Fast recht, als hätte sich vom schönen Regen-Bogen Sein schönstes Grün herabgezogen, Um unsre Welt so herrlich auszuschmücken, Der Menschen Herz durchs Auge zu erquicken Und zu belustigen. Absonderlich Hebt sich der Felder grüne Pracht, Wenn durch die Nachbarschaft gebrochter Aecker sich, Durch ihre Dunkelheit, was an sich so schon schön, Jm braunen Gegensatz sich mehr noch zu erhöhn, Verdoppelt und noch schöner macht. Wenn ein benachbart Land erst umgepflüget, Steckt in der braunen Dunkelheit Vor sich schon eine Lieblichkeit, Die ein betrachtend Aug ergetzet und vergnüget; Doch hebt die frische Schwärz annoch Das schon mit Saat bedeckte Joch Jn ihrer Nachbarschaft. Zieht nun darauf der Sonnen Kraft Die Feuchtigkeit und den zu vielen Saft Aus der gerührt- und umgestürzten Erden; Scheint weiß und roht sich sanft darauf zu mischen, Und unser Aug und unsre Blicke, Damit es uns um destomehr erquicke, Mit einer sanften Art von Leib-Farb zu erfrischen, Das ebenfalls dem Acker, der begrünt, Jhn destomehr noch zu erhöhen, dient. Und kurz, wohin wir uns jetzt drehn, Wohin wir gehen, wo wir stehn, Jst jeder Vorwurf, den wir sehn, Nicht schön nur; er ist wunderschön.
Man
Fruͤhlings-Gedicht.
Faſt recht, als haͤtte ſich vom ſchoͤnen Regen-Bogen Sein ſchoͤnſtes Gruͤn herabgezogen, Um unſre Welt ſo herrlich auszuſchmuͤcken, Der Menſchen Herz durchs Auge zu erquicken Und zu beluſtigen. Abſonderlich Hebt ſich der Felder gruͤne Pracht, Wenn durch die Nachbarſchaft gebrochter Aecker ſich, Durch ihre Dunkelheit, was an ſich ſo ſchon ſchoͤn, Jm braunen Gegenſatz ſich mehr noch zu erhoͤhn, Verdoppelt und noch ſchoͤner macht. Wenn ein benachbart Land erſt umgepfluͤget, Steckt in der braunen Dunkelheit Vor ſich ſchon eine Lieblichkeit, Die ein betrachtend Aug ergetzet und vergnuͤget; Doch hebt die friſche Schwaͤrz annoch Das ſchon mit Saat bedeckte Joch Jn ihrer Nachbarſchaft. Zieht nun darauf der Sonnen Kraft Die Feuchtigkeit und den zu vielen Saft Aus der geruͤhrt- und umgeſtuͤrzten Erden; Scheint weiß und roht ſich ſanft darauf zu miſchen, Und unſer Aug und unſre Blicke, Damit es uns um deſtomehr erquicke, Mit einer ſanften Art von Leib-Farb zu erfriſchen, Das ebenfalls dem Acker, der begruͤnt, Jhn deſtomehr noch zu erhoͤhen, dient. Und kurz, wohin wir uns jetzt drehn, Wohin wir gehen, wo wir ſtehn, Jſt jeder Vorwurf, den wir ſehn, Nicht ſchoͤn nur; er iſt wunderſchoͤn.
Man
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Fruͤhlings-Gedicht.
Faſt recht, als haͤtte ſich vom ſchoͤnen Regen-Bogen
Sein ſchoͤnſtes Gruͤn herabgezogen,
Um unſre Welt ſo herrlich auszuſchmuͤcken,
Der Menſchen Herz durchs Auge zu erquicken
Und zu beluſtigen. Abſonderlich
Hebt ſich der Felder gruͤne Pracht,
Wenn durch die Nachbarſchaft gebrochter Aecker ſich,
Durch ihre Dunkelheit, was an ſich ſo ſchon ſchoͤn,
Jm braunen Gegenſatz ſich mehr noch zu erhoͤhn,
Verdoppelt und noch ſchoͤner macht.
Wenn ein benachbart Land erſt umgepfluͤget,
Steckt in der braunen Dunkelheit
Vor ſich ſchon eine Lieblichkeit,
Die ein betrachtend Aug ergetzet und vergnuͤget;
Doch hebt die friſche Schwaͤrz annoch
Das ſchon mit Saat bedeckte Joch
Jn ihrer Nachbarſchaft.
Zieht nun darauf der Sonnen Kraft
Die Feuchtigkeit und den zu vielen Saft
Aus der geruͤhrt- und umgeſtuͤrzten Erden;
Scheint weiß und roht ſich ſanft darauf zu miſchen,
Und unſer Aug und unſre Blicke,
Damit es uns um deſtomehr erquicke,
Mit einer ſanften Art von Leib-Farb zu erfriſchen,
Das ebenfalls dem Acker, der begruͤnt,
Jhn deſtomehr noch zu erhoͤhen, dient.
Und kurz, wohin wir uns jetzt drehn,
Wohin wir gehen, wo wir ſtehn,
Jſt jeder Vorwurf, den wir ſehn,
Nicht ſchoͤn nur; er iſt wunderſchoͤn.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/50>, abgerufen am 24.11.2024.
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