Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite

Der überführte Atheist.
Nicht könnte seyn gebildet worden, zu unsrer Unterredung eben,
Um dir sowohl, als mir, zu nutzen, anjetzt Gelegenheit zu geben?

Zudem, wenn wir in andern Dingen nichts, als das Aeußre,
die Figur,

Nur trefflich und beträchtlich hielten, nur die Bewunderns-
würdig fünden,

Wenn nicht (zum Beyspiel) in den Thieren sich tausendfache
Dinge fünden,

So innerlich als äusserlich, an Sinnen, Knochen, Fleisch und
Haut,

An Blut-Gefässen, Knorpeln, Sehnen. Wär nicht ihr Körper
so gebaut,

Daß nichts zu wenig, nichts zu viel, wenn so viel Millionen
Röhren

Nicht alle sonder Fehl bey allen, auf ihrer rechten Stelle wären:
So möchte, wie von deinem Stein, man wo auf die Gedanken
kommen,

Ob hätte alles seinen Anfang von einem Ungefähr genommen.
Ja, wär auch dieses nicht genug: So wird ja die Vernunft,
das Leben

Bey Menschen, uns, für deinen Stein, ja noch wohl einen Vor-
zug geben.
A.
Es ist noch nicht so ausgemacht, ob, wie die körperlichen
Wesen,

Die sogenannten geistigen, nicht auch aus zartem Wesen sich
Verbinden, und sich fügen können. Es sind so wenig innerlich,
Als äusserlich, der wahre Zustand, die wirkliche Beschaffenheit
Des

Der uͤberfuͤhrte Atheiſt.
Nicht koͤnnte ſeyn gebildet worden, zu unſrer Unterredung eben,
Um dir ſowohl, als mir, zu nutzen, anjetzt Gelegenheit zu geben?

Zudem, wenn wir in andern Dingen nichts, als das Aeußre,
die Figur,

Nur trefflich und betraͤchtlich hielten, nur die Bewunderns-
wuͤrdig fuͤnden,

Wenn nicht (zum Beyſpiel) in den Thieren ſich tauſendfache
Dinge fuͤnden,

So innerlich als aͤuſſerlich, an Sinnen, Knochen, Fleiſch und
Haut,

An Blut-Gefaͤſſen, Knorpeln, Sehnen. Waͤr nicht ihr Koͤrper
ſo gebaut,

Daß nichts zu wenig, nichts zu viel, wenn ſo viel Millionen
Roͤhren

Nicht alle ſonder Fehl bey allen, auf ihrer rechten Stelle waͤren:
So moͤchte, wie von deinem Stein, man wo auf die Gedanken
kommen,

Ob haͤtte alles ſeinen Anfang von einem Ungefaͤhr genommen.
Ja, waͤr auch dieſes nicht genug: So wird ja die Vernunft,
das Leben

Bey Menſchen, uns, fuͤr deinen Stein, ja noch wohl einen Vor-
zug geben.
A.
Es iſt noch nicht ſo ausgemacht, ob, wie die koͤrperlichen
Weſen,

Die ſogenannten geiſtigen, nicht auch aus zartem Weſen ſich
Verbinden, und ſich fuͤgen koͤnnen. Es ſind ſo wenig innerlich,
Als aͤuſſerlich, der wahre Zuſtand, die wirkliche Beſchaffenheit
Des
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg n="5">
            <l><pb facs="#f0508" n="484"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der u&#x0364;berfu&#x0364;hrte Athei&#x017F;t.</hi></fw><lb/>
Nicht ko&#x0364;nnte &#x017F;eyn gebildet worden, zu un&#x017F;rer Unterredung eben,</l><lb/>
            <l>Um dir &#x017F;owohl, als mir, zu nutzen, anjetzt Gelegenheit zu geben?</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="6">
            <l>Zudem, wenn wir in andern Dingen nichts, als das Aeußre,<lb/><hi rendition="#et">die Figur,</hi></l><lb/>
            <l>Nur trefflich und betra&#x0364;chtlich hielten, nur die Bewunderns-<lb/><hi rendition="#et">wu&#x0364;rdig fu&#x0364;nden,</hi></l><lb/>
            <l>Wenn nicht (zum Bey&#x017F;piel) in den Thieren &#x017F;ich tau&#x017F;endfache<lb/><hi rendition="#et">Dinge fu&#x0364;nden,</hi></l><lb/>
            <l>So innerlich als a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlich, an Sinnen, Knochen, Flei&#x017F;ch und<lb/><hi rendition="#et">Haut,</hi></l><lb/>
            <l>An Blut-Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, Knorpeln, Sehnen. Wa&#x0364;r nicht ihr Ko&#x0364;rper<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;o gebaut,</hi></l><lb/>
            <l>Daß nichts zu wenig, nichts zu viel, wenn &#x017F;o viel Millionen<lb/><hi rendition="#et">Ro&#x0364;hren</hi></l><lb/>
            <l>Nicht alle &#x017F;onder Fehl bey allen, auf ihrer rechten Stelle wa&#x0364;ren:</l><lb/>
            <l>So mo&#x0364;chte, wie von deinem Stein, man wo auf die Gedanken<lb/><hi rendition="#et">kommen,</hi></l><lb/>
            <l>Ob ha&#x0364;tte alles &#x017F;einen Anfang von einem Ungefa&#x0364;hr genommen.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="7">
            <l>Ja, wa&#x0364;r auch die&#x017F;es nicht genug: So wird ja die Vernunft,<lb/><hi rendition="#et">das Leben</hi></l><lb/>
            <l>Bey Men&#x017F;chen, uns, fu&#x0364;r deinen Stein, ja noch wohl einen Vor-<lb/><hi rendition="#et">zug geben.</hi></l>
          </lg><lb/>
          <lg n="8">
            <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#aq">A.</hi> </hi> </head><lb/>
            <l>Es i&#x017F;t noch nicht &#x017F;o ausgemacht, ob, wie die ko&#x0364;rperlichen<lb/><hi rendition="#et">We&#x017F;en,</hi></l><lb/>
            <l>Die &#x017F;ogenannten gei&#x017F;tigen, nicht auch aus zartem We&#x017F;en &#x017F;ich</l><lb/>
            <l>Verbinden, und &#x017F;ich fu&#x0364;gen ko&#x0364;nnen. Es &#x017F;ind &#x017F;o wenig innerlich,</l><lb/>
            <l>Als a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlich, der wahre Zu&#x017F;tand, die wirkliche Be&#x017F;chaffenheit<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Des</fw><lb/></l>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[484/0508] Der uͤberfuͤhrte Atheiſt. Nicht koͤnnte ſeyn gebildet worden, zu unſrer Unterredung eben, Um dir ſowohl, als mir, zu nutzen, anjetzt Gelegenheit zu geben? Zudem, wenn wir in andern Dingen nichts, als das Aeußre, die Figur, Nur trefflich und betraͤchtlich hielten, nur die Bewunderns- wuͤrdig fuͤnden, Wenn nicht (zum Beyſpiel) in den Thieren ſich tauſendfache Dinge fuͤnden, So innerlich als aͤuſſerlich, an Sinnen, Knochen, Fleiſch und Haut, An Blut-Gefaͤſſen, Knorpeln, Sehnen. Waͤr nicht ihr Koͤrper ſo gebaut, Daß nichts zu wenig, nichts zu viel, wenn ſo viel Millionen Roͤhren Nicht alle ſonder Fehl bey allen, auf ihrer rechten Stelle waͤren: So moͤchte, wie von deinem Stein, man wo auf die Gedanken kommen, Ob haͤtte alles ſeinen Anfang von einem Ungefaͤhr genommen. Ja, waͤr auch dieſes nicht genug: So wird ja die Vernunft, das Leben Bey Menſchen, uns, fuͤr deinen Stein, ja noch wohl einen Vor- zug geben. A. Es iſt noch nicht ſo ausgemacht, ob, wie die koͤrperlichen Weſen, Die ſogenannten geiſtigen, nicht auch aus zartem Weſen ſich Verbinden, und ſich fuͤgen koͤnnen. Es ſind ſo wenig innerlich, Als aͤuſſerlich, der wahre Zuſtand, die wirkliche Beſchaffenheit Des

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/508
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 484. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/508>, abgerufen am 25.11.2024.