Anfang des Winters mit dem herannahenden Alter verglichen.
Jm Winter, wenn ich, mit Vergnügen, Den noch nicht dick gefallnen Schnee Nur dünn auf flachen Aeckern liegen, Sie decken und nicht decken seh, Jndem der Furchen Tiefen nur Vom Schaum der Luft die weisse Spur Uns, in geraden Strichen, zeigen, Und daß wir die erhabnen Höh'n, Als ob sie aus den Tiefen steigen, Jn einem braunen Schmuck noch seh'n; So kommt der ganze Acker mir, Jn einer sprenklich-grauen Zier, Als wie bey uns ein sprenklicht Haar, Bey noch nicht vollem Alter, für. Man wird nur einzeln hier und dar Ein glänzend Silber-Haar gewahr, Das noch die braunen unterdrücken. Ob sie nun gleich die Scheitel schmücken, Jst doch in der noch seltnen Pracht (Wie hier des Winters kalte Nacht) Das nahe Alter zu erblicken. Doch schrecket beydes mein Gesicht, Da ich auf meines Scheitels Höhe Auch schon dergleichen Schimmer sehe, Mich, durch die Furcht vors Künft'ge, nicht.
Jch
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Anfang des Winters mit dem herannahenden Alter verglichen.
Jm Winter, wenn ich, mit Vergnuͤgen, Den noch nicht dick gefallnen Schnee Nur duͤnn auf flachen Aeckern liegen, Sie decken und nicht decken ſeh, Jndem der Furchen Tiefen nur Vom Schaum der Luft die weiſſe Spur Uns, in geraden Strichen, zeigen, Und daß wir die erhabnen Hoͤh’n, Als ob ſie aus den Tiefen ſteigen, Jn einem braunen Schmuck noch ſeh’n; So kommt der ganze Acker mir, Jn einer ſprenklich-grauen Zier, Als wie bey uns ein ſprenklicht Haar, Bey noch nicht vollem Alter, fuͤr. Man wird nur einzeln hier und dar Ein glaͤnzend Silber-Haar gewahr, Das noch die braunen unterdruͤcken. Ob ſie nun gleich die Scheitel ſchmuͤcken, Jſt doch in der noch ſeltnen Pracht (Wie hier des Winters kalte Nacht) Das nahe Alter zu erblicken. Doch ſchrecket beydes mein Geſicht, Da ich auf meines Scheitels Hoͤhe Auch ſchon dergleichen Schimmer ſehe, Mich, durch die Furcht vors Kuͤnft’ge, nicht.
Jch
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[[533]/0551]
Anfang des Winters
mit dem
herannahenden Alter verglichen.
Jm Winter, wenn ich, mit Vergnuͤgen,
Den noch nicht dick gefallnen Schnee
Nur duͤnn auf flachen Aeckern liegen,
Sie decken und nicht decken ſeh,
Jndem der Furchen Tiefen nur
Vom Schaum der Luft die weiſſe Spur
Uns, in geraden Strichen, zeigen,
Und daß wir die erhabnen Hoͤh’n,
Als ob ſie aus den Tiefen ſteigen,
Jn einem braunen Schmuck noch ſeh’n;
So kommt der ganze Acker mir,
Jn einer ſprenklich-grauen Zier,
Als wie bey uns ein ſprenklicht Haar,
Bey noch nicht vollem Alter, fuͤr.
Man wird nur einzeln hier und dar
Ein glaͤnzend Silber-Haar gewahr,
Das noch die braunen unterdruͤcken.
Ob ſie nun gleich die Scheitel ſchmuͤcken,
Jſt doch in der noch ſeltnen Pracht
(Wie hier des Winters kalte Nacht)
Das nahe Alter zu erblicken.
Doch ſchrecket beydes mein Geſicht,
Da ich auf meines Scheitels Hoͤhe
Auch ſchon dergleichen Schimmer ſehe,
Mich, durch die Furcht vors Kuͤnft’ge, nicht.
Jch
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. [533]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/551>, abgerufen am 18.12.2024.
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