Die alle Herrlichkeit und Schönheit in sich schließt, Aus der die Herrlichkeit und Schönheit einzig fließt, Und ausser dem nichts schön, nichts herrliches zu finden.
Wer sein Geschöpfe nun, mit Lust, sucht zu ergründen, Und frölich alle Pracht und Schönheit der Natur Sieht, höret, schmeckt und fühlt, ist auf der rechten Spur, Nach der vergänglichen, die ewge Lust zu finden.
Solch Fühlen zündet an der Gegenliebe Gluht, Und zeugt, in unsrer Brust, der Andacht heisse Triebe, Da jede Creatur, uns Gott, das höchste Gut, Die ewig selige Vollkommenheit und Liebe, Recht als mit Fingern zeigt. Des Geistes Auge kann, Wenn es der Körper Duft durchbricht, Jn allem, ein unsichtbar Licht, Jn allem, Gott allgegenwärtig sehen, Jn allem seine Größ, in allem seine Macht, Huld, Weisheit, Majestät und Pracht, Durch Last und Mühe nicht, durch leichte Lust, verstehen,
Wenn aber niemand dieß sich selber geben kann. So ruft das ewge Gut, die ewge Lieb und Güte, Um ein, für seine Gnad, empfindliches Gemüthe, Und einen frohen Geist, in ernster Andacht, an? Es wolle Gott, in uns, so Geist als Sinne schärfen, Daß wir, in seinem Werk, ihn selber nicht ver- werfen, Daß, wenn wir etwas Guts sehn, fühlen, schme- cken, hören, Wir, im Empfinden, Gott, den großen Geber, ehren.
Schrei-
L l 4
Gottes Allgegenwart.
Die alle Herrlichkeit und Schoͤnheit in ſich ſchließt, Aus der die Herrlichkeit und Schoͤnheit einzig fließt, Und auſſer dem nichts ſchoͤn, nichts herrliches zu finden.
Wer ſein Geſchoͤpfe nun, mit Luſt, ſucht zu ergruͤnden, Und froͤlich alle Pracht und Schoͤnheit der Natur Sieht, hoͤret, ſchmeckt und fuͤhlt, iſt auf der rechten Spur, Nach der vergaͤnglichen, die ewge Luſt zu finden.
Solch Fuͤhlen zuͤndet an der Gegenliebe Gluht, Und zeugt, in unſrer Bruſt, der Andacht heiſſe Triebe, Da jede Creatur, uns Gott, das hoͤchſte Gut, Die ewig ſelige Vollkommenheit und Liebe, Recht als mit Fingern zeigt. Des Geiſtes Auge kann, Wenn es der Koͤrper Duft durchbricht, Jn allem, ein unſichtbar Licht, Jn allem, Gott allgegenwaͤrtig ſehen, Jn allem ſeine Groͤß, in allem ſeine Macht, Huld, Weisheit, Majeſtaͤt und Pracht, Durch Laſt und Muͤhe nicht, durch leichte Luſt, verſtehen,
Wenn aber niemand dieß ſich ſelber geben kann. So ruft das ewge Gut, die ewge Lieb und Guͤte, Um ein, fuͤr ſeine Gnad, empfindliches Gemuͤthe, Und einen frohen Geiſt, in ernſter Andacht, an? Es wolle Gott, in uns, ſo Geiſt als Sinne ſchaͤrfen, Daß wir, in ſeinem Werk, ihn ſelber nicht ver- werfen, Daß, wenn wir etwas Guts ſehn, fuͤhlen, ſchme- cken, hoͤren, Wir, im Empfinden, Gott, den großen Geber, ehren.
Schrei-
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Gottes Allgegenwart.
Die alle Herrlichkeit und Schoͤnheit in ſich ſchließt,
Aus der die Herrlichkeit und Schoͤnheit einzig fließt,
Und auſſer dem nichts ſchoͤn, nichts herrliches zu finden.
Wer ſein Geſchoͤpfe nun, mit Luſt, ſucht zu ergruͤnden,
Und froͤlich alle Pracht und Schoͤnheit der Natur
Sieht, hoͤret, ſchmeckt und fuͤhlt, iſt auf der rechten Spur,
Nach der vergaͤnglichen, die ewge Luſt zu finden.
Solch Fuͤhlen zuͤndet an der Gegenliebe Gluht,
Und zeugt, in unſrer Bruſt, der Andacht heiſſe Triebe,
Da jede Creatur, uns Gott, das hoͤchſte Gut,
Die ewig ſelige Vollkommenheit und Liebe,
Recht als mit Fingern zeigt. Des Geiſtes Auge kann,
Wenn es der Koͤrper Duft durchbricht,
Jn allem, ein unſichtbar Licht,
Jn allem, Gott allgegenwaͤrtig ſehen,
Jn allem ſeine Groͤß, in allem ſeine Macht,
Huld, Weisheit, Majeſtaͤt und Pracht,
Durch Laſt und Muͤhe nicht, durch leichte Luſt, verſtehen,
Wenn aber niemand dieß ſich ſelber geben kann.
So ruft das ewge Gut, die ewge Lieb und Guͤte,
Um ein, fuͤr ſeine Gnad, empfindliches Gemuͤthe,
Und einen frohen Geiſt, in ernſter Andacht, an?
Es wolle Gott, in uns, ſo Geiſt als Sinne ſchaͤrfen,
Daß wir, in ſeinem Werk, ihn ſelber nicht ver-
werfen,
Daß, wenn wir etwas Guts ſehn, fuͤhlen, ſchme-
cken, hoͤren,
Wir, im Empfinden, Gott, den großen Geber,
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 535. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/559>, abgerufen am 22.11.2024.
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