Ja, wollte gar ein Atheist noch einen Zweifel hier for- miren, Und sagen: Dieses wär ein Sprung; es wär ein großer Un- terscheid Noch zwischen der Natur und Kunst: Kann man mit großer Deutlichkeit Jhn, auch in diesem seinen Einwurf, von seinem Jrrthum über- führen.
Es ist erweislich, daß allhier kein wahrer Unterscheid vor- handen, Und daß derselbe bloß allein, durch Menschen Meynungen, entstanden, Jndem, wenn wir, mit ernster Einsicht, Natur und Kunst ge- nau ergründen, Wir in der allergrößten Kunst, nichts anders, als Natur, befinden. Es zeigt sich, und zwar überzeuglich, daß, bloß durch unsern Stolz allein, Die Werke der Natur von unsern, mit Unrecht, abge- sondert seyn. Da, wenn wir, bey dem Licht der Wahrheit, die Sache recht beleuchten wollten, Wir, an sich selbst Natur und Kunst, nicht anders unter- scheiden sollten, Als, daß die Werke der Natur, ohn uns und bloß von ihr allein, Unmittelbar, die künstlichen, von ihr, durch uns, gewirket seyn.
Mit welchem Recht, kann doch der Mensch sich eigenmäch- tig unterstehen, Von der Natur sich auszuschliessen, als solch ein Ganz sich an- zu sehen,
Das,
Br.VI.Th. Q q
Verſuch einer gewiſſen Lehre.
Ja, wollte gar ein Atheiſt noch einen Zweifel hier for- miren, Und ſagen: Dieſes waͤr ein Sprung; es waͤr ein großer Un- terſcheid Noch zwiſchen der Natur und Kunſt: Kann man mit großer Deutlichkeit Jhn, auch in dieſem ſeinen Einwurf, von ſeinem Jrrthum uͤber- fuͤhren.
Es iſt erweislich, daß allhier kein wahrer Unterſcheid vor- handen, Und daß derſelbe bloß allein, durch Menſchen Meynungen, entſtanden, Jndem, wenn wir, mit ernſter Einſicht, Natur und Kunſt ge- nau ergruͤnden, Wir in der allergroͤßten Kunſt, nichts anders, als Natur, befinden. Es zeigt ſich, und zwar uͤberzeuglich, daß, bloß durch unſern Stolz allein, Die Werke der Natur von unſern, mit Unrecht, abge- ſondert ſeyn. Da, wenn wir, bey dem Licht der Wahrheit, die Sache recht beleuchten wollten, Wir, an ſich ſelbſt Natur und Kunſt, nicht anders unter- ſcheiden ſollten, Als, daß die Werke der Natur, ohn uns und bloß von ihr allein, Unmittelbar, die kuͤnſtlichen, von ihr, durch uns, gewirket ſeyn.
Mit welchem Recht, kann doch der Menſch ſich eigenmaͤch- tig unterſtehen, Von der Natur ſich auszuſchlieſſen, als ſolch ein Ganz ſich an- zu ſehen,
Das,
Br.VI.Th. Q q
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0633"n="609"/><fwplace="top"type="header">Verſuch einer gewiſſen Lehre.</fw><lb/><lgn="12"><l>Ja, wollte gar ein Atheiſt noch einen Zweifel hier for-<lb/><hirendition="#et">miren,</hi></l><lb/><l>Und ſagen: Dieſes waͤr ein Sprung; es waͤr ein großer Un-<lb/><hirendition="#et">terſcheid</hi></l><lb/><l>Noch zwiſchen der <hirendition="#fr">Natur</hi> und <hirendition="#fr">Kunſt</hi>: Kann man mit großer<lb/><hirendition="#et">Deutlichkeit</hi></l><lb/><l>Jhn, auch in dieſem ſeinen Einwurf, von ſeinem Jrrthum uͤber-<lb/><hirendition="#et">fuͤhren.</hi></l></lg><lb/><lgn="13"><l>Es iſt erweislich, daß allhier kein wahrer Unterſcheid vor-<lb/><hirendition="#et">handen,</hi></l><lb/><l>Und daß derſelbe bloß allein, durch Menſchen Meynungen,<lb/><hirendition="#et">entſtanden,</hi></l><lb/><l>Jndem, wenn wir, mit ernſter Einſicht, Natur und Kunſt ge-<lb/><hirendition="#et">nau ergruͤnden,</hi></l><lb/><l>Wir in der <hirendition="#fr">allergroͤßten Kunſt</hi>, nichts anders, als <hirendition="#fr">Natur,</hi><lb/><hirendition="#et">befinden.</hi></l><lb/><l>Es zeigt ſich, und zwar uͤberzeuglich, daß, bloß durch unſern<lb/><hirendition="#et">Stolz allein,</hi></l><lb/><l>Die <hirendition="#fr">Werke der Natur</hi> von <hirendition="#fr">unſern</hi>, mit Unrecht, abge-<lb/><hirendition="#et">ſondert ſeyn.</hi></l><lb/><l>Da, wenn wir, bey dem Licht der Wahrheit, die Sache recht<lb/><hirendition="#et">beleuchten wollten,</hi></l><lb/><l>Wir, an ſich ſelbſt <hirendition="#fr">Natur</hi> und <hirendition="#fr">Kunſt</hi>, nicht anders unter-<lb/><hirendition="#et">ſcheiden ſollten,</hi></l><lb/><l>Als, daß die Werke der Natur, <hirendition="#fr">ohn uns</hi> und bloß von <hirendition="#fr">ihr<lb/><hirendition="#et">allein,</hi></hi></l><lb/><l>Unmittelbar, die kuͤnſtlichen, <hirendition="#fr">von ihr, durch uns</hi>, gewirket ſeyn.</l></lg><lb/><lgn="14"><l>Mit welchem Recht, kann doch der Menſch ſich eigenmaͤch-<lb/><hirendition="#et">tig unterſtehen,</hi></l><lb/><l>Von der Natur ſich auszuſchlieſſen, als ſolch ein Ganz ſich an-<lb/><hirendition="#et">zu ſehen,</hi><lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#fr">Br.</hi><hirendition="#aq">VI.</hi><hirendition="#fr">Th.</hi> Q q</fw><fwplace="bottom"type="catch">Das,</fw><lb/></l></lg></div></div></body></text></TEI>
[609/0633]
Verſuch einer gewiſſen Lehre.
Ja, wollte gar ein Atheiſt noch einen Zweifel hier for-
miren,
Und ſagen: Dieſes waͤr ein Sprung; es waͤr ein großer Un-
terſcheid
Noch zwiſchen der Natur und Kunſt: Kann man mit großer
Deutlichkeit
Jhn, auch in dieſem ſeinen Einwurf, von ſeinem Jrrthum uͤber-
fuͤhren.
Es iſt erweislich, daß allhier kein wahrer Unterſcheid vor-
handen,
Und daß derſelbe bloß allein, durch Menſchen Meynungen,
entſtanden,
Jndem, wenn wir, mit ernſter Einſicht, Natur und Kunſt ge-
nau ergruͤnden,
Wir in der allergroͤßten Kunſt, nichts anders, als Natur,
befinden.
Es zeigt ſich, und zwar uͤberzeuglich, daß, bloß durch unſern
Stolz allein,
Die Werke der Natur von unſern, mit Unrecht, abge-
ſondert ſeyn.
Da, wenn wir, bey dem Licht der Wahrheit, die Sache recht
beleuchten wollten,
Wir, an ſich ſelbſt Natur und Kunſt, nicht anders unter-
ſcheiden ſollten,
Als, daß die Werke der Natur, ohn uns und bloß von ihr
allein,
Unmittelbar, die kuͤnſtlichen, von ihr, durch uns, gewirket ſeyn.
Mit welchem Recht, kann doch der Menſch ſich eigenmaͤch-
tig unterſtehen,
Von der Natur ſich auszuſchlieſſen, als ſolch ein Ganz ſich an-
zu ſehen,
Das,
Br. VI. Th. Q q
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 609. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/633>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.