤchtigen Regierer, dem Born und Urquell aller Kraft, Der alles das, was Er erſchaffen, im ſtetigen Erhalten ſchafft, Daß er auch Creaturen ſchuff, die der Geſchoͤpfe Pracht erkennen, Und in denſelben Deſſen Macht, Der ſie geſchaffen, fuͤhlen preiſen koͤnnen. So ſchoͤn nun dieſer ganze Tag, ſo ſchoͤn war auch die Abend-Zeit; Auch die nicht minder ſchoͤne Nacht. Recht praͤchtig war die Herrlichkeit Der lieblich untergehnden Sonne. Recht unvergleich- lich war der Glanz Des ſich erhoͤhnden Monden-Lichts, deß Silber-Cirkel eben ganz Jn einer reinen Klarheit war. Man ſahe ſeine ſtille Reiſe, Jn einem doppeln Glanz und Schein, im reinen Spie- gel-glatten Eiſe, Mit

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/575
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 557. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/575>, abgerufen am 22.11.2024.