Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite

der Wohlthaten in der Hand.
So laßt uns einmal unsre Welt, wenn keine Menschen Hand
sich fünde,
Mit Ernst und Achtsamkeit besehn, und merken, wie es um
sie stünde.

Ohn Hand würd alle Ordnung weg, es würd' ein Jrr-
thum allgemein,

Ja Schmutz und Unrath allenthalben und überall Verwir-
rung seyn;

Es würde zwar, durch Sonn und Thau und Regen, Samen
können keimen,

Auch Gras und Kraut das Land bedecken, es würden auch
wohl Frücht entspringen:

Doch wärens meist verlohrne Schätze. Was würd es doch
für Nutzen bringen?

Wer wäre, sonder Hand, geschickt, es einzuerndten, aufzu-
räumen,

Zu pflügen, Unkraut zu vertilgen? Noch weiter, unsre Erde
würde

Zwar, sonder unsrer Hände Zuthun, noch wohl verschiedne
Thiere nähren:

Allein wem könnten sie doch nützen? Was könnten sie für
Dienst gewähren?

Es würden nie geschohrne Schafe, gedrückt von schmutzger
Wolle Bürde,

Die Ueberlast kaum tragen können. So würden gleichfalls
Küh und Ziegen,

Von ihrer eignen Milch beschwehrt, beständig ungemolken
liegen.

Die Wälder zeugten uns zwar Holz, der Schooß der Erden
gnug Metallen,
Die
R r 4

der Wohlthaten in der Hand.
So laßt uns einmal unſre Welt, wenn keine Menſchen Hand
ſich fuͤnde,
Mit Ernſt und Achtſamkeit beſehn, und merken, wie es um
ſie ſtuͤnde.

Ohn Hand wuͤrd alle Ordnung weg, es wuͤrd’ ein Jrr-
thum allgemein,

Ja Schmutz und Unrath allenthalben und uͤberall Verwir-
rung ſeyn;

Es wuͤrde zwar, durch Sonn und Thau und Regen, Samen
koͤnnen keimen,

Auch Gras und Kraut das Land bedecken, es wuͤrden auch
wohl Fruͤcht entſpringen:

Doch waͤrens meiſt verlohrne Schaͤtze. Was wuͤrd es doch
fuͤr Nutzen bringen?

Wer waͤre, ſonder Hand, geſchickt, es einzuerndten, aufzu-
raͤumen,

Zu pfluͤgen, Unkraut zu vertilgen? Noch weiter, unſre Erde
wuͤrde

Zwar, ſonder unſrer Haͤnde Zuthun, noch wohl verſchiedne
Thiere naͤhren:

Allein wem koͤnnten ſie doch nuͤtzen? Was koͤnnten ſie fuͤr
Dienſt gewaͤhren?

Es wuͤrden nie geſchohrne Schafe, gedruͤckt von ſchmutzger
Wolle Buͤrde,

Die Ueberlaſt kaum tragen koͤnnen. So wuͤrden gleichfalls
Kuͤh und Ziegen,

Von ihrer eignen Milch beſchwehrt, beſtaͤndig ungemolken
liegen.

Die Waͤlder zeugten uns zwar Holz, der Schooß der Erden
gnug Metallen,
Die
R r 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg n="14">
            <l><pb facs="#f0655" n="631"/><fw place="top" type="header">der Wohlthaten in der Hand.</fw><lb/>
So laßt uns einmal un&#x017F;re Welt, wenn keine Men&#x017F;chen Hand<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;ich fu&#x0364;nde,</hi></l><lb/>
            <l>Mit Ern&#x017F;t und Acht&#x017F;amkeit be&#x017F;ehn, und merken, wie es um<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;ie &#x017F;tu&#x0364;nde.</hi></l>
          </lg><lb/>
          <lg n="15">
            <l>Ohn Hand wu&#x0364;rd alle Ordnung weg, es wu&#x0364;rd&#x2019; ein Jrr-<lb/><hi rendition="#et">thum allgemein,</hi></l><lb/>
            <l>Ja Schmutz und Unrath allenthalben und u&#x0364;berall Verwir-<lb/><hi rendition="#et">rung &#x017F;eyn;</hi></l><lb/>
            <l>Es wu&#x0364;rde zwar, durch Sonn und Thau und Regen, Samen<lb/><hi rendition="#et">ko&#x0364;nnen keimen,</hi></l><lb/>
            <l>Auch Gras und Kraut das Land bedecken, es wu&#x0364;rden auch<lb/><hi rendition="#et">wohl Fru&#x0364;cht ent&#x017F;pringen:</hi></l><lb/>
            <l>Doch wa&#x0364;rens mei&#x017F;t verlohrne Scha&#x0364;tze. Was wu&#x0364;rd es doch<lb/><hi rendition="#et">fu&#x0364;r Nutzen bringen?</hi></l><lb/>
            <l>Wer wa&#x0364;re, &#x017F;onder Hand, ge&#x017F;chickt, es einzuerndten, aufzu-<lb/><hi rendition="#et">ra&#x0364;umen,</hi></l><lb/>
            <l>Zu pflu&#x0364;gen, Unkraut zu vertilgen? Noch weiter, un&#x017F;re Erde<lb/><hi rendition="#et">wu&#x0364;rde</hi></l><lb/>
            <l>Zwar, &#x017F;onder un&#x017F;rer Ha&#x0364;nde Zuthun, noch wohl ver&#x017F;chiedne<lb/><hi rendition="#et">Thiere na&#x0364;hren:</hi></l><lb/>
            <l>Allein wem ko&#x0364;nnten &#x017F;ie doch nu&#x0364;tzen? Was ko&#x0364;nnten &#x017F;ie fu&#x0364;r<lb/><hi rendition="#et">Dien&#x017F;t gewa&#x0364;hren?</hi></l><lb/>
            <l>Es wu&#x0364;rden nie ge&#x017F;chohrne Schafe, gedru&#x0364;ckt von &#x017F;chmutzger<lb/><hi rendition="#et">Wolle Bu&#x0364;rde,</hi></l><lb/>
            <l>Die Ueberla&#x017F;t kaum tragen ko&#x0364;nnen. So wu&#x0364;rden gleichfalls<lb/><hi rendition="#et">Ku&#x0364;h und Ziegen,</hi></l><lb/>
            <l>Von ihrer eignen Milch be&#x017F;chwehrt, be&#x017F;ta&#x0364;ndig ungemolken<lb/><hi rendition="#et">liegen.</hi></l><lb/>
            <l>Die Wa&#x0364;lder zeugten uns zwar Holz, der Schooß der Erden<lb/><hi rendition="#et">gnug Metallen,</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">R r 4</fw><fw place="bottom" type="catch">Die</fw><lb/></l>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[631/0655] der Wohlthaten in der Hand. So laßt uns einmal unſre Welt, wenn keine Menſchen Hand ſich fuͤnde, Mit Ernſt und Achtſamkeit beſehn, und merken, wie es um ſie ſtuͤnde. Ohn Hand wuͤrd alle Ordnung weg, es wuͤrd’ ein Jrr- thum allgemein, Ja Schmutz und Unrath allenthalben und uͤberall Verwir- rung ſeyn; Es wuͤrde zwar, durch Sonn und Thau und Regen, Samen koͤnnen keimen, Auch Gras und Kraut das Land bedecken, es wuͤrden auch wohl Fruͤcht entſpringen: Doch waͤrens meiſt verlohrne Schaͤtze. Was wuͤrd es doch fuͤr Nutzen bringen? Wer waͤre, ſonder Hand, geſchickt, es einzuerndten, aufzu- raͤumen, Zu pfluͤgen, Unkraut zu vertilgen? Noch weiter, unſre Erde wuͤrde Zwar, ſonder unſrer Haͤnde Zuthun, noch wohl verſchiedne Thiere naͤhren: Allein wem koͤnnten ſie doch nuͤtzen? Was koͤnnten ſie fuͤr Dienſt gewaͤhren? Es wuͤrden nie geſchohrne Schafe, gedruͤckt von ſchmutzger Wolle Buͤrde, Die Ueberlaſt kaum tragen koͤnnen. So wuͤrden gleichfalls Kuͤh und Ziegen, Von ihrer eignen Milch beſchwehrt, beſtaͤndig ungemolken liegen. Die Waͤlder zeugten uns zwar Holz, der Schooß der Erden gnug Metallen, Die R r 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/655
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 631. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/655>, abgerufen am 23.11.2024.