Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite
Unglückl. Unaufmerksamk. der Menschen.
Jch stutzte und betrübte mich,
Ob dem Betragen, innerlich.
Wie? rührt denn selbst des Himmels Licht,
Rief ich, der Menschen Seelen nicht?
Das heut so wunderschön zu spüren;
Was soll, was kann sie denn doch rühren?
Wer wundert sich, daß, von der Erden,
Die Wunder nicht empfunden werden;
Da sie selbst, vor der Sonnen, blind,
Fühl- Acht- ja gleichsam Sinn- los, sind.
Es scheint, dieß überführ' euch ganz:
Der Erden Pracht, des Himmels Glanz
Sey für uns Menschen nicht gemacht,
Wie wir doch sonst so schwülstig wollen.
Denn wenns für euch, und GOtt zur Ehr
Hervorgebracht und worden wär;
So hättet ihrs auch merken sollen,
So hättet ihrs empfinden, wissen,
Euch freuen, und GOtt danken müssen.
Jhr stürzt demnach euch selbst vom Thron
Des Vorrechts, vor den andern Thieren,
Als welche, von des Schöpfers Werken,
Die Pracht nicht weniger bemerken,
Nicht in geringerm Grad verspüren.
Denn wahrlich, weniger als ihr,
Vergnüget sich, an aller Pracht
Deß, was von GOtt hervorgebracht,
Zu Seinem Ruhm, kein einzigs Thier.
Ja, wenn wir auch, zu GOttes Ehren,
Jn allen Dingen, fühllos wären;
So sollt' euch doch der Sonnen Glanz
Allein, aus eurer Schlafsucht ganz,
Durch
J 5
Ungluͤckl. Unaufmerkſamk. der Menſchen.
Jch ſtutzte und betruͤbte mich,
Ob dem Betragen, innerlich.
Wie? ruͤhrt denn ſelbſt des Himmels Licht,
Rief ich, der Menſchen Seelen nicht?
Das heut ſo wunderſchoͤn zu ſpuͤren;
Was ſoll, was kann ſie denn doch ruͤhren?
Wer wundert ſich, daß, von der Erden,
Die Wunder nicht empfunden werden;
Da ſie ſelbſt, vor der Sonnen, blind,
Fuͤhl- Acht- ja gleichſam Sinn- los, ſind.
Es ſcheint, dieß uͤberfuͤhr’ euch ganz:
Der Erden Pracht, des Himmels Glanz
Sey fuͤr uns Menſchen nicht gemacht,
Wie wir doch ſonſt ſo ſchwuͤlſtig wollen.
Denn wenns fuͤr euch, und GOtt zur Ehr
Hervorgebracht und worden waͤr;
So haͤttet ihrs auch merken ſollen,
So haͤttet ihrs empfinden, wiſſen,
Euch freuen, und GOtt danken muͤſſen.
Jhr ſtuͤrzt demnach euch ſelbſt vom Thron
Des Vorrechts, vor den andern Thieren,
Als welche, von des Schoͤpfers Werken,
Die Pracht nicht weniger bemerken,
Nicht in geringerm Grad verſpuͤren.
Denn wahrlich, weniger als ihr,
Vergnuͤget ſich, an aller Pracht
Deß, was von GOtt hervorgebracht,
Zu Seinem Ruhm, kein einzigs Thier.
Ja, wenn wir auch, zu GOttes Ehren,
Jn allen Dingen, fuͤhllos waͤren;
So ſollt’ euch doch der Sonnen Glanz
Allein, aus eurer Schlafſucht ganz,
Durch
J 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0155" n="137"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Unglu&#x0364;ckl. Unaufmerk&#x017F;amk. der Men&#x017F;chen.</hi> </fw><lb/>
              <lg n="3">
                <l>Jch &#x017F;tutzte und betru&#x0364;bte mich,</l><lb/>
                <l>Ob dem Betragen, innerlich.</l><lb/>
                <l>Wie? ru&#x0364;hrt denn &#x017F;elb&#x017F;t des Himmels Licht,</l><lb/>
                <l>Rief ich, der Men&#x017F;chen Seelen nicht?</l><lb/>
                <l>Das heut &#x017F;o wunder&#x017F;cho&#x0364;n zu &#x017F;pu&#x0364;ren;</l><lb/>
                <l>Was &#x017F;oll, was kann &#x017F;ie denn doch ru&#x0364;hren?</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="4">
                <l>Wer wundert &#x017F;ich, daß, von der Erden,</l><lb/>
                <l>Die Wunder nicht empfunden werden;</l><lb/>
                <l>Da &#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t, vor der Sonnen, blind,</l><lb/>
                <l>Fu&#x0364;hl- Acht- ja gleich&#x017F;am Sinn- los, &#x017F;ind.</l><lb/>
                <l>Es &#x017F;cheint, dieß u&#x0364;berfu&#x0364;hr&#x2019; euch ganz:</l><lb/>
                <l>Der Erden Pracht, des Himmels Glanz</l><lb/>
                <l>Sey fu&#x0364;r uns Men&#x017F;chen nicht gemacht,</l><lb/>
                <l>Wie wir doch &#x017F;on&#x017F;t &#x017F;o &#x017F;chwu&#x0364;l&#x017F;tig wollen.</l><lb/>
                <l>Denn wenns fu&#x0364;r euch, und GOtt zur Ehr</l><lb/>
                <l>Hervorgebracht und worden wa&#x0364;r;</l><lb/>
                <l>So ha&#x0364;ttet ihrs auch merken &#x017F;ollen,</l><lb/>
                <l>So ha&#x0364;ttet ihrs empfinden, wi&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
                <l>Euch freuen, und GOtt danken mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en.</l><lb/>
                <l>Jhr &#x017F;tu&#x0364;rzt demnach euch &#x017F;elb&#x017F;t vom Thron</l><lb/>
                <l>Des Vorrechts, vor den andern Thieren,</l><lb/>
                <l>Als welche, von des Scho&#x0364;pfers Werken,</l><lb/>
                <l>Die Pracht nicht weniger bemerken,</l><lb/>
                <l>Nicht in geringerm Grad ver&#x017F;pu&#x0364;ren.</l><lb/>
                <l>Denn wahrlich, weniger als ihr,</l><lb/>
                <l>Vergnu&#x0364;get &#x017F;ich, an aller Pracht</l><lb/>
                <l>Deß, was von GOtt hervorgebracht,</l><lb/>
                <l>Zu Seinem Ruhm, kein einzigs Thier.</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="5">
                <l>Ja, wenn wir auch, zu GOttes Ehren,</l><lb/>
                <l>Jn allen Dingen, fu&#x0364;hllos wa&#x0364;ren;</l><lb/>
                <l>So &#x017F;ollt&#x2019; euch doch der Sonnen Glanz</l><lb/>
                <l>Allein, aus eurer Schlaf&#x017F;ucht ganz,</l>
              </lg><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig">J 5</fw>
              <fw place="bottom" type="catch">Durch</fw><lb/>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[137/0155] Ungluͤckl. Unaufmerkſamk. der Menſchen. Jch ſtutzte und betruͤbte mich, Ob dem Betragen, innerlich. Wie? ruͤhrt denn ſelbſt des Himmels Licht, Rief ich, der Menſchen Seelen nicht? Das heut ſo wunderſchoͤn zu ſpuͤren; Was ſoll, was kann ſie denn doch ruͤhren? Wer wundert ſich, daß, von der Erden, Die Wunder nicht empfunden werden; Da ſie ſelbſt, vor der Sonnen, blind, Fuͤhl- Acht- ja gleichſam Sinn- los, ſind. Es ſcheint, dieß uͤberfuͤhr’ euch ganz: Der Erden Pracht, des Himmels Glanz Sey fuͤr uns Menſchen nicht gemacht, Wie wir doch ſonſt ſo ſchwuͤlſtig wollen. Denn wenns fuͤr euch, und GOtt zur Ehr Hervorgebracht und worden waͤr; So haͤttet ihrs auch merken ſollen, So haͤttet ihrs empfinden, wiſſen, Euch freuen, und GOtt danken muͤſſen. Jhr ſtuͤrzt demnach euch ſelbſt vom Thron Des Vorrechts, vor den andern Thieren, Als welche, von des Schoͤpfers Werken, Die Pracht nicht weniger bemerken, Nicht in geringerm Grad verſpuͤren. Denn wahrlich, weniger als ihr, Vergnuͤget ſich, an aller Pracht Deß, was von GOtt hervorgebracht, Zu Seinem Ruhm, kein einzigs Thier. Ja, wenn wir auch, zu GOttes Ehren, Jn allen Dingen, fuͤhllos waͤren; So ſollt’ euch doch der Sonnen Glanz Allein, aus eurer Schlafſucht ganz, Durch J 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/155
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/155>, abgerufen am 27.11.2024.