Bis Mittag war es hell und klar, und gleich nach Mittag wieder klar. Es glänzte recht, und funkelte was auf der Welt zu sehen war. Wie es nun gegen Abend ging, kam unversehens allge- mach Ein Nebel, der so niedrig schwebte, daß der auch niedre Sonnen-Strahl, Mit einer röhtlich-hellen Gluht, durch ihn, als wie ein Feuer, brach, Und ein drauf achtend Aug' ergetzte. Doch bald ver- schwand er abermahl, Und ließ das Firmament so klar, so schön, so still, so hell, so rein, Daß man kein schöner Abendroht, und keinen bunt-gefärb- tern Schein, Wohl nicht leicht am Gesicht-Kreis sah. Wobey des Mondes Silber-Pracht
19 Jn einem blauen Schimmer strahlte. Der Morgen nach verfloßner Nacht War etwas trüb, es fror gelinde, die Bäum' und Sträu- cher waren weiß, Doch nicht von Schnee, auch nicht von Reif, es war ein ganz durchsichtig Eis, Das alle Zweig' auf einer Seite, und zwar Süd-Osten- werts, bedeckte, So daß ein jeder, nebst den Knospen, im selben bis zur Hälfte steckte, So denn, als wären sie candirt, ein krystallirtes Ansehn gab. Die Schwehre zog sie allgemach, in einer halben Ründ', herab,
Als
Beſchreibung einer lieblichen
Bis Mittag war es hell und klar, und gleich nach Mittag wieder klar. Es glaͤnzte recht, und funkelte was auf der Welt zu ſehen war. Wie es nun gegen Abend ging, kam unverſehens allge- mach Ein Nebel, der ſo niedrig ſchwebte, daß der auch niedre Sonnen-Strahl, Mit einer roͤhtlich-hellen Gluht, durch ihn, als wie ein Feuer, brach, Und ein drauf achtend Aug’ ergetzte. Doch bald ver- ſchwand er abermahl, Und ließ das Firmament ſo klar, ſo ſchoͤn, ſo ſtill, ſo hell, ſo rein, Daß man kein ſchoͤner Abendroht, und keinen bunt-gefaͤrb- tern Schein, Wohl nicht leicht am Geſicht-Kreis ſah. Wobey des Mondes Silber-Pracht
19 Jn einem blauen Schimmer ſtrahlte. Der Morgen nach verfloßner Nacht War etwas truͤb, es fror gelinde, die Baͤum’ und Straͤu- cher waren weiß, Doch nicht von Schnee, auch nicht von Reif, es war ein ganz durchſichtig Eis, Das alle Zweig’ auf einer Seite, und zwar Suͤd-Oſten- werts, bedeckte, So daß ein jeder, nebſt den Knospen, im ſelben bis zur Haͤlfte ſteckte, So denn, als waͤren ſie candirt, ein kryſtallirtes Anſehn gab. Die Schwehre zog ſie allgemach, in einer halben Ruͤnd’, herab,
Als
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><lgtype="poem"><lgn="17"><pbfacs="#f0568"n="550"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Beſchreibung einer lieblichen</hi></fw><lb/><l>Bis Mittag war es hell und klar, und gleich nach Mittag</l><lb/><l><hirendition="#et">wieder klar.</hi></l><lb/><l>Es glaͤnzte recht, und funkelte was auf der Welt zu ſehen</l><lb/><l><hirendition="#et">war.</hi></l><lb/><l>Wie es nun gegen Abend ging, kam unverſehens allge-</l><lb/><l><hirendition="#et">mach</hi></l><lb/><l>Ein Nebel, der ſo niedrig ſchwebte, daß der auch niedre</l><lb/><l><hirendition="#et">Sonnen-Strahl,</hi></l><lb/><l>Mit einer roͤhtlich-hellen Gluht, durch ihn, als wie ein</l><lb/><l><hirendition="#et">Feuer, brach,</hi></l><lb/><l>Und ein drauf achtend Aug’ ergetzte. Doch bald ver-</l><lb/><l><hirendition="#et">ſchwand er abermahl,</hi></l><lb/><l>Und ließ das Firmament ſo klar, ſo ſchoͤn, ſo ſtill, ſo hell,</l><lb/><l><hirendition="#et">ſo rein,</hi></l><lb/><l>Daß man kein ſchoͤner Abendroht, und keinen bunt-gefaͤrb-</l><lb/><l><hirendition="#et">tern Schein,</hi></l><lb/><l>Wohl nicht leicht am Geſicht-Kreis ſah. Wobey des</l><lb/><l><hirendition="#et">Mondes Silber-Pracht</hi></l></lg><lb/><lgn="18"><l><noteplace="left">19</note> Jn einem blauen Schimmer ſtrahlte. Der Morgen nach</l><lb/><l><hirendition="#et">verfloßner Nacht</hi></l><lb/><l>War etwas truͤb, es fror gelinde, die Baͤum’ und Straͤu-</l><lb/><l><hirendition="#et">cher waren weiß,</hi></l><lb/><l>Doch nicht von Schnee, auch nicht von Reif, es war ein</l><lb/><l><hirendition="#et">ganz durchſichtig Eis,</hi></l><lb/><l>Das alle Zweig’ auf einer Seite, und zwar Suͤd-Oſten-</l><lb/><l><hirendition="#et">werts, bedeckte,</hi></l><lb/><l>So daß ein jeder, nebſt den Knospen, im ſelben bis zur</l><lb/><l><hirendition="#et">Haͤlfte ſteckte,</hi></l><lb/><l>So denn, als waͤren ſie candirt, ein kryſtallirtes Anſehn</l><lb/><l><hirendition="#et">gab.</hi></l><lb/><l>Die Schwehre zog ſie allgemach, in einer halben Ruͤnd’,</l><lb/><l><hirendition="#et">herab,</hi></l><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Als</fw><lb/></lg></lg></div></div></div></body></text></TEI>
[550/0568]
Beſchreibung einer lieblichen
Bis Mittag war es hell und klar, und gleich nach Mittag
wieder klar.
Es glaͤnzte recht, und funkelte was auf der Welt zu ſehen
war.
Wie es nun gegen Abend ging, kam unverſehens allge-
mach
Ein Nebel, der ſo niedrig ſchwebte, daß der auch niedre
Sonnen-Strahl,
Mit einer roͤhtlich-hellen Gluht, durch ihn, als wie ein
Feuer, brach,
Und ein drauf achtend Aug’ ergetzte. Doch bald ver-
ſchwand er abermahl,
Und ließ das Firmament ſo klar, ſo ſchoͤn, ſo ſtill, ſo hell,
ſo rein,
Daß man kein ſchoͤner Abendroht, und keinen bunt-gefaͤrb-
tern Schein,
Wohl nicht leicht am Geſicht-Kreis ſah. Wobey des
Mondes Silber-Pracht
Jn einem blauen Schimmer ſtrahlte. Der Morgen nach
verfloßner Nacht
War etwas truͤb, es fror gelinde, die Baͤum’ und Straͤu-
cher waren weiß,
Doch nicht von Schnee, auch nicht von Reif, es war ein
ganz durchſichtig Eis,
Das alle Zweig’ auf einer Seite, und zwar Suͤd-Oſten-
werts, bedeckte,
So daß ein jeder, nebſt den Knospen, im ſelben bis zur
Haͤlfte ſteckte,
So denn, als waͤren ſie candirt, ein kryſtallirtes Anſehn
gab.
Die Schwehre zog ſie allgemach, in einer halben Ruͤnd’,
herab,
Als
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 550. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/568>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.