Wahrhaftig, es ist sehr betrübt, daß Menschen, so verstockt zu sprechen, So blind und so unüberlegt was anzusehn, sich nicht ent- brechen; Da ja die tägliche Erfahrung uns zeigt und überzeuglich lehrt, Wie noht und nütz der Ueberfluß, und wie Der zu bewundern wehrt, Der, da der Ueberfluß uns nöhtig, uns auch den Ueberfluß beschehrt.
Beschwehren wir uns wohl darüber, wenn unsre Hühner öfters pflegen, Für uns, in einem einzgen Jahr, drey hundert Eyer fast zu legen, Wovon kein einzigs ausgebrütet, und alle sonst verzehret werden, Daß ihre Fruchtbarkeit zu stark? Kann man nicht augen- scheinlich sehn, Daß, durch den mächtigen Regierer und Schöpfer Himmels und der Erden, Der unerschöpften Fruchtbarkeit gehäufte Wirkungen geschehn, Damit nicht nur die Arten bleiben; nein, daß ihr grosser Ueberfluß, Nicht nur den Thieren, auch den Menschen, zum nütz- und lieblichem Genuß, Gereichen und sich mehren sollte. Wir sehen denn auch hier die Spur, Und zwar mit einer frohen Ehrfurcht, daß in den Werken der Natur
Zu
Von den Bewohnern
Wahrhaftig, es iſt ſehr betruͤbt, daß Menſchen, ſo verſtockt zu ſprechen, So blind und ſo unuͤberlegt was anzuſehn, ſich nicht ent- brechen; Da ja die taͤgliche Erfahrung uns zeigt und uͤberzeuglich lehrt, Wie noht und nuͤtz der Ueberfluß, und wie Der zu bewundern wehrt, Der, da der Ueberfluß uns noͤhtig, uns auch den Ueberfluß beſchehrt.
Beſchwehren wir uns wohl daruͤber, wenn unſre Huͤhner oͤfters pflegen, Fuͤr uns, in einem einzgen Jahr, drey hundert Eyer faſt zu legen, Wovon kein einzigs ausgebruͤtet, und alle ſonſt verzehret werden, Daß ihre Fruchtbarkeit zu ſtark? Kann man nicht augen- ſcheinlich ſehn, Daß, durch den maͤchtigen Regierer und Schoͤpfer Himmels und der Erden, Der unerſchoͤpften Fruchtbarkeit gehaͤufte Wirkungen geſchehn, Damit nicht nur die Arten bleiben; nein, daß ihr groſſer Ueberfluß, Nicht nur den Thieren, auch den Menſchen, zum nuͤtz- und lieblichem Genuß, Gereichen und ſich mehren ſollte. Wir ſehen denn auch hier die Spur, Und zwar mit einer frohen Ehrfurcht, daß in den Werken der Natur
Zu
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[102/0120]
Von den Bewohnern
Wahrhaftig, es iſt ſehr betruͤbt, daß Menſchen, ſo verſtockt
zu ſprechen,
So blind und ſo unuͤberlegt was anzuſehn, ſich nicht ent-
brechen;
Da ja die taͤgliche Erfahrung uns zeigt und uͤberzeuglich
lehrt,
Wie noht und nuͤtz der Ueberfluß, und wie Der zu bewundern
wehrt,
Der, da der Ueberfluß uns noͤhtig, uns auch den Ueberfluß
beſchehrt.
Beſchwehren wir uns wohl daruͤber, wenn unſre Huͤhner
oͤfters pflegen,
Fuͤr uns, in einem einzgen Jahr, drey hundert Eyer faſt zu
legen,
Wovon kein einzigs ausgebruͤtet, und alle ſonſt verzehret
werden,
Daß ihre Fruchtbarkeit zu ſtark? Kann man nicht augen-
ſcheinlich ſehn,
Daß, durch den maͤchtigen Regierer und Schoͤpfer Himmels
und der Erden,
Der unerſchoͤpften Fruchtbarkeit gehaͤufte Wirkungen
geſchehn,
Damit nicht nur die Arten bleiben; nein, daß ihr groſſer
Ueberfluß,
Nicht nur den Thieren, auch den Menſchen, zum nuͤtz- und
lieblichem Genuß,
Gereichen und ſich mehren ſollte. Wir ſehen denn auch hier
die Spur,
Und zwar mit einer frohen Ehrfurcht, daß in den Werken
der Natur
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/120>, abgerufen am 24.11.2024.
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