Es ist auf solcher flachen Ebne nun alles leer und nichts zu sehn; Doch scheinet mir die flache Weite, recht wie ein neuer Schauplatz, schön. Man sieht agirende Personen zwar itzt nicht auf demselben stehn; Doch zeigt die allgemeine Stille, auf der sonst nimmer stillen Erde, Dem, der auf ihren Zustand achtet, und ihr Betragen kennt, es werde, Zu neuen Handlungen, von ihr itzt hintern Scenen was geschehn.
Ja wohl geschicht was sonderlichs, es wirket die Natur von innen, (Obgleich das, so sie itzt verrichtet und treibt, kein Vorwurf unsrer Sinnen) Mit vielem Fleiß, und in der Stille, das allernützlichste Geschäfte. Sie lässet itzt den Saamen keimen, hierzu gebraucht sie ihre Kräfte, Und wendet sie, ohn' unser Zuthun, so ernstlich und so emsig an, Daß man in kurzer Zeit bereits der Arbeit Früchte spühren kann. Aus den geraden Furchen dringet die grüne Saat gemach hervor, Die Spitzen, grüner als Smaragd, steh'n hie und dort bereits empor, So die Natur, daß sie der Frost nicht stickt, in Silber-weissen Decken, Als wie in einem weissen Pelz, bemühet scheinet zu ver- stecken.
Um
G g 3
Der Herbſt in Ritzebuͤttel.
Es iſt auf ſolcher flachen Ebne nun alles leer und nichts zu ſehn; Doch ſcheinet mir die flache Weite, recht wie ein neuer Schauplatz, ſchoͤn. Man ſieht agirende Perſonen zwar itzt nicht auf demſelben ſtehn; Doch zeigt die allgemeine Stille, auf der ſonſt nimmer ſtillen Erde, Dem, der auf ihren Zuſtand achtet, und ihr Betragen kennt, es werde, Zu neuen Handlungen, von ihr itzt hintern Scenen was geſchehn.
Ja wohl geſchicht was ſonderlichs, es wirket die Natur von innen, (Obgleich das, ſo ſie itzt verrichtet und treibt, kein Vorwurf unſrer Sinnen) Mit vielem Fleiß, und in der Stille, das allernuͤtzlichſte Geſchaͤfte. Sie laͤſſet itzt den Saamen keimen, hierzu gebraucht ſie ihre Kraͤfte, Und wendet ſie, ohn’ unſer Zuthun, ſo ernſtlich und ſo emſig an, Daß man in kurzer Zeit bereits der Arbeit Fruͤchte ſpuͤhren kann. Aus den geraden Furchen dringet die gruͤne Saat gemach hervor, Die Spitzen, gruͤner als Smaragd, ſteh’n hie und dort bereits empor, So die Natur, daß ſie der Froſt nicht ſtickt, in Silber-weiſſen Decken, Als wie in einem weiſſen Pelz, bemuͤhet ſcheinet zu ver- ſtecken.
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Der Herbſt in Ritzebuͤttel.
Es iſt auf ſolcher flachen Ebne nun alles leer und nichts
zu ſehn;
Doch ſcheinet mir die flache Weite, recht wie ein neuer
Schauplatz, ſchoͤn.
Man ſieht agirende Perſonen zwar itzt nicht auf demſelben
ſtehn;
Doch zeigt die allgemeine Stille, auf der ſonſt nimmer ſtillen
Erde,
Dem, der auf ihren Zuſtand achtet, und ihr Betragen kennt,
es werde,
Zu neuen Handlungen, von ihr itzt hintern Scenen was
geſchehn.
Ja wohl geſchicht was ſonderlichs, es wirket die Natur
von innen,
(Obgleich das, ſo ſie itzt verrichtet und treibt, kein Vorwurf
unſrer Sinnen)
Mit vielem Fleiß, und in der Stille, das allernuͤtzlichſte
Geſchaͤfte.
Sie laͤſſet itzt den Saamen keimen, hierzu gebraucht ſie
ihre Kraͤfte,
Und wendet ſie, ohn’ unſer Zuthun, ſo ernſtlich und ſo emſig
an,
Daß man in kurzer Zeit bereits der Arbeit Fruͤchte ſpuͤhren
kann.
Aus den geraden Furchen dringet die gruͤne Saat gemach
hervor,
Die Spitzen, gruͤner als Smaragd, ſteh’n hie und dort bereits
empor,
So die Natur, daß ſie der Froſt nicht ſtickt, in Silber-weiſſen
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Als wie in einem weiſſen Pelz, bemuͤhet ſcheinet zu ver-
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 469. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/487>, abgerufen am 22.11.2024.
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