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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740.

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Des Menschen Zorn
Anstatt, wie es zu unserm Besten, Natur und Schrift uns
vorgeschrieben,
Den Schöpfer, uns, und unsern Nächsten, uns gleich, gemein-
schaftlich zu lieben;

So reissen wir uns aus der Mitten, und lieben nichts, als
uns allein,

Wodurch wir denn, ganz überzeuglich, beständig unglückselig
seyn.

Mit unserm Jch allein beschäfftigt, erklärt man sich für
aller Feind,

Und zieht, durch einen Wechsel-Handel, der jedermann erlau-
bet scheint,

Sich aller Feindschaft wieder zu. Wie kann mit unserm
Wohlergehen,

Da die Partey so gar nicht gleich, ein solch Betragen doch
bestehen?

Da, wie ein andrer Jsmael, man sich selbst gegen alle Welt,
Und alle Welt auch gegen sich, hinwiederum verreizt und
stellt.
Wenn man, mit Ernst, den wahren Ursprung von der Em-
pfindlichkeit erwegt:

So ist die Wurzel nichts, als Hochmuth, der Samen zu viel
Eigenliebe,

Die Frucht, die diese böse Pflanze, und zwar in schwerer Men-
ge, trägt,

Sind bloß zu unsers Nächsten Schaden und Nachtheil ab-
gezielte Triebe,

Wodurch man aber mehrentheils sich selber nur Verdruß erregt,
Und, da man andre schlagen will, sich selbst am allerstärksten
schlägt.
Nun

Des Menſchen Zorn
Anſtatt, wie es zu unſerm Beſten, Natur und Schrift uns
vorgeſchrieben,
Den Schoͤpfer, uns, und unſern Naͤchſten, uns gleich, gemein-
ſchaftlich zu lieben;

So reiſſen wir uns aus der Mitten, und lieben nichts, als
uns allein,

Wodurch wir denn, ganz uͤberzeuglich, beſtaͤndig ungluͤckſelig
ſeyn.

Mit unſerm Jch allein beſchaͤfftigt, erklaͤrt man ſich fuͤr
aller Feind,

Und zieht, durch einen Wechſel-Handel, der jedermann erlau-
bet ſcheint,

Sich aller Feindſchaft wieder zu. Wie kann mit unſerm
Wohlergehen,

Da die Partey ſo gar nicht gleich, ein ſolch Betragen doch
beſtehen?

Da, wie ein andrer Jsmael, man ſich ſelbſt gegen alle Welt,
Und alle Welt auch gegen ſich, hinwiederum verreizt und
ſtellt.
Wenn man, mit Ernſt, den wahren Urſprung von der Em-
pfindlichkeit erwegt:

So iſt die Wurzel nichts, als Hochmuth, der Samen zu viel
Eigenliebe,

Die Frucht, die dieſe boͤſe Pflanze, und zwar in ſchwerer Men-
ge, traͤgt,

Sind bloß zu unſers Naͤchſten Schaden und Nachtheil ab-
gezielte Triebe,

Wodurch man aber mehrentheils ſich ſelber nur Verdruß erregt,
Und, da man andre ſchlagen will, ſich ſelbſt am allerſtaͤrkſten
ſchlaͤgt.
Nun
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[436/0460] Des Menſchen Zorn Anſtatt, wie es zu unſerm Beſten, Natur und Schrift uns vorgeſchrieben, Den Schoͤpfer, uns, und unſern Naͤchſten, uns gleich, gemein- ſchaftlich zu lieben; So reiſſen wir uns aus der Mitten, und lieben nichts, als uns allein, Wodurch wir denn, ganz uͤberzeuglich, beſtaͤndig ungluͤckſelig ſeyn. Mit unſerm Jch allein beſchaͤfftigt, erklaͤrt man ſich fuͤr aller Feind, Und zieht, durch einen Wechſel-Handel, der jedermann erlau- bet ſcheint, Sich aller Feindſchaft wieder zu. Wie kann mit unſerm Wohlergehen, Da die Partey ſo gar nicht gleich, ein ſolch Betragen doch beſtehen? Da, wie ein andrer Jsmael, man ſich ſelbſt gegen alle Welt, Und alle Welt auch gegen ſich, hinwiederum verreizt und ſtellt. Wenn man, mit Ernſt, den wahren Urſprung von der Em- pfindlichkeit erwegt: So iſt die Wurzel nichts, als Hochmuth, der Samen zu viel Eigenliebe, Die Frucht, die dieſe boͤſe Pflanze, und zwar in ſchwerer Men- ge, traͤgt, Sind bloß zu unſers Naͤchſten Schaden und Nachtheil ab- gezielte Triebe, Wodurch man aber mehrentheils ſich ſelber nur Verdruß erregt, Und, da man andre ſchlagen will, ſich ſelbſt am allerſtaͤrkſten ſchlaͤgt. Nun

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Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 436. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/460>, abgerufen am 22.11.2024.