So lange wir allhier auf Erden, Bringt, weil man vieles nöhtig hat, Uns mancher Mangel früh und spat Verschiedne Sorgen und Beschwehrden.
Sonst sind wir überall auf uns allein bedacht, Wir wollen sonst, daß alles, was gemacht, Sey bloß für uns hervorgebracht; Vom allerkleinsten bis zum größten Sey alles bloß für uns, und uns zum Besten. Warum denn eignen wir Uns die Verwandlungen allhier Nicht zu, und stellen sie uns, als ein Lehr-Bild, für, So uns vermuhtlich auf der Welt Zu einem Gleichniß vorgestellt, Und einer Art Beweis, wie es der Gottheit doch So möglich und so leicht, auch unsern Stand zu bessern, Und unsers Wesens Stoff, auch wenn wir gleich erkalten, Nicht nur die Seele zu erhalten, Auch selbst der Cörper Schmuck noch zu vergrössern. Es wird hiedurch zugleich dir ja viel leichter scheinen, Die Theile zu vereinen, Als, aus ganz anderm Stoff, ganz andre Sachen, An Farben und Figur, An Absicht und Natur, Hervor zu bringen und zu machen.
Es ist dieß Werk, wie die Natur hier handelt, Wenn sie den Raupen-Wurm so wunderbar verwandelt, Den klügsten Geistern unbekannt. Ein Thier hört auf zu seyn, was es gewesen, Und ist zum andern Stand erlesen, Dieß faßt kein menschlicher Verstand.
Die
Einige neue Betrachtungen
So lange wir allhier auf Erden, Bringt, weil man vieles noͤhtig hat, Uns mancher Mangel fruͤh und ſpat Verſchiedne Sorgen und Beſchwehrden.
Sonſt ſind wir uͤberall auf uns allein bedacht, Wir wollen ſonſt, daß alles, was gemacht, Sey bloß fuͤr uns hervorgebracht; Vom allerkleinſten bis zum groͤßten Sey alles bloß fuͤr uns, und uns zum Beſten. Warum denn eignen wir Uns die Verwandlungen allhier Nicht zu, und ſtellen ſie uns, als ein Lehr-Bild, fuͤr, So uns vermuhtlich auf der Welt Zu einem Gleichniß vorgeſtellt, Und einer Art Beweis, wie es der Gottheit doch So moͤglich und ſo leicht, auch unſern Stand zu beſſern, Und unſers Weſens Stoff, auch wenn wir gleich erkalten, Nicht nur die Seele zu erhalten, Auch ſelbſt der Coͤrper Schmuck noch zu vergroͤſſern. Es wird hiedurch zugleich dir ja viel leichter ſcheinen, Die Theile zu vereinen, Als, aus ganz anderm Stoff, ganz andre Sachen, An Farben und Figur, An Abſicht und Natur, Hervor zu bringen und zu machen.
Es iſt dieß Werk, wie die Natur hier handelt, Wenn ſie den Raupen-Wurm ſo wunderbar verwandelt, Den kluͤgſten Geiſtern unbekannt. Ein Thier hoͤrt auf zu ſeyn, was es geweſen, Und iſt zum andern Stand erleſen, Dieß faßt kein menſchlicher Verſtand.
Die
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Einige neue Betrachtungen
So lange wir allhier auf Erden,
Bringt, weil man vieles noͤhtig hat,
Uns mancher Mangel fruͤh und ſpat
Verſchiedne Sorgen und Beſchwehrden.
Sonſt ſind wir uͤberall auf uns allein bedacht,
Wir wollen ſonſt, daß alles, was gemacht,
Sey bloß fuͤr uns hervorgebracht;
Vom allerkleinſten bis zum groͤßten
Sey alles bloß fuͤr uns, und uns zum Beſten.
Warum denn eignen wir
Uns die Verwandlungen allhier
Nicht zu, und ſtellen ſie uns, als ein Lehr-Bild, fuͤr,
So uns vermuhtlich auf der Welt
Zu einem Gleichniß vorgeſtellt,
Und einer Art Beweis, wie es der Gottheit doch
So moͤglich und ſo leicht, auch unſern Stand zu beſſern,
Und unſers Weſens Stoff, auch wenn wir gleich erkalten,
Nicht nur die Seele zu erhalten,
Auch ſelbſt der Coͤrper Schmuck noch zu vergroͤſſern.
Es wird hiedurch zugleich dir ja viel leichter ſcheinen,
Die Theile zu vereinen,
Als, aus ganz anderm Stoff, ganz andre Sachen,
An Farben und Figur,
An Abſicht und Natur,
Hervor zu bringen und zu machen.
Es iſt dieß Werk, wie die Natur hier handelt,
Wenn ſie den Raupen-Wurm ſo wunderbar verwandelt,
Den kluͤgſten Geiſtern unbekannt.
Ein Thier hoͤrt auf zu ſeyn, was es geweſen,
Und iſt zum andern Stand erleſen,
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/354>, abgerufen am 22.11.2024.
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