Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite
Versuch einer gewissen Lehre.
Es wird gewiß kein Widerspruch, aus diesem Satz, heraus-
gebracht,

Zu glauben, daß es Gott gefallen, wie er aus nichts die Kör-
per macht,

Die Körper immer zu verbessern; und, weil der Körper Gren-
zen nicht

Unendlich sich verbessern lassen, Er selbige so zugericht,
Und ihnen dieses große Gut, nach seiner Güte, wollen gönnen,
Daß sie, auf unbekannte Weise, verkläret, geistig werden können.
Vielmehr scheint dieses uns von Gott, in mehren, ja in allen
Dingen,

Uns eine herrliche Jdee, von Lieb und Allmacht, beyzubringen.
Dereinst, von ihm erschaffnen Sachen, Vollkommenheiten zu
vergrößern,

Und alles ins unendliche, zu seinen Ehren, zu verbessern.
Du sprichst vielleicht: Dieß kann nicht seyn. Ein Wider-
spruch ist offenbar,

Was leiblich ist, besteht aus Theilen, ein geistiges hingegen
nicht,

Als welches einfach. Aber hör! ist es unwidersprechlich
wahr,

Daß Geister müssen einfach seyn? Jch nehme deinen Un-
terricht,

Daß Körper stets gefüget seyn, so wie du es verlangest, an.
Allein ich füge nur hinzu: Aus Theilen, welche kör-
perlich.

Hieraus nun folget, daß man auch von Geistern füglich sa-
gen kann,

Daß sie nicht weniger gefüget. Jedoch, mein Freund, verste-
he mich,
Aus
Verſuch einer gewiſſen Lehre.
Es wird gewiß kein Widerſpruch, aus dieſem Satz, heraus-
gebracht,

Zu glauben, daß es Gott gefallen, wie er aus nichts die Koͤr-
per macht,

Die Koͤrper immer zu verbeſſern; und, weil der Koͤrper Gren-
zen nicht

Unendlich ſich verbeſſern laſſen, Er ſelbige ſo zugericht,
Und ihnen dieſes große Gut, nach ſeiner Guͤte, wollen goͤnnen,
Daß ſie, auf unbekannte Weiſe, verklaͤret, geiſtig werden koͤnnen.
Vielmehr ſcheint dieſes uns von Gott, in mehren, ja in allen
Dingen,

Uns eine herrliche Jdee, von Lieb und Allmacht, beyzubringen.
Dereinſt, von ihm erſchaffnen Sachen, Vollkommenheiten zu
vergroͤßern,

Und alles ins unendliche, zu ſeinen Ehren, zu verbeſſern.
Du ſprichſt vielleicht: Dieß kann nicht ſeyn. Ein Wider-
ſpruch iſt offenbar,

Was leiblich iſt, beſteht aus Theilen, ein geiſtiges hingegen
nicht,

Als welches einfach. Aber hoͤr! iſt es unwiderſprechlich
wahr,

Daß Geiſter muͤſſen einfach ſeyn? Jch nehme deinen Un-
terricht,

Daß Koͤrper ſtets gefuͤget ſeyn, ſo wie du es verlangeſt, an.
Allein ich fuͤge nur hinzu: Aus Theilen, welche koͤr-
perlich.

Hieraus nun folget, daß man auch von Geiſtern fuͤglich ſa-
gen kann,

Daß ſie nicht weniger gefuͤget. Jedoch, mein Freund, verſte-
he mich,
Aus
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0636" n="612"/>
          <fw place="top" type="header">Ver&#x017F;uch einer gewi&#x017F;&#x017F;en Lehre.</fw><lb/>
          <lg n="19">
            <l>Es wird gewiß kein Wider&#x017F;pruch, aus die&#x017F;em Satz, heraus-<lb/><hi rendition="#et">gebracht,</hi></l><lb/>
            <l>Zu glauben, daß es Gott gefallen, wie er aus nichts die Ko&#x0364;r-<lb/><hi rendition="#et">per macht,</hi></l><lb/>
            <l>Die Ko&#x0364;rper immer zu verbe&#x017F;&#x017F;ern; und, weil der Ko&#x0364;rper Gren-<lb/><hi rendition="#et">zen nicht</hi></l><lb/>
            <l>Unendlich &#x017F;ich verbe&#x017F;&#x017F;ern la&#x017F;&#x017F;en, Er &#x017F;elbige &#x017F;o zugericht,</l><lb/>
            <l>Und ihnen die&#x017F;es große Gut, nach &#x017F;einer Gu&#x0364;te, wollen go&#x0364;nnen,</l><lb/>
            <l>Daß &#x017F;ie, auf unbekannte Wei&#x017F;e, verkla&#x0364;ret, gei&#x017F;tig werden ko&#x0364;nnen.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="20">
            <l>Vielmehr &#x017F;cheint die&#x017F;es uns von Gott, in mehren, ja in allen<lb/><hi rendition="#et">Dingen,</hi></l><lb/>
            <l>Uns eine herrliche Jdee, von Lieb und Allmacht, beyzubringen.</l><lb/>
            <l>Derein&#x017F;t, von ihm er&#x017F;chaffnen Sachen, Vollkommenheiten zu<lb/><hi rendition="#et">vergro&#x0364;ßern,</hi></l><lb/>
            <l>Und alles ins unendliche, zu &#x017F;einen Ehren, zu verbe&#x017F;&#x017F;ern.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="21">
            <l>Du &#x017F;prich&#x017F;t vielleicht: Dieß kann nicht &#x017F;eyn. Ein Wider-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;pruch i&#x017F;t offenbar,</hi></l><lb/>
            <l>Was leiblich i&#x017F;t, be&#x017F;teht aus Theilen, ein gei&#x017F;tiges hingegen<lb/><hi rendition="#et">nicht,</hi></l><lb/>
            <l>Als welches einfach. Aber ho&#x0364;r! i&#x017F;t es unwider&#x017F;prechlich<lb/><hi rendition="#et">wahr,</hi></l><lb/>
            <l>Daß Gei&#x017F;ter mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en einfach &#x017F;eyn? Jch nehme deinen Un-<lb/><hi rendition="#et">terricht,</hi></l><lb/>
            <l>Daß Ko&#x0364;rper &#x017F;tets gefu&#x0364;get &#x017F;eyn, &#x017F;o wie du es verlange&#x017F;t, an.</l><lb/>
            <l>Allein ich fu&#x0364;ge nur hinzu: <hi rendition="#fr">Aus Theilen, welche ko&#x0364;r-<lb/><hi rendition="#et">perlich.</hi></hi></l><lb/>
            <l>Hieraus nun folget, daß man auch von Gei&#x017F;tern fu&#x0364;glich &#x017F;a-<lb/><hi rendition="#et">gen kann,</hi></l><lb/>
            <l>Daß &#x017F;ie nicht weniger gefu&#x0364;get. Jedoch, mein Freund, ver&#x017F;te-<lb/><hi rendition="#et">he mich,</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Aus</fw><lb/></l>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[612/0636] Verſuch einer gewiſſen Lehre. Es wird gewiß kein Widerſpruch, aus dieſem Satz, heraus- gebracht, Zu glauben, daß es Gott gefallen, wie er aus nichts die Koͤr- per macht, Die Koͤrper immer zu verbeſſern; und, weil der Koͤrper Gren- zen nicht Unendlich ſich verbeſſern laſſen, Er ſelbige ſo zugericht, Und ihnen dieſes große Gut, nach ſeiner Guͤte, wollen goͤnnen, Daß ſie, auf unbekannte Weiſe, verklaͤret, geiſtig werden koͤnnen. Vielmehr ſcheint dieſes uns von Gott, in mehren, ja in allen Dingen, Uns eine herrliche Jdee, von Lieb und Allmacht, beyzubringen. Dereinſt, von ihm erſchaffnen Sachen, Vollkommenheiten zu vergroͤßern, Und alles ins unendliche, zu ſeinen Ehren, zu verbeſſern. Du ſprichſt vielleicht: Dieß kann nicht ſeyn. Ein Wider- ſpruch iſt offenbar, Was leiblich iſt, beſteht aus Theilen, ein geiſtiges hingegen nicht, Als welches einfach. Aber hoͤr! iſt es unwiderſprechlich wahr, Daß Geiſter muͤſſen einfach ſeyn? Jch nehme deinen Un- terricht, Daß Koͤrper ſtets gefuͤget ſeyn, ſo wie du es verlangeſt, an. Allein ich fuͤge nur hinzu: Aus Theilen, welche koͤr- perlich. Hieraus nun folget, daß man auch von Geiſtern fuͤglich ſa- gen kann, Daß ſie nicht weniger gefuͤget. Jedoch, mein Freund, verſte- he mich, Aus

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/636
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 612. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/636>, abgerufen am 16.07.2024.