So wie man um ein Licht, das brennet, Die Luft illuminirt, entzündet, Durchstrahlet und erleuchtet, findet, Und doch den Schimmer nicht erkennet; So scheints, als ob ein röhtlich Licht Aus schönen Blätter-reichen Rosen, Um Geist und Auge liebzukosen, Halb sicht- und halb unsichtbar, bricht. Dieß mischt sich mit dem süssen Duft, Der gleicher Weise nicht zu sehen, Und wovon dennoch in die Luft Sich unauf hörlich Theil' erhöhen.
Jhr Kugel-förmiges Gebäude, von Blättern wunder- barlich vest, Jn einem solchen engen Raum Vereint, verschränket und gepreßt, Jst öfters am Gewicht so schwehr, Daß es der starre Stengel kaum, So wie es scheinet, tragen kann, ist er gleich von besondrer Stärke, (So ich zu gleicher Zeit bemerke.) Wenn man nun diese süsse Last Mit spitzen Fingern angefaßt, Und schwebend vor die Nase hält, So, daß sich beyde kaum berühren; So ist auf dieser ganzen Welt Fast nichts so liebliches zu spühren.
Es scheinet aus der kleinen Oeffnung ein Schwall von süssem Duft zu steigen, Die unsern Augen nicht nur bloß, der Nas' und dem Ge- ruch, sich zeigen.
Der
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Die Roſen.
So wie man um ein Licht, das brennet, Die Luft illuminirt, entzuͤndet, Durchſtrahlet und erleuchtet, findet, Und doch den Schimmer nicht erkennet; So ſcheints, als ob ein roͤhtlich Licht Aus ſchoͤnen Blaͤtter-reichen Roſen, Um Geiſt und Auge liebzukoſen, Halb ſicht- und halb unſichtbar, bricht. Dieß miſcht ſich mit dem ſuͤſſen Duft, Der gleicher Weiſe nicht zu ſehen, Und wovon dennoch in die Luft Sich unauf hoͤrlich Theil’ erhoͤhen.
Jhr Kugel-foͤrmiges Gebaͤude, von Blaͤttern wunder- barlich veſt, Jn einem ſolchen engen Raum Vereint, verſchraͤnket und gepreßt, Jſt oͤfters am Gewicht ſo ſchwehr, Daß es der ſtarre Stengel kaum, So wie es ſcheinet, tragen kann, iſt er gleich von beſondrer Staͤrke, (So ich zu gleicher Zeit bemerke.) Wenn man nun dieſe ſuͤſſe Laſt Mit ſpitzen Fingern angefaßt, Und ſchwebend vor die Naſe haͤlt, So, daß ſich beyde kaum beruͤhren; So iſt auf dieſer ganzen Welt Faſt nichts ſo liebliches zu ſpuͤhren.
Es ſcheinet aus der kleinen Oeffnung ein Schwall von ſuͤſſem Duft zu ſteigen, Die unſern Augen nicht nur bloß, der Naſ’ und dem Ge- ruch, ſich zeigen.
Der
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Die Roſen.
So wie man um ein Licht, das brennet,
Die Luft illuminirt, entzuͤndet,
Durchſtrahlet und erleuchtet, findet,
Und doch den Schimmer nicht erkennet;
So ſcheints, als ob ein roͤhtlich Licht
Aus ſchoͤnen Blaͤtter-reichen Roſen,
Um Geiſt und Auge liebzukoſen,
Halb ſicht- und halb unſichtbar, bricht.
Dieß miſcht ſich mit dem ſuͤſſen Duft,
Der gleicher Weiſe nicht zu ſehen,
Und wovon dennoch in die Luft
Sich unauf hoͤrlich Theil’ erhoͤhen.
Jhr Kugel-foͤrmiges Gebaͤude, von Blaͤttern wunder-
barlich veſt,
Jn einem ſolchen engen Raum
Vereint, verſchraͤnket und gepreßt,
Jſt oͤfters am Gewicht ſo ſchwehr,
Daß es der ſtarre Stengel kaum,
So wie es ſcheinet, tragen kann, iſt er gleich von beſondrer
Staͤrke,
(So ich zu gleicher Zeit bemerke.)
Wenn man nun dieſe ſuͤſſe Laſt
Mit ſpitzen Fingern angefaßt,
Und ſchwebend vor die Naſe haͤlt,
So, daß ſich beyde kaum beruͤhren;
So iſt auf dieſer ganzen Welt
Faſt nichts ſo liebliches zu ſpuͤhren.
Es ſcheinet aus der kleinen Oeffnung ein Schwall von
ſuͤſſem Duft zu ſteigen,
Die unſern Augen nicht nur bloß, der Naſ’ und dem Ge-
ruch, ſich zeigen.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/183>, abgerufen am 27.11.2024.
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