Wen aber rührt insonderheit, wenn Schatten unsre Welt verdunkeln, Jn dem beflammten Sternen-Heer nicht dein glorwürdigs Göttlichs Funkeln? Wem zeiget der bepurpurten und glänzenden Auroren Licht, Geschmückt mit lauter Himmels-Farben, auch früh, Dein Göttlichs Daseyn nicht? Wen rühret nicht des Mondes Schimmer? Vom Glanz, der aus der Sonne quillet, Wird nicht nur Himmel, Erd' und Meer, auch billig Seel' und Geist erfüllet, Und dennoch sind derselben Strahlen, und aller Sonnen Licht und Pracht, Nur dunkle Schatten bey der Gottheit, nur Nacht bey Dem, Der sie gemacht. Allein, Anbethungs-würd'ger Schöpfer! wir können, bloß in Deinen Werken, Die eigentlichen Eigenschaften von Deinem wahren Wesen merken. Ach, was erregen nicht in mir so mannigfaltige Bewegung, So viele Wunder auf der Welt, Schmuck, Ordnung, Schön- heit, Pracht, für Regung! Welch eine Harmonie, o GOtt! zeigt überall uns die Natur, Und doch sieht man von Deinen Werken den kleinsten Theil in ihnen nur. Wer taugt denn Deiner Majestät selbstständ'gem Wesen nachzuspühren? Jn Deiner Unermeßlichkeit muß Mensch und Engel sich verlieren.
Der
Vergnuͤgl. und andaͤchtige Betrachtung ꝛc.
Wen aber ruͤhrt inſonderheit, wenn Schatten unſre Welt verdunkeln, Jn dem beflammten Sternen-Heer nicht dein glorwuͤrdigs Goͤttlichs Funkeln? Wem zeiget der bepurpurten und glaͤnzenden Auroren Licht, Geſchmuͤckt mit lauter Himmels-Farben, auch fruͤh, Dein Goͤttlichs Daſeyn nicht? Wen ruͤhret nicht des Mondes Schimmer? Vom Glanz, der aus der Sonne quillet, Wird nicht nur Himmel, Erd’ und Meer, auch billig Seel’ und Geiſt erfuͤllet, Und dennoch ſind derſelben Strahlen, und aller Sonnen Licht und Pracht, Nur dunkle Schatten bey der Gottheit, nur Nacht bey Dem, Der ſie gemacht. Allein, Anbethungs-wuͤrd’ger Schoͤpfer! wir koͤnnen, bloß in Deinen Werken, Die eigentlichen Eigenſchaften von Deinem wahren Weſen merken. Ach, was erregen nicht in mir ſo mannigfaltige Bewegung, So viele Wunder auf der Welt, Schmuck, Ordnung, Schoͤn- heit, Pracht, fuͤr Regung! Welch eine Harmonie, o GOtt! zeigt uͤberall uns die Natur, Und doch ſieht man von Deinen Werken den kleinſten Theil in ihnen nur. Wer taugt denn Deiner Majeſtaͤt ſelbſtſtaͤnd’gem Weſen nachzuſpuͤhren? Jn Deiner Unermeßlichkeit muß Menſch und Engel ſich verlieren.
Der
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Vergnuͤgl. und andaͤchtige Betrachtung ꝛc.
Wen aber ruͤhrt inſonderheit, wenn Schatten unſre
Welt verdunkeln,
Jn dem beflammten Sternen-Heer nicht dein glorwuͤrdigs
Goͤttlichs Funkeln?
Wem zeiget der bepurpurten und glaͤnzenden Auroren Licht,
Geſchmuͤckt mit lauter Himmels-Farben, auch fruͤh, Dein
Goͤttlichs Daſeyn nicht?
Wen ruͤhret nicht des Mondes Schimmer? Vom Glanz,
der aus der Sonne quillet,
Wird nicht nur Himmel, Erd’ und Meer, auch billig Seel’
und Geiſt erfuͤllet,
Und dennoch ſind derſelben Strahlen, und aller Sonnen
Licht und Pracht,
Nur dunkle Schatten bey der Gottheit, nur Nacht bey Dem,
Der ſie gemacht.
Allein, Anbethungs-wuͤrd’ger Schoͤpfer! wir koͤnnen, bloß
in Deinen Werken,
Die eigentlichen Eigenſchaften von Deinem wahren Weſen
merken.
Ach, was erregen nicht in mir ſo mannigfaltige Bewegung,
So viele Wunder auf der Welt, Schmuck, Ordnung, Schoͤn-
heit, Pracht, fuͤr Regung!
Welch eine Harmonie, o GOtt! zeigt uͤberall uns die Natur,
Und doch ſieht man von Deinen Werken den kleinſten Theil
in ihnen nur.
Wer taugt denn Deiner Majeſtaͤt ſelbſtſtaͤnd’gem Weſen
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Jn Deiner Unermeßlichkeit muß Menſch und Engel ſich
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 420. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/438>, abgerufen am 22.11.2024.
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