Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite

Winter-Witterung in Ritzebüttel.
Nach dem im Stall genoßnen Heu und dürren Stroh,
mit neuen Freuden,
Noch, und schon, alt- und junges Gras, mit fröhlicher
Bewundrung, stehn.
Ja, wie es oftermahl im Sommer, zur Abend-Zeit, pflegt
zu gescheh'n;
Hab ich, noch mitten im December, im Garten Kröten
hüpfen seh'n.
Der Aecker dunkel-braunen Grund war, in dem hellen
Strahl der Sonnen,
Mit Diamanten-gleichen Fäden bedecket mehr, als über-
sponnen,
Die, da sie, durch die sanfte Luft, fast unaufhörlich sich
bewegten,
Durch ihren wandelbaren Glanz, den Augen eine Lust
erregten.
Zumahl, wenn einige von ihnen getrennet, in die Höh'
gezogen,
Mit dem veränderlichen Schimmer bald hier, bald dorten
schwebt- und flogen.
Jm Garten sahe man, mit Anmuht, der meist gevierten
Beeten Grenzen,
Den glatten immer grünen Buxbaum nicht nur im hellen
Schimmer glänzen;
Jch hab ein klein Aurikelchen so gar in rohter Blühte
steh'n,
Und, von der Sonnen Licht durchstrahlet, fast mehr noch
glüh'n, als blüh'n geseh'n.

Durch die so mannigfache Schönheit, und die so ausser-
ordentlich,
Ward, durchs Gesicht, mein Geist gerührt, recht ungemein
ergetzt' ich mich,
Zumahl
L l 5

Winter-Witterung in Ritzebuͤttel.
Nach dem im Stall genoßnen Heu und duͤrren Stroh,
mit neuen Freuden,
Noch, und ſchon, alt- und junges Gras, mit froͤhlicher
Bewundrung, ſtehn.
Ja, wie es oftermahl im Sommer, zur Abend-Zeit, pflegt
zu geſcheh’n;
Hab ich, noch mitten im December, im Garten Kroͤten
huͤpfen ſeh’n.
Der Aecker dunkel-braunen Grund war, in dem hellen
Strahl der Sonnen,
Mit Diamanten-gleichen Faͤden bedecket mehr, als uͤber-
ſponnen,
Die, da ſie, durch die ſanfte Luft, faſt unaufhoͤrlich ſich
bewegten,
Durch ihren wandelbaren Glanz, den Augen eine Luſt
erregten.
Zumahl, wenn einige von ihnen getrennet, in die Hoͤh’
gezogen,
Mit dem veraͤnderlichen Schimmer bald hier, bald dorten
ſchwebt- und flogen.
Jm Garten ſahe man, mit Anmuht, der meiſt gevierten
Beeten Grenzen,
Den glatten immer gruͤnen Buxbaum nicht nur im hellen
Schimmer glaͤnzen;
Jch hab ein klein Aurikelchen ſo gar in rohter Bluͤhte
ſteh’n,
Und, von der Sonnen Licht durchſtrahlet, faſt mehr noch
gluͤh’n, als bluͤh’n geſeh’n.

Durch die ſo mannigfache Schoͤnheit, und die ſo auſſer-
ordentlich,
Ward, durchs Geſicht, mein Geiſt geruͤhrt, recht ungemein
ergetzt’ ich mich,
Zumahl
L l 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <lg n="1">
                <pb facs="#f0555" n="537"/>
                <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Winter-Witterung in Ritzebu&#x0364;ttel.</hi> </fw><lb/>
                <l>Nach dem im Stall genoßnen Heu und du&#x0364;rren Stroh,</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">mit neuen Freuden,</hi> </l><lb/>
                <l>Noch, und &#x017F;chon, alt- und junges Gras, mit fro&#x0364;hlicher</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Bewundrung, &#x017F;tehn.</hi> </l><lb/>
                <l>Ja, wie es oftermahl im Sommer, zur Abend-Zeit, pflegt</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">zu ge&#x017F;cheh&#x2019;n;</hi> </l><lb/>
                <l>Hab ich, noch mitten im December, im Garten Kro&#x0364;ten</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">hu&#x0364;pfen &#x017F;eh&#x2019;n.</hi> </l><lb/>
                <l>Der Aecker dunkel-braunen Grund war, in dem hellen</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Strahl der Sonnen,</hi> </l><lb/>
                <l>Mit Diamanten-gleichen Fa&#x0364;den bedecket mehr, als u&#x0364;ber-</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">&#x017F;ponnen,</hi> </l><lb/>
                <l>Die, da &#x017F;ie, durch die &#x017F;anfte Luft, fa&#x017F;t unaufho&#x0364;rlich &#x017F;ich</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">bewegten,</hi> </l><lb/>
                <l>Durch ihren wandelbaren Glanz, den Augen eine Lu&#x017F;t</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">erregten.</hi> </l><lb/>
                <l>Zumahl, wenn einige von ihnen getrennet, in die Ho&#x0364;h&#x2019;</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">gezogen,</hi> </l><lb/>
                <l>Mit dem vera&#x0364;nderlichen Schimmer bald hier, bald dorten</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">&#x017F;chwebt- und flogen.</hi> </l><lb/>
                <l>Jm Garten &#x017F;ahe man, mit Anmuht, der mei&#x017F;t gevierten</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Beeten Grenzen,</hi> </l><lb/>
                <l>Den glatten immer gru&#x0364;nen Buxbaum nicht nur im hellen</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Schimmer gla&#x0364;nzen;</hi> </l><lb/>
                <l>Jch hab ein klein Aurikelchen &#x017F;o gar in rohter Blu&#x0364;hte</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">&#x017F;teh&#x2019;n,</hi> </l><lb/>
                <l>Und, von der Sonnen Licht durch&#x017F;trahlet, fa&#x017F;t mehr noch</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">glu&#x0364;h&#x2019;n, als blu&#x0364;h&#x2019;n ge&#x017F;eh&#x2019;n.</hi> </l>
              </lg><lb/>
              <lg n="2">
                <l>Durch die &#x017F;o mannigfache Scho&#x0364;nheit, und die &#x017F;o au&#x017F;&#x017F;er-</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">ordentlich,</hi> </l><lb/>
                <l>Ward, durchs Ge&#x017F;icht, mein Gei&#x017F;t geru&#x0364;hrt, recht ungemein</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">ergetzt&#x2019; ich mich,</hi> </l><lb/>
                <fw place="bottom" type="sig">L l 5</fw>
                <fw place="bottom" type="catch">Zumahl</fw><lb/>
              </lg>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[537/0555] Winter-Witterung in Ritzebuͤttel. Nach dem im Stall genoßnen Heu und duͤrren Stroh, mit neuen Freuden, Noch, und ſchon, alt- und junges Gras, mit froͤhlicher Bewundrung, ſtehn. Ja, wie es oftermahl im Sommer, zur Abend-Zeit, pflegt zu geſcheh’n; Hab ich, noch mitten im December, im Garten Kroͤten huͤpfen ſeh’n. Der Aecker dunkel-braunen Grund war, in dem hellen Strahl der Sonnen, Mit Diamanten-gleichen Faͤden bedecket mehr, als uͤber- ſponnen, Die, da ſie, durch die ſanfte Luft, faſt unaufhoͤrlich ſich bewegten, Durch ihren wandelbaren Glanz, den Augen eine Luſt erregten. Zumahl, wenn einige von ihnen getrennet, in die Hoͤh’ gezogen, Mit dem veraͤnderlichen Schimmer bald hier, bald dorten ſchwebt- und flogen. Jm Garten ſahe man, mit Anmuht, der meiſt gevierten Beeten Grenzen, Den glatten immer gruͤnen Buxbaum nicht nur im hellen Schimmer glaͤnzen; Jch hab ein klein Aurikelchen ſo gar in rohter Bluͤhte ſteh’n, Und, von der Sonnen Licht durchſtrahlet, faſt mehr noch gluͤh’n, als bluͤh’n geſeh’n. Durch die ſo mannigfache Schoͤnheit, und die ſo auſſer- ordentlich, Ward, durchs Geſicht, mein Geiſt geruͤhrt, recht ungemein ergetzt’ ich mich, Zumahl L l 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/555
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 537. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/555>, abgerufen am 22.11.2024.