So laßt uns einmal unsre Welt, wenn keine Menschen Hand sich fünde, Mit Ernst und Achtsamkeit besehn, und merken, wie es um sie stünde.
Ohn Hand würd alle Ordnung weg, es würd' ein Jrr- thum allgemein, Ja Schmutz und Unrath allenthalben und überall Verwir- rung seyn; Es würde zwar, durch Sonn und Thau und Regen, Samen können keimen, Auch Gras und Kraut das Land bedecken, es würden auch wohl Frücht entspringen: Doch wärens meist verlohrne Schätze. Was würd es doch für Nutzen bringen? Wer wäre, sonder Hand, geschickt, es einzuerndten, aufzu- räumen, Zu pflügen, Unkraut zu vertilgen? Noch weiter, unsre Erde würde Zwar, sonder unsrer Hände Zuthun, noch wohl verschiedne Thiere nähren: Allein wem könnten sie doch nützen? Was könnten sie für Dienst gewähren? Es würden nie geschohrne Schafe, gedrückt von schmutzger Wolle Bürde, Die Ueberlast kaum tragen können. So würden gleichfalls Küh und Ziegen, Von ihrer eignen Milch beschwehrt, beständig ungemolken liegen. Die Wälder zeugten uns zwar Holz, der Schooß der Erden gnug Metallen,
Die
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der Wohlthaten in der Hand.
So laßt uns einmal unſre Welt, wenn keine Menſchen Hand ſich fuͤnde, Mit Ernſt und Achtſamkeit beſehn, und merken, wie es um ſie ſtuͤnde.
Ohn Hand wuͤrd alle Ordnung weg, es wuͤrd’ ein Jrr- thum allgemein, Ja Schmutz und Unrath allenthalben und uͤberall Verwir- rung ſeyn; Es wuͤrde zwar, durch Sonn und Thau und Regen, Samen koͤnnen keimen, Auch Gras und Kraut das Land bedecken, es wuͤrden auch wohl Fruͤcht entſpringen: Doch waͤrens meiſt verlohrne Schaͤtze. Was wuͤrd es doch fuͤr Nutzen bringen? Wer waͤre, ſonder Hand, geſchickt, es einzuerndten, aufzu- raͤumen, Zu pfluͤgen, Unkraut zu vertilgen? Noch weiter, unſre Erde wuͤrde Zwar, ſonder unſrer Haͤnde Zuthun, noch wohl verſchiedne Thiere naͤhren: Allein wem koͤnnten ſie doch nuͤtzen? Was koͤnnten ſie fuͤr Dienſt gewaͤhren? Es wuͤrden nie geſchohrne Schafe, gedruͤckt von ſchmutzger Wolle Buͤrde, Die Ueberlaſt kaum tragen koͤnnen. So wuͤrden gleichfalls Kuͤh und Ziegen, Von ihrer eignen Milch beſchwehrt, beſtaͤndig ungemolken liegen. Die Waͤlder zeugten uns zwar Holz, der Schooß der Erden gnug Metallen,
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der Wohlthaten in der Hand.
So laßt uns einmal unſre Welt, wenn keine Menſchen Hand
ſich fuͤnde,
Mit Ernſt und Achtſamkeit beſehn, und merken, wie es um
ſie ſtuͤnde.
Ohn Hand wuͤrd alle Ordnung weg, es wuͤrd’ ein Jrr-
thum allgemein,
Ja Schmutz und Unrath allenthalben und uͤberall Verwir-
rung ſeyn;
Es wuͤrde zwar, durch Sonn und Thau und Regen, Samen
koͤnnen keimen,
Auch Gras und Kraut das Land bedecken, es wuͤrden auch
wohl Fruͤcht entſpringen:
Doch waͤrens meiſt verlohrne Schaͤtze. Was wuͤrd es doch
fuͤr Nutzen bringen?
Wer waͤre, ſonder Hand, geſchickt, es einzuerndten, aufzu-
raͤumen,
Zu pfluͤgen, Unkraut zu vertilgen? Noch weiter, unſre Erde
wuͤrde
Zwar, ſonder unſrer Haͤnde Zuthun, noch wohl verſchiedne
Thiere naͤhren:
Allein wem koͤnnten ſie doch nuͤtzen? Was koͤnnten ſie fuͤr
Dienſt gewaͤhren?
Es wuͤrden nie geſchohrne Schafe, gedruͤckt von ſchmutzger
Wolle Buͤrde,
Die Ueberlaſt kaum tragen koͤnnen. So wuͤrden gleichfalls
Kuͤh und Ziegen,
Von ihrer eignen Milch beſchwehrt, beſtaͤndig ungemolken
liegen.
Die Waͤlder zeugten uns zwar Holz, der Schooß der Erden
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 631. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/655>, abgerufen am 23.11.2024.
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