Weil es nimmermehr zu glauben, da sie Gottes Diener seyn, Daß, da Erd und Himmel redet, sie von ihrem Herrn allein Ungebührlich schweigen wollten. Keiner würd aus ihnen ruhn, Dem mit Eifer nachzufolgen, was bereits verschiedne thun.
Also seht ihr Physici, wie so viel daran gelegen, Anders, als bisher geschehn, Gott in Werken zu erwegen, Daß ihr künftig, statt zu grübeln, zu verstehen, zu begreifen, Und stets neue Meynungen, mit den vorigen, zu häufen, Weches nichts, als Zank, erregt, uns nur zum Bewundern führt, Welches eigentlich die Ehre, die als Schöpfer, Gott gebührt.
Ob ich nun von euch noch dieses, nach der Liebe, glauben muß, Daß ihr dieses wahr befindet, und daß ihr vielleicht gedenket: Wenn ihr erst begriffen hättet, wäre dieses euer Schluß, Aufs Bewundern euch zu legen, und so dann den Ueberfluß Göttlicher Vollkommenheiten, nach Vermögen, zu verehren.
Aber dieses ist nicht möglich, denn die ganze Lebenszeit Jst zum fassen nicht genug, und ich muß euch hier erklären, Daß gewiß der letzte Tag, wegen der Unzählbarkeit Des, so ihr begreifen wollet, euch schon übereilen wird, Eh ihr eure Pflicht, den Schöpfer zu bewundern, ihn zu loben, Seiner Huld euch zu erfreun, ihm zum Ruhm, nur angehoben.
Also seht ihr überzeuglich, daß ihr euch hierin geirrt; Denn dieß ist nicht zu verneinen, daß bey euch, auf diese Weise, Da ihr bloß zu fassen sucht, zu des großen Schöpfers Preise, Weil des Fassens gar kein Ende, des Bewunderns nimmermehr Könn ein Anfang seyn gemacht. Jn der Kraft von unserm Geiste, Wenn wir alles fassen wollen, wenigstens das allermeiste, Treffen wir das wahre Nichts klärer, als fast nirgend an, Da man minder, als vom Etwas, nichts von Nichts begrei- fen kann.
Wann
in der Betrachtung vom Nichts.
Weil es nimmermehr zu glauben, da ſie Gottes Diener ſeyn, Daß, da Erd und Himmel redet, ſie von ihrem Herrn allein Ungebuͤhrlich ſchweigen wollten. Keiner wuͤrd aus ihnen ruhn, Dem mit Eifer nachzufolgen, was bereits verſchiedne thun.
Alſo ſeht ihr Phyſici, wie ſo viel daran gelegen, Anders, als bisher geſchehn, Gott in Werken zu erwegen, Daß ihr kuͤnftig, ſtatt zu gruͤbeln, zu verſtehen, zu begreifen, Und ſtets neue Meynungen, mit den vorigen, zu haͤufen, Weches nichts, als Zank, erregt, uns nur zum Bewundern fuͤhrt, Welches eigentlich die Ehre, die als Schoͤpfer, Gott gebuͤhrt.
Ob ich nun von euch noch dieſes, nach der Liebe, glauben muß, Daß ihr dieſes wahr befindet, und daß ihr vielleicht gedenket: Wenn ihr erſt begriffen haͤttet, waͤre dieſes euer Schluß, Aufs Bewundern euch zu legen, und ſo dann den Ueberfluß Goͤttlicher Vollkommenheiten, nach Vermoͤgen, zu verehren.
Aber dieſes iſt nicht moͤglich, denn die ganze Lebenszeit Jſt zum faſſen nicht genug, und ich muß euch hier erklaͤren, Daß gewiß der letzte Tag, wegen der Unzaͤhlbarkeit Des, ſo ihr begreifen wollet, euch ſchon uͤbereilen wird, Eh ihr eure Pflicht, den Schoͤpfer zu bewundern, ihn zu loben, Seiner Huld euch zu erfreun, ihm zum Ruhm, nur angehoben.
Alſo ſeht ihr uͤberzeuglich, daß ihr euch hierin geirrt; Denn dieß iſt nicht zu verneinen, daß bey euch, auf dieſe Weiſe, Da ihr bloß zu faſſen ſucht, zu des großen Schoͤpfers Preiſe, Weil des Faſſens gar kein Ende, des Bewunderns nimmermehr Koͤnn ein Anfang ſeyn gemacht. Jn der Kraft von unſerm Geiſte, Wenn wir alles faſſen wollen, wenigſtens das allermeiſte, Treffen wir das wahre Nichts klaͤrer, als faſt nirgend an, Da man minder, als vom Etwas, nichts von Nichts begrei- fen kann.
Wann
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in der Betrachtung vom Nichts.
Weil es nimmermehr zu glauben, da ſie Gottes Diener ſeyn,
Daß, da Erd und Himmel redet, ſie von ihrem Herrn allein
Ungebuͤhrlich ſchweigen wollten. Keiner wuͤrd aus ihnen ruhn,
Dem mit Eifer nachzufolgen, was bereits verſchiedne thun.
Alſo ſeht ihr Phyſici, wie ſo viel daran gelegen,
Anders, als bisher geſchehn, Gott in Werken zu erwegen,
Daß ihr kuͤnftig, ſtatt zu gruͤbeln, zu verſtehen, zu begreifen,
Und ſtets neue Meynungen, mit den vorigen, zu haͤufen,
Weches nichts, als Zank, erregt, uns nur zum Bewundern fuͤhrt,
Welches eigentlich die Ehre, die als Schoͤpfer, Gott gebuͤhrt.
Ob ich nun von euch noch dieſes, nach der Liebe, glauben muß,
Daß ihr dieſes wahr befindet, und daß ihr vielleicht gedenket:
Wenn ihr erſt begriffen haͤttet, waͤre dieſes euer Schluß,
Aufs Bewundern euch zu legen, und ſo dann den Ueberfluß
Goͤttlicher Vollkommenheiten, nach Vermoͤgen, zu verehren.
Aber dieſes iſt nicht moͤglich, denn die ganze Lebenszeit
Jſt zum faſſen nicht genug, und ich muß euch hier erklaͤren,
Daß gewiß der letzte Tag, wegen der Unzaͤhlbarkeit
Des, ſo ihr begreifen wollet, euch ſchon uͤbereilen wird,
Eh ihr eure Pflicht, den Schoͤpfer zu bewundern, ihn zu loben,
Seiner Huld euch zu erfreun, ihm zum Ruhm, nur angehoben.
Alſo ſeht ihr uͤberzeuglich, daß ihr euch hierin geirrt;
Denn dieß iſt nicht zu verneinen, daß bey euch, auf dieſe Weiſe,
Da ihr bloß zu faſſen ſucht, zu des großen Schoͤpfers Preiſe,
Weil des Faſſens gar kein Ende, des Bewunderns nimmermehr
Koͤnn ein Anfang ſeyn gemacht. Jn der Kraft von unſerm
Geiſte,
Wenn wir alles faſſen wollen, wenigſtens das allermeiſte,
Treffen wir das wahre Nichts klaͤrer, als faſt nirgend an,
Da man minder, als vom Etwas, nichts von Nichts begrei-
fen kann.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 701. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/725>, abgerufen am 15.08.2024.
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