Das Herz der Hörer stark gerühret; Als man von ungefehr ein neu Ergetzen spühret. Wir hörten allgemach ein sanft Bewegen, Jn der bedeckten Luft, entstehn. Es fiel ein lau- ein sanft- und angenehmer Regen Mit einem rauschenden Getön. Es tropft' ein unverhofftes Naß Auf das noch junge Laub und Gras, Das nicht nur bloß, da man es rauschen hörte, Die Anmuht durchs Gehör vermehrte; Nein, welches durchs Gesicht zugleich, in unsrer Brust, Noch eine neue Lust, Auf unterschiedne Weis', erregte, Jndem ein heller Glanz sich in die Feuchtigkeit Der erst benetzten Stämm' und Zweige prägte, Wodurch sie, wo sie nicht bedeckt vom jungen Grünen, Als wären sie versilbert, schienen.
Allein, was unsern Blick weit mehr annoch ergetzte, Ja uns fast in Erstaunen setzte, War, als ich linker Hand, Und etwas Westen-werts mich rückwerts wandt, Und ein so herrliches Spectakel fand, Daß keiner sich den hellen Schein Wird vorzustellen fähig seyn.
Der ganze Wald schien voll Brillanten, Voll Millionen Diamanten. Man sah von aller Reiser Spitzen Ein funkelnd, bunt und strahlend Blitzen, Wie lauter Zitter-Nadeln, glimmern. So tief der Blick durchs Buschwerk dringen kunnt, War alles funkelnd, hell und bunt,
Sah
Anmuhtige Vorwuͤrfe
Das Herz der Hoͤrer ſtark geruͤhret; Als man von ungefehr ein neu Ergetzen ſpuͤhret. Wir hoͤrten allgemach ein ſanft Bewegen, Jn der bedeckten Luft, entſtehn. Es fiel ein lau- ein ſanft- und angenehmer Regen Mit einem rauſchenden Getoͤn. Es tropft’ ein unverhofftes Naß Auf das noch junge Laub und Gras, Das nicht nur bloß, da man es rauſchen hoͤrte, Die Anmuht durchs Gehoͤr vermehrte; Nein, welches durchs Geſicht zugleich, in unſrer Bruſt, Noch eine neue Luſt, Auf unterſchiedne Weiſ’, erregte, Jndem ein heller Glanz ſich in die Feuchtigkeit Der erſt benetzten Staͤmm’ und Zweige praͤgte, Wodurch ſie, wo ſie nicht bedeckt vom jungen Gruͤnen, Als waͤren ſie verſilbert, ſchienen.
Allein, was unſern Blick weit mehr annoch ergetzte, Ja uns faſt in Erſtaunen ſetzte, War, als ich linker Hand, Und etwas Weſten-werts mich ruͤckwerts wandt, Und ein ſo herrliches Spectakel fand, Daß keiner ſich den hellen Schein Wird vorzuſtellen faͤhig ſeyn.
Der ganze Wald ſchien voll Brillanten, Voll Millionen Diamanten. Man ſah von aller Reiſer Spitzen Ein funkelnd, bunt und ſtrahlend Blitzen, Wie lauter Zitter-Nadeln, glimmern. So tief der Blick durchs Buſchwerk dringen kunnt, War alles funkelnd, hell und bunt,
Sah
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><lgtype="poem"><pbfacs="#f0190"n="172"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Anmuhtige Vorwuͤrfe</hi></fw><lb/><lgn="2"><l>Das Herz der Hoͤrer ſtark geruͤhret;</l><lb/><l>Als man von ungefehr ein neu Ergetzen ſpuͤhret.</l><lb/><l>Wir hoͤrten allgemach ein ſanft Bewegen,</l><lb/><l>Jn der bedeckten Luft, entſtehn.</l><lb/><l>Es fiel ein lau- ein ſanft- und angenehmer Regen</l><lb/><l>Mit einem rauſchenden Getoͤn.</l><lb/><l>Es tropft’ ein unverhofftes Naß</l><lb/><l>Auf das noch junge Laub und Gras,</l><lb/><l>Das nicht nur bloß, da man es rauſchen hoͤrte,</l><lb/><l>Die Anmuht durchs Gehoͤr vermehrte;</l><lb/><l>Nein, welches durchs Geſicht zugleich, in unſrer Bruſt,</l><lb/><l>Noch eine neue Luſt,</l><lb/><l>Auf unterſchiedne Weiſ’, erregte,</l><lb/><l>Jndem ein heller Glanz ſich in die Feuchtigkeit</l><lb/><l>Der erſt benetzten Staͤmm’ und Zweige praͤgte,</l><lb/><l>Wodurch ſie, wo ſie nicht bedeckt vom jungen Gruͤnen,</l><lb/><l>Als waͤren ſie verſilbert, ſchienen.</l></lg><lb/><lgn="3"><l>Allein, was unſern Blick weit mehr annoch ergetzte,</l><lb/><l>Ja uns faſt in Erſtaunen ſetzte,</l><lb/><l>War, als ich linker Hand,</l><lb/><l>Und etwas Weſten-werts mich ruͤckwerts wandt,</l><lb/><l>Und ein ſo herrliches Spectakel fand,</l><lb/><l>Daß keiner ſich den hellen Schein</l><lb/><l>Wird vorzuſtellen faͤhig ſeyn.</l></lg><lb/><lgn="4"><l>Der ganze Wald ſchien voll Brillanten,</l><lb/><l>Voll Millionen Diamanten.</l><lb/><l>Man ſah von aller Reiſer Spitzen</l><lb/><l>Ein funkelnd, bunt und ſtrahlend Blitzen,</l><lb/><l>Wie lauter Zitter-Nadeln, glimmern.</l><lb/><l>So tief der Blick durchs Buſchwerk dringen kunnt,</l><lb/><l>War alles funkelnd, hell und bunt,</l></lg><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Sah</fw><lb/></lg></div></div></div></body></text></TEI>
[172/0190]
Anmuhtige Vorwuͤrfe
Das Herz der Hoͤrer ſtark geruͤhret;
Als man von ungefehr ein neu Ergetzen ſpuͤhret.
Wir hoͤrten allgemach ein ſanft Bewegen,
Jn der bedeckten Luft, entſtehn.
Es fiel ein lau- ein ſanft- und angenehmer Regen
Mit einem rauſchenden Getoͤn.
Es tropft’ ein unverhofftes Naß
Auf das noch junge Laub und Gras,
Das nicht nur bloß, da man es rauſchen hoͤrte,
Die Anmuht durchs Gehoͤr vermehrte;
Nein, welches durchs Geſicht zugleich, in unſrer Bruſt,
Noch eine neue Luſt,
Auf unterſchiedne Weiſ’, erregte,
Jndem ein heller Glanz ſich in die Feuchtigkeit
Der erſt benetzten Staͤmm’ und Zweige praͤgte,
Wodurch ſie, wo ſie nicht bedeckt vom jungen Gruͤnen,
Als waͤren ſie verſilbert, ſchienen.
Allein, was unſern Blick weit mehr annoch ergetzte,
Ja uns faſt in Erſtaunen ſetzte,
War, als ich linker Hand,
Und etwas Weſten-werts mich ruͤckwerts wandt,
Und ein ſo herrliches Spectakel fand,
Daß keiner ſich den hellen Schein
Wird vorzuſtellen faͤhig ſeyn.
Der ganze Wald ſchien voll Brillanten,
Voll Millionen Diamanten.
Man ſah von aller Reiſer Spitzen
Ein funkelnd, bunt und ſtrahlend Blitzen,
Wie lauter Zitter-Nadeln, glimmern.
So tief der Blick durchs Buſchwerk dringen kunnt,
War alles funkelnd, hell und bunt,
Sah
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/190>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.