Papa, ich hab anietzt von unsrer Trin vernommen, Wir haben diese Nacht vier Lämmerchen bekommen, O! soll ich sie nicht sehn? Ruft oft die kleine Mitilen, Voll muntrer, geistiger, voll holder Freundlichkeit. Und dergestalt geht es, zu dieser Zeit, Fast jeglichem in seinem Stande, Fast jedem Hauswirth auf dem Lande. Die Milch fängt überall itzt an zu qvillen, Daß man sie kaum verbrauchen kann. Die Hühner, Endt- und Tauben fangen an, Die Rester überall zu füllen, Und kurz, es ist anjetzt die Zeit Voll Anmuth und voll Fruchtbarkeit. Ach! laßt uns solches doch bedenken! Ach laßt uns doch, für so viel Gaben, Die wir von unserm Gott empfangen haben, Jhm wenigstens doch unsre Freude schenken! Zumal er anders nichts von uns begehrt, Als daß man Jhn, ohn sich, zu seiner Ehr, zu qvälen, Mit langem Wort-Geplärr, nur mit gerührter Seelen, Empfinde, schmeck und sehe, Wie wohl durch ihn uns hier geschehe! Daß man in unsrer Lust nur dieß gedenke: Daß Gott, der alles schuff, uns dieses alles schenke.
Uber
Br.VI.Th. C
Neue Fruͤhlings-Gedanken.
Papa, ich hab anietzt von unſrer Trin vernommen, Wir haben dieſe Nacht vier Laͤmmerchen bekommen, O! ſoll ich ſie nicht ſehn? Ruft oft die kleine Mitilen, Voll muntrer, geiſtiger, voll holder Freundlichkeit. Und dergeſtalt geht es, zu dieſer Zeit, Faſt jeglichem in ſeinem Stande, Faſt jedem Hauswirth auf dem Lande. Die Milch faͤngt uͤberall itzt an zu qvillen, Daß man ſie kaum verbrauchen kann. Die Huͤhner, Endt- und Tauben fangen an, Die Reſter uͤberall zu fuͤllen, Und kurz, es iſt anjetzt die Zeit Voll Anmuth und voll Fruchtbarkeit. Ach! laßt uns ſolches doch bedenken! Ach laßt uns doch, fuͤr ſo viel Gaben, Die wir von unſerm Gott empfangen haben, Jhm wenigſtens doch unſre Freude ſchenken! Zumal er anders nichts von uns begehrt, Als daß man Jhn, ohn ſich, zu ſeiner Ehr, zu qvaͤlen, Mit langem Wort-Geplaͤrr, nur mit geruͤhrter Seelen, Empfinde, ſchmeck und ſehe, Wie wohl durch ihn uns hier geſchehe! Daß man in unſrer Luſt nur dieß gedenke: Daß Gott, der alles ſchuff, uns dieſes alles ſchenke.
Uber
Br.VI.Th. C
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Neue Fruͤhlings-Gedanken.
Papa, ich hab anietzt von unſrer Trin vernommen,
Wir haben dieſe Nacht vier Laͤmmerchen bekommen,
O! ſoll ich ſie nicht ſehn?
Ruft oft die kleine Mitilen,
Voll muntrer, geiſtiger, voll holder Freundlichkeit.
Und dergeſtalt geht es, zu dieſer Zeit,
Faſt jeglichem in ſeinem Stande,
Faſt jedem Hauswirth auf dem Lande.
Die Milch faͤngt uͤberall itzt an zu qvillen,
Daß man ſie kaum verbrauchen kann.
Die Huͤhner, Endt- und Tauben fangen an,
Die Reſter uͤberall zu fuͤllen,
Und kurz, es iſt anjetzt die Zeit
Voll Anmuth und voll Fruchtbarkeit.
Ach! laßt uns ſolches doch bedenken!
Ach laßt uns doch, fuͤr ſo viel Gaben,
Die wir von unſerm Gott empfangen haben,
Jhm wenigſtens doch unſre Freude ſchenken!
Zumal er anders nichts von uns begehrt,
Als daß man Jhn, ohn ſich, zu ſeiner Ehr, zu qvaͤlen,
Mit langem Wort-Geplaͤrr, nur mit geruͤhrter Seelen,
Empfinde, ſchmeck und ſehe,
Wie wohl durch ihn uns hier geſchehe!
Daß man in unſrer Luſt nur dieß gedenke:
Daß Gott, der alles ſchuff, uns dieſes alles ſchenke.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/57>, abgerufen am 23.11.2024.
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