Gleich etwas, um das, was verschoben, zu recht zu bringen, vor- genommen, Ein Mittel-Centrum vorgeschoben. Wohinter man, Jndem man etwas Zeit gewinnt, das, was nicht richtig, än- dern kann. So müssen wir, wenn die Affecten, bey uns verwirret, uns bemühn, Weils sonst so schnell nicht möglich, schnell ein Mittelcentrum vorzuziehn, Uns etwas anders vorzustellen, und einen Vorwurf zu erwählen, Sollt es auch mit Gewalt geschehn. Durch welches Mittel wir der Seelen, Jn Ordnung wiederum zu kommen, und sich zufinden, etwas Zeit, Und sich ein wenig einzurichten, die nöthige Gelegenheit, Am allersichersten verschaffen. Denn unsers Geistes Art kömmt mir, Wenn man ihn ernstlich untersuchet, daß er stets weiter ge- het, für. Jst er im Guten; geht er weiter. Dieß thut er auch, wenn er verwirret. Jst er aus seinem Gleichgewicht und aufgebracht: So wallt und irret Er immerfort; wofern man ihn, Nicht gleichsam, als mit einem Ruck, bemühet ist, zu recht zu ziehn. Allein, indem ich dieß erwege, fällt mir, bey der Betrachtung, bey, Ob dieß nicht sehr erniedrigend, für uns und unsre Seele sey, Zu glauben, daß dieselbige, nebst ihren Kindern, den Gedanken, Jn einem knöchernen Behälter, und in so sehr verengten Schranken, Als wie in einem Kerker, stecke. Dieß stimmt ja mit dem Glanz und Schein,
Und
Die Werkſtatt der Seelen.
Gleich etwas, um das, was verſchoben, zu recht zu bringen, vor- genommen, Ein Mittel-Centrum vorgeſchoben. Wohinter man, Jndem man etwas Zeit gewinnt, das, was nicht richtig, aͤn- dern kann. So muͤſſen wir, wenn die Affecten, bey uns verwirret, uns bemuͤhn, Weils ſonſt ſo ſchnell nicht moͤglich, ſchnell ein Mittelcentrum vorzuziehn, Uns etwas anders vorzuſtellen, und einen Vorwurf zu erwaͤhlen, Sollt es auch mit Gewalt geſchehn. Durch welches Mittel wir der Seelen, Jn Ordnung wiederum zu kommen, und ſich zufinden, etwas Zeit, Und ſich ein wenig einzurichten, die noͤthige Gelegenheit, Am allerſicherſten verſchaffen. Denn unſers Geiſtes Art koͤmmt mir, Wenn man ihn ernſtlich unterſuchet, daß er ſtets weiter ge- het, fuͤr. Jſt er im Guten; geht er weiter. Dieß thut er auch, wenn er verwirret. Jſt er aus ſeinem Gleichgewicht und aufgebracht: So wallt und irret Er immerfort; wofern man ihn, Nicht gleichſam, als mit einem Ruck, bemuͤhet iſt, zu recht zu ziehn. Allein, indem ich dieß erwege, faͤllt mir, bey der Betrachtung, bey, Ob dieß nicht ſehr erniedrigend, fuͤr uns und unſre Seele ſey, Zu glauben, daß dieſelbige, nebſt ihren Kindern, den Gedanken, Jn einem knoͤchernen Behaͤlter, und in ſo ſehr verengten Schranken, Als wie in einem Kerker, ſtecke. Dieß ſtimmt ja mit dem Glanz und Schein,
Und
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Die Werkſtatt der Seelen.
Gleich etwas, um das, was verſchoben, zu recht zu bringen, vor-
genommen,
Ein Mittel-Centrum vorgeſchoben. Wohinter man,
Jndem man etwas Zeit gewinnt, das, was nicht richtig, aͤn-
dern kann.
So muͤſſen wir, wenn die Affecten, bey uns verwirret, uns
bemuͤhn,
Weils ſonſt ſo ſchnell nicht moͤglich, ſchnell ein Mittelcentrum
vorzuziehn,
Uns etwas anders vorzuſtellen, und einen Vorwurf zu erwaͤhlen,
Sollt es auch mit Gewalt geſchehn. Durch welches Mittel
wir der Seelen,
Jn Ordnung wiederum zu kommen, und ſich zufinden, etwas Zeit,
Und ſich ein wenig einzurichten, die noͤthige Gelegenheit,
Am allerſicherſten verſchaffen. Denn unſers Geiſtes Art
koͤmmt mir,
Wenn man ihn ernſtlich unterſuchet, daß er ſtets weiter ge-
het, fuͤr.
Jſt er im Guten; geht er weiter. Dieß thut er auch, wenn er
verwirret.
Jſt er aus ſeinem Gleichgewicht und aufgebracht: So wallt und
irret
Er immerfort; wofern man ihn,
Nicht gleichſam, als mit einem Ruck, bemuͤhet iſt, zu recht
zu ziehn.
Allein, indem ich dieß erwege, faͤllt mir, bey der Betrachtung, bey,
Ob dieß nicht ſehr erniedrigend, fuͤr uns und unſre Seele ſey,
Zu glauben, daß dieſelbige, nebſt ihren Kindern, den Gedanken,
Jn einem knoͤchernen Behaͤlter, und in ſo ſehr verengten
Schranken,
Als wie in einem Kerker, ſtecke. Dieß ſtimmt ja mit dem Glanz
und Schein,
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 456. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/480>, abgerufen am 25.11.2024.
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