Damit in diesem schönen Schau-Spiel auch alles nicht zu traurig sey, Und uns die Zeit nicht lange daure, sind kleine Harlequins dabey, Die, mit poßierlichem Gehüpf, mit schnellen und gekrümmten Sprüngen, Den Schauern mancherley Vergnügen, bey ernstlichen Gedanken, bringen. Des holden Schau-Spiels Titel ist: Des Friedens und der Unschuld Bild. Doch halt! es sey dir, liebster Leser! die Wahrheit länger nicht verhüllt. Der Schau-Platz ist ein grüner Wall. Die hier agirende Personen Sind eine Heerde frommer Schafe, nebst ihrer jungen Lämmer Schaar, Die hier, recht zwischen hohles Erz, GOtt Lob! nur grüssen- der Canonen, Die Nahrung überflüßig finden, ohn' alle Sorgen, ohn' Gefahr. Jhr ruhiger zufried'ner Stand, ihr sanft- und Sorgen- loses Leben Hat meinem aufgebrachten Sinn, wenn Leidenschaften sich erheben, Und mir die Ruhe rauben wollten, die ruhige Gelas- senheit Gar öfters wieder hergestellt. Wie, dacht' ich, will ich meine Zeit Denn unvernünftiger, als sie, weil ich vernünftig bin, ver- bringen? Soll ihnen Ruh' aus Unverstand, mir Unruh' aus Vernunft, entspringen;
So
Lehrender Schau-Platz
Damit in dieſem ſchoͤnen Schau-Spiel auch alles nicht zu traurig ſey, Und uns die Zeit nicht lange daure, ſind kleine Harlequins dabey, Die, mit poßierlichem Gehuͤpf, mit ſchnellen und gekruͤmmten Spruͤngen, Den Schauern mancherley Vergnuͤgen, bey ernſtlichen Gedanken, bringen. Des holden Schau-Spiels Titel iſt: Des Friedens und der Unſchuld Bild. Doch halt! es ſey dir, liebſter Leſer! die Wahrheit laͤnger nicht verhuͤllt. Der Schau-Platz iſt ein gruͤner Wall. Die hier agirende Perſonen Sind eine Heerde frommer Schafe, nebſt ihrer jungen Laͤmmer Schaar, Die hier, recht zwiſchen hohles Erz, GOtt Lob! nur gruͤſſen- der Canonen, Die Nahrung uͤberfluͤßig finden, ohn’ alle Sorgen, ohn’ Gefahr. Jhr ruhiger zufried’ner Stand, ihr ſanft- und Sorgen- loſes Leben Hat meinem aufgebrachten Sinn, wenn Leidenſchaften ſich erheben, Und mir die Ruhe rauben wollten, die ruhige Gelaſ- ſenheit Gar oͤfters wieder hergeſtellt. Wie, dacht’ ich, will ich meine Zeit Denn unvernuͤnftiger, als ſie, weil ich vernuͤnftig bin, ver- bringen? Soll ihnen Ruh’ aus Unverſtand, mir Unruh’ aus Vernunft, entſpringen;
So
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Lehrender Schau-Platz
Damit in dieſem ſchoͤnen Schau-Spiel auch alles nicht
zu traurig ſey,
Und uns die Zeit nicht lange daure, ſind kleine Harlequins
dabey,
Die, mit poßierlichem Gehuͤpf, mit ſchnellen und gekruͤmmten
Spruͤngen,
Den Schauern mancherley Vergnuͤgen, bey ernſtlichen
Gedanken, bringen.
Des holden Schau-Spiels Titel iſt: Des Friedens und
der Unſchuld Bild.
Doch halt! es ſey dir, liebſter Leſer! die Wahrheit laͤnger
nicht verhuͤllt.
Der Schau-Platz iſt ein gruͤner Wall. Die hier agirende
Perſonen
Sind eine Heerde frommer Schafe, nebſt ihrer jungen
Laͤmmer Schaar,
Die hier, recht zwiſchen hohles Erz, GOtt Lob! nur gruͤſſen-
der Canonen,
Die Nahrung uͤberfluͤßig finden, ohn’ alle Sorgen, ohn’
Gefahr.
Jhr ruhiger zufried’ner Stand, ihr ſanft- und Sorgen- loſes
Leben
Hat meinem aufgebrachten Sinn, wenn Leidenſchaften ſich
erheben,
Und mir die Ruhe rauben wollten, die ruhige Gelaſ-
ſenheit
Gar oͤfters wieder hergeſtellt. Wie, dacht’ ich, will ich meine
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Denn unvernuͤnftiger, als ſie, weil ich vernuͤnftig bin, ver-
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Soll ihnen Ruh’ aus Unverſtand, mir Unruh’ aus Vernunft,
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/326>, abgerufen am 24.11.2024.
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