Jch sehe, wie mein' eigne Wagen, Mein eigen Heu, in schweren Schobern tragen, So, daß des grossen Vorwerks Thüren Für sie fast noch zu klein. Mein' eigne Pferde führen Und ziehn ihr eigne Kost. Hier fährt ein Wagen fort; Ein andrer kommt zurück; der dritte wird beladen; Den vierten macht man leer von seiner Bürde; dort Und hier liegt noch, voll frischer Schwaden, Ein Feld, so weit man sehen kann. Mir müssen, ohne sie zu lohnen, So viel ich nöhtig hab', als Hofe-Dienste, frohnen. Da mäht und dorten wendet man; Hier macht man Wolken, dorten Diemen. Das Feld, zu meinem Nutz, scheint gleichsam ganz belebt. Ach! daß mein Herze sich denn nicht bestrebt, Für so viel Gutes, GOtt zu rühmen, Dem Ehre, Preis und Dank gebührt, Der, so zum Nutz, als Schmuck der Welt, Ein sonsten dürr- und ödes Feld Mit schönem Gras und Bluhmen ziert, Der seinem Kraut die Wachsthums-Kraft, Auch einer Nahrungs-Eigenschaft, Für Menschen, denen Thieren schenket, Und ihm zugleich, daß es, von Fäulniß frey, Was erstlich Gras, hernach als Heu Sich trocknen lässet, eingesenket, Der gute Witterung, zumahl zur Erndte-Zeit, An Wind und Sonnen-Schein verleiht, Durch Den wir des Verstandes Gaben, Es wirthlich zu verpflegen, haben.
Mein
Vorwuͤrfe an mich ſelbſt
Jch ſehe, wie mein’ eigne Wagen, Mein eigen Heu, in ſchweren Schobern tragen, So, daß des groſſen Vorwerks Thuͤren Fuͤr ſie faſt noch zu klein. Mein’ eigne Pferde fuͤhren Und ziehn ihr eigne Koſt. Hier faͤhrt ein Wagen fort; Ein andrer kommt zuruͤck; der dritte wird beladen; Den vierten macht man leer von ſeiner Buͤrde; dort Und hier liegt noch, voll friſcher Schwaden, Ein Feld, ſo weit man ſehen kann. Mir muͤſſen, ohne ſie zu lohnen, So viel ich noͤhtig hab’, als Hofe-Dienſte, frohnen. Da maͤht und dorten wendet man; Hier macht man Wolken, dorten Diemen. Das Feld, zu meinem Nutz, ſcheint gleichſam ganz belebt. Ach! daß mein Herze ſich denn nicht beſtrebt, Fuͤr ſo viel Gutes, GOtt zu ruͤhmen, Dem Ehre, Preis und Dank gebuͤhrt, Der, ſo zum Nutz, als Schmuck der Welt, Ein ſonſten duͤrr- und oͤdes Feld Mit ſchoͤnem Gras und Bluhmen ziert, Der ſeinem Kraut die Wachsthums-Kraft, Auch einer Nahrungs-Eigenſchaft, Fuͤr Menſchen, denen Thieren ſchenket, Und ihm zugleich, daß es, von Faͤulniß frey, Was erſtlich Gras, hernach als Heu Sich trocknen laͤſſet, eingeſenket, Der gute Witterung, zumahl zur Erndte-Zeit, An Wind und Sonnen-Schein verleiht, Durch Den wir des Verſtandes Gaben, Es wirthlich zu verpflegen, haben.
Mein
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Vorwuͤrfe an mich ſelbſt
Jch ſehe, wie mein’ eigne Wagen,
Mein eigen Heu, in ſchweren Schobern tragen,
So, daß des groſſen Vorwerks Thuͤren
Fuͤr ſie faſt noch zu klein. Mein’ eigne Pferde fuͤhren
Und ziehn ihr eigne Koſt. Hier faͤhrt ein Wagen fort;
Ein andrer kommt zuruͤck; der dritte wird beladen;
Den vierten macht man leer von ſeiner Buͤrde; dort
Und hier liegt noch, voll friſcher Schwaden,
Ein Feld, ſo weit man ſehen kann.
Mir muͤſſen, ohne ſie zu lohnen,
So viel ich noͤhtig hab’, als Hofe-Dienſte, frohnen.
Da maͤht und dorten wendet man;
Hier macht man Wolken, dorten Diemen.
Das Feld, zu meinem Nutz, ſcheint gleichſam ganz belebt.
Ach! daß mein Herze ſich denn nicht beſtrebt,
Fuͤr ſo viel Gutes, GOtt zu ruͤhmen,
Dem Ehre, Preis und Dank gebuͤhrt,
Der, ſo zum Nutz, als Schmuck der Welt,
Ein ſonſten duͤrr- und oͤdes Feld
Mit ſchoͤnem Gras und Bluhmen ziert,
Der ſeinem Kraut die Wachsthums-Kraft,
Auch einer Nahrungs-Eigenſchaft,
Fuͤr Menſchen, denen Thieren ſchenket,
Und ihm zugleich, daß es, von Faͤulniß frey,
Was erſtlich Gras, hernach als Heu
Sich trocknen laͤſſet, eingeſenket,
Der gute Witterung, zumahl zur Erndte-Zeit,
An Wind und Sonnen-Schein verleiht,
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/236>, abgerufen am 24.11.2024.
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