So wär er schöner noch zu nennen. Die Luft war ausserordentlich Gereiniget, und nicht nur lau, sie war fast warm. Man konnte sich Jm Sonnen-Strahl recht wirklich wärmen, indem sich gar kein Lüftgen rührte. Wie ich nun, durch die Pracht gereizt, auf das schon grüne Feld spatzierte, Ergetzt' ich mich recht inniglich, und dankte, mit gerühr- ter Brust, Dem grossen Geber alles Guten, dem Ursprung aller Freud' und Lust, Dem weis- und mächtigen Regierer, dem Born und Urquell aller Kraft, Der alles das, was Er erschaffen, im stetigen Erhalten schafft, Daß er auch Creaturen schuff, die der Geschöpfe Pracht erkennen, Und in denselben Dessen Macht, Der sie geschaffen,
fühlen
preisen
können. So schön nun dieser ganze Tag, so schön war auch die Abend-Zeit; Auch die nicht minder schöne Nacht. Recht prächtig war die Herrlichkeit Der lieblich untergehnden Sonne. Recht unvergleich- lich war der Glanz Des sich erhöhnden Monden-Lichts, deß Silber-Cirkel eben ganz Jn einer reinen Klarheit war. Man sahe seine stille Reise, Jn einem doppeln Glanz und Schein, im reinen Spie- gel-glatten Eise,
Mit
Winter-Witterung in Ritzebuͤttel.
So waͤr er ſchoͤner noch zu nennen. Die Luft war auſſerordentlich Gereiniget, und nicht nur lau, ſie war faſt warm. Man konnte ſich Jm Sonnen-Strahl recht wirklich waͤrmen, indem ſich gar kein Luͤftgen ruͤhrte. Wie ich nun, durch die Pracht gereizt, auf das ſchon gruͤne Feld ſpatzierte, Ergetzt’ ich mich recht inniglich, und dankte, mit geruͤhr- ter Bruſt, Dem groſſen Geber alles Guten, dem Urſprung aller Freud’ und Luſt, Dem weiſ- und maͤchtigen Regierer, dem Born und Urquell aller Kraft, Der alles das, was Er erſchaffen, im ſtetigen Erhalten ſchafft, Daß er auch Creaturen ſchuff, die der Geſchoͤpfe Pracht erkennen, Und in denſelben Deſſen Macht, Der ſie geſchaffen,
fuͤhlen
preiſen
koͤnnen. So ſchoͤn nun dieſer ganze Tag, ſo ſchoͤn war auch die Abend-Zeit; Auch die nicht minder ſchoͤne Nacht. Recht praͤchtig war die Herrlichkeit Der lieblich untergehnden Sonne. Recht unvergleich- lich war der Glanz Des ſich erhoͤhnden Monden-Lichts, deß Silber-Cirkel eben ganz Jn einer reinen Klarheit war. Man ſahe ſeine ſtille Reiſe, Jn einem doppeln Glanz und Schein, im reinen Spie- gel-glatten Eiſe,
Mit
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Winter-Witterung in Ritzebuͤttel.
So waͤr er ſchoͤner noch zu nennen. Die Luft war
auſſerordentlich
Gereiniget, und nicht nur lau, ſie war faſt warm. Man
konnte ſich
Jm Sonnen-Strahl recht wirklich waͤrmen, indem ſich
gar kein Luͤftgen ruͤhrte.
Wie ich nun, durch die Pracht gereizt, auf das ſchon gruͤne
Feld ſpatzierte,
Ergetzt’ ich mich recht inniglich, und dankte, mit geruͤhr-
ter Bruſt,
Dem groſſen Geber alles Guten, dem Urſprung aller
Freud’ und Luſt,
Dem weiſ- und maͤchtigen Regierer, dem Born und
Urquell aller Kraft,
Der alles das, was Er erſchaffen, im ſtetigen Erhalten
ſchafft,
Daß er auch Creaturen ſchuff, die der Geſchoͤpfe Pracht
erkennen,
Und in denſelben Deſſen Macht, Der ſie geſchaffen,
fuͤhlen
preiſen
koͤnnen.
So ſchoͤn nun dieſer ganze Tag, ſo ſchoͤn war auch die
Abend-Zeit;
Auch die nicht minder ſchoͤne Nacht. Recht praͤchtig war
die Herrlichkeit
Der lieblich untergehnden Sonne. Recht unvergleich-
lich war der Glanz
Des ſich erhoͤhnden Monden-Lichts, deß Silber-Cirkel
eben ganz
Jn einer reinen Klarheit war. Man ſahe ſeine ſtille
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Jn einem doppeln Glanz und Schein, im reinen Spie-
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 557. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/575>, abgerufen am 22.11.2024.
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