Es dünstet' aus den vollen Kelchen ein recht ambrirter Balsam-Schwall, Und füllete nicht eine Nase, den ganzen Luft-Kreis überall. Hierinn ist ein so säurlich Wesen mit einem süsseren vermischet, Daß es mit Wollust den Geruch, mit Anmuht unser Hirn erfrischet, Und mit der kühlen Lieblichkeit ins Jnnerste der Seele dringet, Woraus Bewundrung, Dank und Andacht, und Preis, und Lob in ihr entspringet. Jch hielte sie bald vor die Nase, bald sah ich ihren Schim- mer an, Wodurch ich endlich dieses Lied, zu ihres Schöpfers Ruhm, begann:
Wie herrlich sind doch Deine Werke, O Brunnquell aller Herrlichkeit! Ach, gieb doch, daß ich jederzeit, Von Deiner Vollenkommenheit Die Wunder, überall bemerke! Ach, stärke meiner Seelen Augen, Daß sie, durch ihren schönen Dunst, Der Dich verhüllt, die Weisheit, Gunst Und Deine Macht zu schauen taugen! Auch laß uns, mit gerührter Seelen, Dein huldreich Wirken gern erzehlen!
Die
Betrachtung einer groſſen Hyacinth.
Es duͤnſtet’ aus den vollen Kelchen ein recht ambrirter Balſam-Schwall, Und fuͤllete nicht eine Naſe, den ganzen Luft-Kreis uͤberall. Hierinn iſt ein ſo ſaͤurlich Weſen mit einem ſuͤſſeren vermiſchet, Daß es mit Wolluſt den Geruch, mit Anmuht unſer Hirn erfriſchet, Und mit der kuͤhlen Lieblichkeit ins Jnnerſte der Seele dringet, Woraus Bewundrung, Dank und Andacht, und Preis, und Lob in ihr entſpringet. Jch hielte ſie bald vor die Naſe, bald ſah ich ihren Schim- mer an, Wodurch ich endlich dieſes Lied, zu ihres Schoͤpfers Ruhm, begann:
Wie herrlich ſind doch Deine Werke, O Brunnquell aller Herrlichkeit! Ach, gieb doch, daß ich jederzeit, Von Deiner Vollenkommenheit Die Wunder, uͤberall bemerke! Ach, ſtaͤrke meiner Seelen Augen, Daß ſie, durch ihren ſchoͤnen Dunſt, Der Dich verhuͤllt, die Weisheit, Gunſt Und Deine Macht zu ſchauen taugen! Auch laß uns, mit geruͤhrter Seelen, Dein huldreich Wirken gern erzehlen!
Die
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Betrachtung einer groſſen Hyacinth.
Es duͤnſtet’ aus den vollen Kelchen ein recht ambrirter
Balſam-Schwall,
Und fuͤllete nicht eine Naſe, den ganzen Luft-Kreis uͤberall.
Hierinn iſt ein ſo ſaͤurlich Weſen mit einem ſuͤſſeren
vermiſchet,
Daß es mit Wolluſt den Geruch, mit Anmuht unſer Hirn
erfriſchet,
Und mit der kuͤhlen Lieblichkeit ins Jnnerſte der Seele
dringet,
Woraus Bewundrung, Dank und Andacht, und Preis, und
Lob in ihr entſpringet.
Jch hielte ſie bald vor die Naſe, bald ſah ich ihren Schim-
mer an,
Wodurch ich endlich dieſes Lied, zu ihres Schoͤpfers Ruhm,
begann:
Wie herrlich ſind doch Deine Werke,
O Brunnquell aller Herrlichkeit!
Ach, gieb doch, daß ich jederzeit,
Von Deiner Vollenkommenheit
Die Wunder, uͤberall bemerke!
Ach, ſtaͤrke meiner Seelen Augen,
Daß ſie, durch ihren ſchoͤnen Dunſt,
Der Dich verhuͤllt, die Weisheit, Gunſt
Und Deine Macht zu ſchauen taugen!
Auch laß uns, mit geruͤhrter Seelen,
Dein huldreich Wirken gern erzehlen!
Die
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/166>, abgerufen am 24.11.2024.
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