Und seine denkend' Eigenschaft so wenig wirkt, als sie er- nährt: So ist es nöthig, daß dieß Wesen, sein eigen Wesen so er- gründet, Als es durch sich gelangen kann. Nun sieht es, daß es sich verbindet, Durch seines Körpers rege Sinnen, mit einer Welt, die ihn umringt, Die körperlich, die voller Wunder, die so an Form, als Far- ben, schön; Aus welcher ihm, durch fühlen, schmecken, so wie durch rie- chen, hören, sehn, So mancherley Vergnüglichkeit, so manche süsse Lust ent- springt, Wenn er sie nur in Ordnung braucht, das heißt, daß er sich auf sie lenket, Und dadurch, daß er mit Bedacht, daß sie ihn rühren, überdenket, Sie wenn er will, mit sich vereinigt, und dadurch, wenn er denkend, fühlt, Durch sich, und durch sein inners Wesen, in sich selbst man- che Lust erzielt.
Hieraus entspringet eine Pflicht, nach Möglichkeit sich zu vergnügen, Und zu derselbigen Gebrauch, Bewundrung, Lust und Dank zu fügen, Weil sie ganz überzeuglich spürt, daß eben dadurch bloß allein, Die Absicht einer ewgen Güte, und sein nur uns ersprießlich Wollen, Daß wir in unsrer Lust ihn ehren, durch unsre Freud ihn preisen sollen, Und sein, nur seiner würdger Endzweck, am würdigsten er- halten seyn.
So
Betrachtung einiger Pflichten
Und ſeine denkend’ Eigenſchaft ſo wenig wirkt, als ſie er- naͤhrt: So iſt es noͤthig, daß dieß Weſen, ſein eigen Weſen ſo er- gruͤndet, Als es durch ſich gelangen kann. Nun ſieht es, daß es ſich verbindet, Durch ſeines Koͤrpers rege Sinnen, mit einer Welt, die ihn umringt, Die koͤrperlich, die voller Wunder, die ſo an Form, als Far- ben, ſchoͤn; Aus welcher ihm, durch fuͤhlen, ſchmecken, ſo wie durch rie- chen, hoͤren, ſehn, So mancherley Vergnuͤglichkeit, ſo manche ſuͤſſe Luſt ent- ſpringt, Wenn er ſie nur in Ordnung braucht, das heißt, daß er ſich auf ſie lenket, Und dadurch, daß er mit Bedacht, daß ſie ihn ruͤhren, uͤberdenket, Sie wenn er will, mit ſich vereinigt, und dadurch, wenn er denkend, fuͤhlt, Durch ſich, und durch ſein inners Weſen, in ſich ſelbſt man- che Luſt erzielt.
Hieraus entſpringet eine Pflicht, nach Moͤglichkeit ſich zu vergnuͤgen, Und zu derſelbigen Gebrauch, Bewundrung, Luſt und Dank zu fuͤgen, Weil ſie ganz uͤberzeuglich ſpuͤrt, daß eben dadurch bloß allein, Die Abſicht einer ewgen Guͤte, und ſein nur uns erſprießlich Wollen, Daß wir in unſrer Luſt ihn ehren, durch unſre Freud ihn preiſen ſollen, Und ſein, nur ſeiner wuͤrdger Endzweck, am wuͤrdigſten er- halten ſeyn.
So
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Betrachtung einiger Pflichten
Und ſeine denkend’ Eigenſchaft ſo wenig wirkt, als ſie er-
naͤhrt:
So iſt es noͤthig, daß dieß Weſen, ſein eigen Weſen ſo er-
gruͤndet,
Als es durch ſich gelangen kann. Nun ſieht es, daß es ſich
verbindet,
Durch ſeines Koͤrpers rege Sinnen, mit einer Welt, die ihn
umringt,
Die koͤrperlich, die voller Wunder, die ſo an Form, als Far-
ben, ſchoͤn;
Aus welcher ihm, durch fuͤhlen, ſchmecken, ſo wie durch rie-
chen, hoͤren, ſehn,
So mancherley Vergnuͤglichkeit, ſo manche ſuͤſſe Luſt ent-
ſpringt,
Wenn er ſie nur in Ordnung braucht, das heißt, daß er ſich
auf ſie lenket,
Und dadurch, daß er mit Bedacht, daß ſie ihn ruͤhren, uͤberdenket,
Sie wenn er will, mit ſich vereinigt, und dadurch, wenn er
denkend, fuͤhlt,
Durch ſich, und durch ſein inners Weſen, in ſich ſelbſt man-
che Luſt erzielt.
Hieraus entſpringet eine Pflicht, nach Moͤglichkeit ſich zu
vergnuͤgen,
Und zu derſelbigen Gebrauch, Bewundrung, Luſt und Dank zu
fuͤgen,
Weil ſie ganz uͤberzeuglich ſpuͤrt, daß eben dadurch bloß allein,
Die Abſicht einer ewgen Guͤte, und ſein nur uns erſprießlich
Wollen,
Daß wir in unſrer Luſt ihn ehren, durch unſre Freud ihn
preiſen ſollen,
Und ſein, nur ſeiner wuͤrdger Endzweck, am wuͤrdigſten er-
halten ſeyn.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 654. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/678>, abgerufen am 24.11.2024.
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