Der diese Vorwürf alle beyde, so wohl Figur als Farben, eigen, Und die daher, auf welche Weise man Gott in seinen Werken ehrt, Wenn man sie mit Vernunft gebraucht, zumal vernünftig se- hen, lehrt. Dieß ist die edle Malerey. Das Zeichnen lehrt auf For- men achten, Die kluge Mischung bunter Farben, die Farben ernstlicher betrachten, Als wie man sonst zu thun gewohnt. Es ist die ganze weite Welt, Es sind Luft, Wasser, Berge, Bäume, beblümte Gärten, Wald und Feld, Ein Vorwurf dieser großen Kunst. Sie leitet, sie regiert und lenket Die Seele, daß sie allgemach die sonst in ihr verborgnen Kräfte, Zu dem so nöthig-nützlichem und Gott gefälligem Geschäffte, Recht anzuwenden sich bemüht, und daß sie, bey dem Sehn, auch denket. Ob nun vielleicht die Maler selbst nicht auf den rechten Weg gekommen, Noch selber den so edlen Zweck von ihrer Kunst in Acht ge- nommen, Der sie zu Gott dem Schöpfer führet: So hindert dennoch dieses nicht, Die große Wahrheit zu erkennen, und zu bekennen, daß das Licht, So uns die Malerey entdecket, uns zu den Vollenkommen- heiten Der ganzen Schöpfung, und dadurch zum Ruhm des Schöp- fers, uns zu leiten,
Am
vernuͤnftig ſehen zu lernen.
Der dieſe Vorwuͤrf alle beyde, ſo wohl Figur als Farben, eigen, Und die daher, auf welche Weiſe man Gott in ſeinen Werken ehrt, Wenn man ſie mit Vernunft gebraucht, zumal vernuͤnftig ſe- hen, lehrt. Dieß iſt die edle Malerey. Das Zeichnen lehrt auf For- men achten, Die kluge Miſchung bunter Farben, die Farben ernſtlicher betrachten, Als wie man ſonſt zu thun gewohnt. Es iſt die ganze weite Welt, Es ſind Luft, Waſſer, Berge, Baͤume, bebluͤmte Gaͤrten, Wald und Feld, Ein Vorwurf dieſer großen Kunſt. Sie leitet, ſie regiert und lenket Die Seele, daß ſie allgemach die ſonſt in ihr verborgnen Kraͤfte, Zu dem ſo noͤthig-nuͤtzlichem und Gott gefaͤlligem Geſchaͤffte, Recht anzuwenden ſich bemuͤht, und daß ſie, bey dem Sehn, auch denket. Ob nun vielleicht die Maler ſelbſt nicht auf den rechten Weg gekommen, Noch ſelber den ſo edlen Zweck von ihrer Kunſt in Acht ge- nommen, Der ſie zu Gott dem Schoͤpfer fuͤhret: So hindert dennoch dieſes nicht, Die große Wahrheit zu erkennen, und zu bekennen, daß das Licht, So uns die Malerey entdecket, uns zu den Vollenkommen- heiten Der ganzen Schoͤpfung, und dadurch zum Ruhm des Schoͤp- fers, uns zu leiten,
Am
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vernuͤnftig ſehen zu lernen.
Der dieſe Vorwuͤrf alle beyde, ſo wohl Figur als Farben,
eigen,
Und die daher, auf welche Weiſe man Gott in ſeinen Werken
ehrt,
Wenn man ſie mit Vernunft gebraucht, zumal vernuͤnftig ſe-
hen, lehrt.
Dieß iſt die edle Malerey. Das Zeichnen lehrt auf For-
men achten,
Die kluge Miſchung bunter Farben, die Farben ernſtlicher
betrachten,
Als wie man ſonſt zu thun gewohnt. Es iſt die ganze weite
Welt,
Es ſind Luft, Waſſer, Berge, Baͤume, bebluͤmte Gaͤrten,
Wald und Feld,
Ein Vorwurf dieſer großen Kunſt. Sie leitet, ſie regiert und
lenket
Die Seele, daß ſie allgemach die ſonſt in ihr verborgnen Kraͤfte,
Zu dem ſo noͤthig-nuͤtzlichem und Gott gefaͤlligem Geſchaͤffte,
Recht anzuwenden ſich bemuͤht, und daß ſie, bey dem Sehn,
auch denket.
Ob nun vielleicht die Maler ſelbſt nicht auf den rechten
Weg gekommen,
Noch ſelber den ſo edlen Zweck von ihrer Kunſt in Acht ge-
nommen,
Der ſie zu Gott dem Schoͤpfer fuͤhret: So hindert dennoch
dieſes nicht,
Die große Wahrheit zu erkennen, und zu bekennen, daß das
Licht,
So uns die Malerey entdecket, uns zu den Vollenkommen-
heiten
Der ganzen Schoͤpfung, und dadurch zum Ruhm des Schoͤp-
fers, uns zu leiten,
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/357>, abgerufen am 22.11.2024.
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