Da ich hier nun bey so hellem, lieblichen und schönen Wetter, Durch ein klein Gebüsch von Erlen, langsam hin und wieder geh, Und die noch vom Regen feuchte, klebrichte, gesteifte Blätter, Die verschiedentlich durchadert, und woran sich oft das Licht, Durch die kleinen Tief- und Höhen, als in kleinen Spiegeln, bricht, Mit betrachtendem Vergnügen, und mit stillem Geiste seh; Sah ich, mit vermehrter Lust, öfters kleine blaue Thiere, Wie lebendige Sapphire, Mit gefärbt-durchsichtigem, klar- und schimmerndem Ge- fieder, Hin und wieder, Jn veränderlichen, leichten, stillen und doch regen Zügen, Scherzen, schwärmen, schweben, fliegen, Bald sich heben, bald sich setzen, Bald sich trennen, bald sich wieder, durch den Trieb der Liebe, fügen, Und, so viel ihr Aeussers zeiget, sich recht inniglich ergetzen. Aber, wie vermehrt sich noch mein hiedurch erregt Ver- gnügen, Da ich in der, durchs Getrayde, gleich-gezogenen Allee, Unvermuhtet rohten Mohn, deren Bluhmen, wie Rubi- nen, Jn unglaublich grosser Menge, recht an beyden Seiten seh. Wenn der Sonnen himmlisch Feuer ihrer Blätter Gluhr durchstrahlte,
Sie
Die Schoͤnheit der Welt
Da ich hier nun bey ſo hellem, lieblichen und ſchoͤnen Wetter, Durch ein klein Gebuͤſch von Erlen, langſam hin und wieder geh, Und die noch vom Regen feuchte, klebrichte, geſteifte Blaͤtter, Die verſchiedentlich durchadert, und woran ſich oft das Licht, Durch die kleinen Tief- und Hoͤhen, als in kleinen Spiegeln, bricht, Mit betrachtendem Vergnuͤgen, und mit ſtillem Geiſte ſeh; Sah ich, mit vermehrter Luſt, oͤfters kleine blaue Thiere, Wie lebendige Sapphire, Mit gefaͤrbt-durchſichtigem, klar- und ſchimmerndem Ge- fieder, Hin und wieder, Jn veraͤnderlichen, leichten, ſtillen und doch regen Zuͤgen, Scherzen, ſchwaͤrmen, ſchweben, fliegen, Bald ſich heben, bald ſich ſetzen, Bald ſich trennen, bald ſich wieder, durch den Trieb der Liebe, fuͤgen, Und, ſo viel ihr Aeuſſers zeiget, ſich recht inniglich ergetzen. Aber, wie vermehrt ſich noch mein hiedurch erregt Ver- gnuͤgen, Da ich in der, durchs Getrayde, gleich-gezogenen Allee, Unvermuhtet rohten Mohn, deren Bluhmen, wie Rubi- nen, Jn unglaublich groſſer Menge, recht an beyden Seiten ſeh. Wenn der Sonnen himmliſch Feuer ihrer Blaͤtter Gluhr durchſtrahlte,
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Die Schoͤnheit der Welt
Da ich hier nun bey ſo hellem, lieblichen und ſchoͤnen
Wetter,
Durch ein klein Gebuͤſch von Erlen, langſam hin und wieder
geh,
Und die noch vom Regen feuchte, klebrichte, geſteifte
Blaͤtter,
Die verſchiedentlich durchadert, und woran ſich oft das
Licht,
Durch die kleinen Tief- und Hoͤhen, als in kleinen Spiegeln,
bricht,
Mit betrachtendem Vergnuͤgen, und mit ſtillem Geiſte
ſeh;
Sah ich, mit vermehrter Luſt, oͤfters kleine blaue Thiere,
Wie lebendige Sapphire,
Mit gefaͤrbt-durchſichtigem, klar- und ſchimmerndem Ge-
fieder,
Hin und wieder,
Jn veraͤnderlichen, leichten, ſtillen und doch regen Zuͤgen,
Scherzen, ſchwaͤrmen, ſchweben, fliegen,
Bald ſich heben, bald ſich ſetzen,
Bald ſich trennen, bald ſich wieder, durch den Trieb der Liebe,
fuͤgen,
Und, ſo viel ihr Aeuſſers zeiget, ſich recht inniglich ergetzen.
Aber, wie vermehrt ſich noch mein hiedurch erregt Ver-
gnuͤgen,
Da ich in der, durchs Getrayde, gleich-gezogenen Allee,
Unvermuhtet rohten Mohn, deren Bluhmen, wie Rubi-
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Jn unglaublich groſſer Menge, recht an beyden Seiten
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/144>, abgerufen am 30.01.2025.
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