Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite

Der überführte Atheist.
Auf gleiche Weis' auch tausend Dinge, die überall um uns vor-
handen,
Ja, daß vielleicht die ganze Welt, auch durch ein Ungefähr, ent-
standen.

B.
Jch finde diesen deinen Stein gewiß Bewunderns-würdig
schön;

Es ist, wie an der ganzen Bildung, auch am Oval, kein Fehl
zu sehn.

Doch wird, aus seiner Form allein, was du verlangest, sich
nicht fassen,

Und was du daraus schliessen willt, gewiß daraus nicht folgern
lassen;

Wenn du dich anders recht besinnest. Wenn erstlich in der
Steine Reich

Unzählige Verändrungen, und keiner je dem andern gleich,
An Größ und Form gefunden wird: So muß daraus von
selbst ja fliessen,

Und kann man, sonder Furcht, zu fehlen, unwidersprechlich die-
ses schliessen:

Es müsse ganz nothwendig folgen, daß je und alleweg ein Stein
Den andern übertreffen müsse, und an Figur vollkommner seyn.
Dieß bringt die Ordnung der Natur nicht anders mit, und
dieses wär,

Was du von mir verlangen könntest, von deinem lieben Un-
gefähr.

Doch ist auch dieß nicht einst gewiß; denn sollt es ganz un-
möglich seyn,

Daß etwan, eben zu der Absicht, dein schön- und regel-rechter
Stein
Nicht
H h 2

Der uͤberfuͤhrte Atheiſt.
Auf gleiche Weiſ’ auch tauſend Dinge, die uͤberall um uns vor-
handen,
Ja, daß vielleicht die ganze Welt, auch durch ein Ungefaͤhr, ent-
ſtanden.

B.
Jch finde dieſen deinen Stein gewiß Bewunderns-wuͤrdig
ſchoͤn;

Es iſt, wie an der ganzen Bildung, auch am Oval, kein Fehl
zu ſehn.

Doch wird, aus ſeiner Form allein, was du verlangeſt, ſich
nicht faſſen,

Und was du daraus ſchlieſſen willt, gewiß daraus nicht folgern
laſſen;

Wenn du dich anders recht beſinneſt. Wenn erſtlich in der
Steine Reich

Unzaͤhlige Veraͤndrungen, und keiner je dem andern gleich,
An Groͤß und Form gefunden wird: So muß daraus von
ſelbſt ja flieſſen,

Und kann man, ſonder Furcht, zu fehlen, unwiderſprechlich die-
ſes ſchlieſſen:

Es muͤſſe ganz nothwendig folgen, daß je und alleweg ein Stein
Den andern uͤbertreffen muͤſſe, und an Figur vollkommner ſeyn.
Dieß bringt die Ordnung der Natur nicht anders mit, und
dieſes waͤr,

Was du von mir verlangen koͤnnteſt, von deinem lieben Un-
gefaͤhr.

Doch iſt auch dieß nicht einſt gewiß; denn ſollt es ganz un-
moͤglich ſeyn,

Daß etwan, eben zu der Abſicht, dein ſchoͤn- und regel-rechter
Stein
Nicht
H h 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg n="3">
            <l><pb facs="#f0507" n="483"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der u&#x0364;berfu&#x0364;hrte Athei&#x017F;t.</hi></fw><lb/>
Auf gleiche Wei&#x017F;&#x2019; auch tau&#x017F;end Dinge, die u&#x0364;berall um uns vor-<lb/><hi rendition="#et">handen,</hi></l><lb/>
            <l>Ja, daß vielleicht die ganze Welt, auch durch ein Ungefa&#x0364;hr, ent-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;tanden.</hi></l>
          </lg><lb/>
          <lg n="4">
            <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#aq">B.</hi> </hi> </head><lb/>
            <l>Jch finde die&#x017F;en deinen Stein gewiß Bewunderns-wu&#x0364;rdig<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;cho&#x0364;n;</hi></l><lb/>
            <l>Es i&#x017F;t, wie an der ganzen Bildung, auch am Oval, kein Fehl<lb/><hi rendition="#et">zu &#x017F;ehn.</hi></l><lb/>
            <l>Doch wird, aus &#x017F;einer Form allein, was du verlange&#x017F;t, &#x017F;ich<lb/><hi rendition="#et">nicht fa&#x017F;&#x017F;en,</hi></l><lb/>
            <l>Und was du daraus &#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en willt, gewiß daraus nicht folgern<lb/><hi rendition="#et">la&#x017F;&#x017F;en;</hi></l><lb/>
            <l>Wenn du dich anders recht be&#x017F;inne&#x017F;t. Wenn er&#x017F;tlich in der<lb/><hi rendition="#et">Steine Reich</hi></l><lb/>
            <l>Unza&#x0364;hlige Vera&#x0364;ndrungen, und keiner je dem andern gleich,</l><lb/>
            <l>An Gro&#x0364;ß und Form gefunden wird: So muß daraus von<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;elb&#x017F;t ja flie&#x017F;&#x017F;en,</hi></l><lb/>
            <l>Und kann man, &#x017F;onder Furcht, zu fehlen, unwider&#x017F;prechlich die-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;es &#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en:</hi></l><lb/>
            <l>Es mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e ganz nothwendig folgen, daß je und alleweg ein Stein</l><lb/>
            <l>Den andern u&#x0364;bertreffen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, und an Figur vollkommner &#x017F;eyn.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="5">
            <l>Dieß bringt die Ordnung der Natur nicht anders mit, und<lb/><hi rendition="#et">die&#x017F;es wa&#x0364;r,</hi></l><lb/>
            <l>Was du von mir verlangen ko&#x0364;nnte&#x017F;t, von deinem lieben Un-<lb/><hi rendition="#et">gefa&#x0364;hr.</hi></l><lb/>
            <l>Doch i&#x017F;t auch dieß nicht ein&#x017F;t gewiß; denn &#x017F;ollt es ganz un-<lb/><hi rendition="#et">mo&#x0364;glich &#x017F;eyn,</hi></l><lb/>
            <l>Daß etwan, eben zu der Ab&#x017F;icht, dein &#x017F;cho&#x0364;n- und regel-rechter<lb/><hi rendition="#et">Stein</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">H h 2</fw><fw place="bottom" type="catch">Nicht</fw><lb/></l>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[483/0507] Der uͤberfuͤhrte Atheiſt. Auf gleiche Weiſ’ auch tauſend Dinge, die uͤberall um uns vor- handen, Ja, daß vielleicht die ganze Welt, auch durch ein Ungefaͤhr, ent- ſtanden. B. Jch finde dieſen deinen Stein gewiß Bewunderns-wuͤrdig ſchoͤn; Es iſt, wie an der ganzen Bildung, auch am Oval, kein Fehl zu ſehn. Doch wird, aus ſeiner Form allein, was du verlangeſt, ſich nicht faſſen, Und was du daraus ſchlieſſen willt, gewiß daraus nicht folgern laſſen; Wenn du dich anders recht beſinneſt. Wenn erſtlich in der Steine Reich Unzaͤhlige Veraͤndrungen, und keiner je dem andern gleich, An Groͤß und Form gefunden wird: So muß daraus von ſelbſt ja flieſſen, Und kann man, ſonder Furcht, zu fehlen, unwiderſprechlich die- ſes ſchlieſſen: Es muͤſſe ganz nothwendig folgen, daß je und alleweg ein Stein Den andern uͤbertreffen muͤſſe, und an Figur vollkommner ſeyn. Dieß bringt die Ordnung der Natur nicht anders mit, und dieſes waͤr, Was du von mir verlangen koͤnnteſt, von deinem lieben Un- gefaͤhr. Doch iſt auch dieß nicht einſt gewiß; denn ſollt es ganz un- moͤglich ſeyn, Daß etwan, eben zu der Abſicht, dein ſchoͤn- und regel-rechter Stein Nicht H h 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/507
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 483. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/507>, abgerufen am 25.11.2024.